Fehlfunktion
Strahl stammte von einem kleinen Flugzeug, das jetzt zweihundert Meter über ihren Köpfen schwebte, umrahmt von silbernen Sternen. Grüne, rote und weiße Blinklichter blitzten an den Flügelspitzen und auf dem Leitwerk. Murphys neurale Nanonik identifizierte die Maschine als einen der Senkrechtstarter aus Durringham, eine BK133.
Sein Kommunikatorblock signalisierte piepsend, daß ein lokaler Kanal geöffnet wurde. »Murphy? Sind Sie das, Murphy?«
»Sir? Sind Sie das, Sir?« fragte er voll ungläubigem Staunen.
»Haben Sie vielleicht jemand anders erwartet?« entgegnete Kelven Solanki per Datavis.
Der Scheinwerferstrahl erfaßte die Isakore erneut und blieb auf dem Boot.
»Haben Sie Ihre Gefangene noch?«
»Selbstverständlich, Sir.« Murphy warf einen Seitenblick auf Jacqueline Couteur, die zu dem Flugzeug hinaufstarrte und die Augen gegen das grelle Scheinwerferlicht abgeschirmt hatte.
»Guter Mann. Wir nehmen sie mit.«
»Sir, Niels Regehr ist ziemlich schlimm verletzt. Ich denke nicht, Sir, daß er eine Strickleiter hochklettern kann.«
»Kein Problem, Murphy.«
Die BK133 sank vorsichtig tiefer. Ihre Flügel bebten von den thermischen Schockwellen, die der Einschlag der Harpunen hervorgerufen hatte. Murphy spürte, wie ihm die Luft aus den Kompressorjets ins Gesicht wehte, ein heißer, trockener Sturm, nicht unangenehm nach der Feuchtigkeit auf dem Fluß. Er sah eine weit offene Luke auf der Seite des Rumpfes, und ein Mann in Navy-Uniform wurde langsam an einer Winde auf die Isakore heruntergelassen.
Die Flutlichtscheinwerfer auf dem Dach des Navy-Büros zeigten gewaltige Menschenmassen in den umliegenden Straßen. Alle ohne Ausnahme starrten in den Nachthimmel hinauf.
Murphy beobachtete die Ansammlung durch die offene Luke der BK133, während Kelven Solanki die Maschine auf dem Dach landete. Ein keilförmiges Raumflugzeug stand mit eingezogenen Flügeln auf der anderen Seite des Dachs; es paßte gerade eben auf den Platz. Heck und Nase standen über. Das Raumflugzeug war einer der willkommensten Anblicke, den Murphy seit langer Zeit gesehen hatte.
»Wer sind all diese Leute?« erkundigte er sich.
»Sie haben beobachtet, wie das Raumflugzeug der Ilex den Stab evakuiert hat«, antwortete Vince Burtis. Er war der neunzehn Jahre alte Mannschaftsdienstgrad der Navy, der die Winde bedient und Murphy mitsamt seinen Leuten in Sicherheit gebracht hatte. Für ihn war die Invasion ganz genau das, weswegen er zur Navy gegangen war. Abenteuer auf fremden Welten. Er genoß die Situation. Murphy hatte nicht das Herz, den jungen Burschen zu desillusionieren. Er würde schon noch früh genug merken, auf was er sich eingelassen hatte.
»Ich schätze, sie wollen ebenfalls von hier verschwinden«, sagte Vince Burtis nüchtern.
Die BK133 landete auf dem Dach. Kelven befahl dem Bordrechner per Datavis, die internen Systeme zu deaktivieren. »Alles raus«, sagte er dann.
»Beeilung, bitte!« Eratos Appell wurde von Murphys Kommunikatorblock übertragen. »Ich stehe mit den Sheriffs draußen in Verbindung. Sie sagen, daß die Menge bereits vor der Tür steht.«
»Sie können unmöglich einbrechen«, entgegnete Kelven Solanki.
»Ich denke, einige der Sheriffs sind ebenfalls dabei«, sagte Erato zögernd. »Schließlich sind wir alle nur Menschen.«
Kelven löste seine Gurte und eilte nach hinten in die Kabine. Vince Burtis führte Niels Regehr nach draußen und half dem wankenden Mann durch die Luke. Garrett Tucci und Louis Beith waren bereits draußen und führten Jacqueline Couteur mit vorgehaltenen Bradfields auf das Raumflugzeug zu.
Murphy Hewlett schenkte seinem Vorgesetzten ein müdes Grinsen. »Danke, Sir.«
»Das hat nichts mit mir zu tun, Murphy. Wenn die Ilex nicht aufgetaucht wäre, würden Sie noch immer den Fluß hinunter paddeln.«
»Sind die anderen bereits alle evakuiert?«
»Ja. Das Raumflugzeug ist im Verlauf des Abends einige Male in den Orbit geflogen. Wir sind die letzten«, antwortete Solanki.
Sie sprangen beide auf das Dach hinunter. Das Geräusch der Kompressoren des Raumflugzeugs wurde lauter und übertönte die Rufe der Menge unten auf der Straße. Kelven tat sein Bestes, um die aufkeimenden Schuldgefühle zu unterdrücken. Er hatte eine Menge Freunde unter den Angestellten und Beamten der Zivilverwaltung gefunden. Candace Elford hatte ihm ohne einen Augenblick des Zögerns die BK133 überlassen, als er darum gebeten hatte. Keine Fragen. Sicher hätten einige Leute noch hinauf in
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