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Fehlfunktion

Fehlfunktion

Titel: Fehlfunktion Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Peter F. Hamilton
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darstellen sollen. Unausweichlich würde es in einem so großen Vorstand zu Machtkämpfen kommen, doch starke Persönlichkeiten hätten sich durchgesetzt und wären an die Spitze aufgestiegen, wie es die einfachste menschliche Dynamik verlangte. Nur, daß es niemals soweit kam.
    Die Veränderung, die Rubra an den Affinitätsgenen seiner Nachfahren vorgenommen hatte, war im Prinzip ganz einfach. Seine Kinder waren allein mit dem Habitat und einer einzigen Familie von Blackhawks verbunden. Er hatte sie ihrer allgemeinen edenitischen Affinität beraubt. Diese Manipulation verschaffte Rubra Zugriff auf ihr Bewußtsein, praktisch vom Augenblick der Empfängnis an, zuerst durch die Habitat-Persönlichkeit und später, nach seinem Tod, als Habitat-Persönlichkeit selbst.
    Er hatte sie geformt, als sie noch Feten in den Exo-Uteri waren und später in der unschuldigen Kindheit; eine dunkle Gegenwart, die wie eine Made im Zentrum ihres Selbst kauerte und ihre geheimsten Gedanken auf Abweichungen von dem Pfad hin untersuchte, den er für sie bestimmt hatte. Es war eine entsetzlich pervertierte Version der liebevollen Bindung, die zwischen Voidhawks und ihren Kommandanten existierte. Rubras Nachfahren waren wenig mehr als anämische Karikaturen seiner selbst, als er noch auf dem Gipfel seiner Fähigkeiten gestanden hatte. Er bemühte sich, ihnen die Qualitäten einzuträufeln, die ihn vorangetrieben hatten, und endete mit erbärmlichen, neurotischen Zerrbildern. Je mehr er sich bemühte, seine Erziehung durchzusetzen, desto abhängiger wurden sie von ihm. Langsam veränderte sich die Psyche der Habitat-Persönlichkeit. Je größer Rubras Frustration über seinen lebenden Nachwuchs wurde, desto reizbarer wurde er. Er war eifersüchtig. Auf ihre Leben, ihre körperlichen Erfahrungen, die Emotionen, die sie spürten, die Menschlichkeit ihrer durcheinandergewirbelten Drüsen und Hormone.
    Besuche von Edeniten in seinem Habitat, die sowieso eine Seltenheit waren, hörten nach 2480 ganz auf. Sie waren überzeugt, daß die Habitat-Persönlichkeit wahnsinnig geworden war.
     
    Dariat war ein Nachfahre aus der achten Generation. Er wurde hundertfünfundsiebzig Jahre nach Rubras körperlichem Tod geboren. Rein physisch unterschied er sich in praktisch nichts von seinen Verwandten: Er besaß die gleiche milchkaffeebraune Haut und das gleiche rabenschwarze Haar, das den ethnischen Ursprung der Bevölkerung des Sternensystems verriet. Der größte Teil der Einwohner Valisks stammte aus dem System, doch nur wenige von ihnen waren praktizierende Hindus. Lediglich die indigofarbenen Augen zeigten, daß Dariat nicht geradewegs vom Srinagar-Genotyp abstammte.
    Dariat wußte nichts von seinem unheilvollen Erbe, bis er zehn Jahre alt geworden war. Er wußte lediglich von frühester Kindheit an, daß er anders war als die anderen; besser und allen anderen Kindern in seiner Tagesstätte überlegen. Und wenn sie ihn auslachten oder ihn ärgerten oder ihn schnitten, dann ging er mit einer Wut auf sie los, der kein anderes Kind etwas entgegenzusetzen hatte. Er wußte nicht, ob sie in ihm selbst war oder von außen kam – nur daß sie in ihm lag wie ein am Boden eines tiefen Sees schlafendes Monster. Zuerst schämte er sich wegen der Raufereien, die er verursachte – Blut ist für einen Fünfjährigen ein schockierender Anblick –, doch noch während er weinend nach Hause rannte, erschien ein anderer Aspekt des fremden Egos in ihm, tröstete ihn und beruhigte sein heftig pochendes Herz.
    Es war nichts Falsches daran, versicherte das fremde Ego ihm, er hatte kein Verbrechen begangen, nur Gerechtigkeit ausgeübt. Die anderen Kinder hätten nicht sagen dürfen, was sie gesagt hatten, sie hätten nicht die Nase über ihn rümpfen und ihn nicht ärgern dürfen. Du warst im Recht, als du dich verteidigt hast. Du bist stark, und du solltest stolz darauf sein.
    Nach einer Weile ebbten die Schuldgefühle tatsächlich ab. Wenn es nötig war, daß er jemanden schlug, dann tat er es ohne Gnade und ohne jedes Bedauern. Seine Führerschaft in der Tagesstätte stand bald außer Diskussion, allerdings eher aus Furcht denn Respekt. Er lebte zusammen mit seiner Mutter in einem Sternenkratzer-Appartement; sein Vater war noch im Jahr seiner Geburt gegangen. Dariat wußte, daß sein Vater eine wichtige Persönlichkeit war und im Management von Magellanic Itg. arbeitete, doch wann immer er Mutter und Sohn einen seiner seltenen Pflichtbesuche abstattete, verbreitete er

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