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Fehlschuss

Fehlschuss

Titel: Fehlschuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Geller
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anspannte, spürte er nur ein leichtes Ziehen.
    „Besser?“, fragte Karin nach einer Weile, und die Kieselaugen
strahlten.
    „Viel besser! Du hättest Krankenschwester werden sollen.“
    „Ich hab nur deinen Schlaf bewacht“, lachte sie, beugte sich vor und
gab ihm einen langen Kuss. Chris erwiderte ihn fordernd, zärtlich, verlangend,
registrierte mit Genugtuung, wie ihr Atem schneller wurde, wie ihm die Hitze
zwischen die Schenkel schoss, als Karins Rechte sich in seinen Nacken legte.
    „Komm“, flüsterte er und nestelte am Knoten von ihrem Bademantel
herum. Vor zwei Wochen hatte er keine Ahnung gehabt, dass eine Karin Berndorf
überhaupt existierte. Und jetzt …
    Als er den Bademantel von ihren Schultern schob, verspannte sich
Karins Körper. Es war nur ein kurzer Moment, aber er genügte, um Chris
klarzumachen, welche Ängste in dieser großen Frau saßen. Wie viele Partner
mochten genau in diesem Augenblick schon den strategischen Rückzug angetreten
haben? Es machte einen Unterschied, ob man nichts und darüber ein
umgeschlagenes Hosenbein betrachtete oder einen nackten, vernarbten Beinstumpf.
    Zart begann er, Karin zu streicheln. Die Schultern, die Arme, fuhr mit
den Zeigefingern die Linie der Schlüsselbeine entlang. Seine Lippen folgten den
Händen, erforschten jeden Quadratzentimeter ihres Körpers, rutschten tiefer,
über die Hüften, das rechte Bein, links über den Oberschenkel. Er wollte, dass
die Geste ankam: Karin Berndorf, ganz, komplett, oben wie unten.
    Er erreichte sein Ziel schnell. Sie begann seine Berührungen zu
erwidern, mit solch behutsamer Zärtlichkeit, wie er sie ihren kräftigen Händen
nie zugetraut hätte. Sie hielt sich lange an seiner behaarten Brust auf, ließ
sich Unendlichkeiten Zeit mit seinem Bauch, seinen Schenkeln, trieb ihn beinahe
in den Wahnsinn. Als Karin ihn endlich auf sich zog, war er kurz vorm
verglühen.
    Später lagen sie eng aneinander gepresst da, die Beine und den Stumpf
zu einem Knoten verschlungen. Durch Karins Körper lief ab und zu ein Schauer
der abklingenden Erregung.
    Sie rieb ihren Kopf in seiner Halsbeuge, die linke Hand tastete über
seine Schenkel. „Oh Himmel!“, flüsterte sie. „Ich hab das Gefühl, ich kann dich
nie wieder loslassen.“
    „Dann tu´s einfach nicht“, murmelte Chris schläfrig. Er befand sich in
einem wunderbar entspannten Zustand, spürte nach, wie sie beide der Sonne nahe
gewesen waren, emporgehoben von …
    Der Ausbruch war ebenso stark wie unerwartet: Heftiges Schluchzen
schüttelte plötzlich Karins schweren Körper. Mit einem Schlag war Chris
hellwach.
    „He, he, he! Was ist denn los?“, rief er erschrocken, während seine
Schulter nass wurde.
    „Nichts!“, kam es erstickt aus seiner Halsbeuge zurück.
    Nichts! Heult sich die Augen aus dem Kopf und sagt, es ist nichts.
„Schwierig“, hatte Lea gesagt. „Sie ist schwierig.“
    „War ich so schlecht?“, versuchte er es.
    „Mach — keine — Witze.“ Zwischen jedem einzelnen Wort kam ein tiefer
Schluchzer. „Mir — läuft — einfach — das — Herz — über. — Das — ist — alles.“
    „Dir läuft …“ Plötzlich verstand er. Zart strich er Karin ein paar
Haare aus der Stirn und murmelte: „So voll da drin?“
    Zur Antwort bekam er nur ein noch heftigeres Weinen. Er wartete.
Streichelte und wartete. Aber es dauerte lange, bis die Tränen versiegten, der
große Körper aufhörte zu beben und er zu fragen wagte: „Und? Passt jetzt wieder
was rein?“
    „Ich wollte nur Platz schaffen für dich“, antwortete sie mit einem
schiefen Grinsen und drehte sich schwerfällig auf den Rücken. „Ich glaube, du
beanspruchst ziemlich viel Raum da drin.“ Ein letztes Schniefen, dann grummelte
sie: „Was heule ich hier rum? Ich bin ein Esel, nicht?“
    „Unbenommen“, bestätigte er und stellte verwundert fest, dass jetzt
beinahe ihm das Herz überlief — vor lauter Zuneigung zu diesem Esel.
     
    Kaffee, Eier mit Speck und eine Zigarette, so wie er es schon vor zwei
Stunden vor Augen gehabt hatte. Es schmeckte wie göttliches Manna. Ein ums andere
Mal schielte er auf die Fensterbank. Da standen Blumen, die er bisher nicht
gekannt hatte. Es war ihm sofort aufgefallen, als er aufgestanden war: Der
Ficus im Wohnzimmer, der nicht ein einziges gelbes Blatt mehr hatte, die
Flammenden Kätchen, die Karin von welkem Laub und Staub befreit hatte, in der
Küche dann der Asparagus und die Grünlilie, deren kräftigste Nachkommen jetzt
einen Topf und frische

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