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Fehlschuss

Fehlschuss

Titel: Fehlschuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Geller
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peinlich,
einfach so wegzurennen. Was sollte Karin von ihm denken? Und die anderen Gäste
erst!
    Als er wieder beim Italiener ankam, war er soweit, dass er den anderen
halbwegs verständlich darlegen konnte, was er meinte.
    Er murmelte eine Entschuldigung, als er wieder Platz nahm und machte
sich über die Reste seines Salats her. Zwei Augenpaare fixierten ihn. Das eine
erwartungsvoll-kühl, das andere erwartungsvoll-besorgt.
    „Nehmen wir mal an“, begann er, „nehmen wir mal an, nicht Inge hat die
falschen Negative mitgenommen, sondern erst der Einbrecher. Nehmen wir weiter
an — was mir eine Informantin auch bestätigt hat — Inge hatte keine Lust mehr,
der Fußabtreter von Tönnessen zu sein. Sie fertigt eine Kundenliste an, die sie
als ihr Kapital bezeichnet und bereitet ihren Absprung vor. Aber dann kommt ihr
die ungewollte Schwangerschaft dazwischen. Sie überwirft sich mit Tönnessen, dreht
durch, haut ab, und taucht irgendwo unter, wo sie garantiert niemand findet.“
Hier konnte er ein süffisantes Lächeln in Richtung Susanne nicht unterdrücken.
„Inge beschließt ihren Absprung vorzuziehen, aber dafür braucht sie Geld. Und
sie weiß, wie sie drankommt.“
    „Der Umschlag und die Kamera“, sagte Karin dumpf.
    „Ja, wobei die fünfhundert Euro wohl eher als Taschengeld gedacht
waren. Ich denke, in erster Linie ging es um die Kamera.“
    „Frau Berndorf“, schaltete Susanne sich ein. „Sie haben gesagt, dass
diese Kamera sehr wertvoll ist. Wie viel hätte sie dafür bekommen können?“
    „Schwer zu sagen. Bei einem seriösen Händler hätte sie sicher keine
Chance gehabt, zumal ja mein Name eingraviert ist. Ich weiß allerdings, dass es
einen Haufen verrückter Sammler gibt, die solche Schätze um jeden Preis haben
wollen. Das ist wie mit den geklauten Ölgemälden von alten Meistern. Die hängen
in irgendwelchen alarmgesicherten Kellern, einzig und allein zur Freude des
momentanen Besitzers. Öffentlich zeigen kann man sie ja nicht.
    Meine Hasselblad war die Nummer zwei einer weltweit limitierten und
nummerierten Auflage, Baujahr 65. Jemand, der sie unbedingt haben will, würde
so um die Fünfzig- Sechzigtausend hinblättern, denke ich.“
    Unwillkürlich pfiff Chris durch die Zähne. Susanne dagegen sprach nur
die nächstliegende Frage aus: „Wo hatten Sie die denn her?“
    „Mein Lehrmeister hat sie mir zur Prüfung geschenkt. Er hat auch die
Plakette mit meinem Namen aufschweißen lassen. Dass sie ein edles Teil war,
haben wir beide gewusst. Aber damals hat es noch nicht diese Sammelwütigen
gegeben, die sogar für ein seltenes Überraschungsei ein paar Tausender
abdrücken. Wenn er noch lebt, wird er sich mittlerweile vermutlich ein zweites
Loch in den Hintern gebissen haben vor Wut.“
    „Wusste Inge Lautmann, was die Kamera wert ist?“, schoss  Susanne ihre
nächste Frage ab.
    „Kann sein, dass wir mal darüber gesprochen haben. Ich hab sie ja
gehütet wie meinen Augapfel.“
    Jetzt nickte die Kommissarin zufrieden und forderte Chris auf: „Gut!
Weiter!“
    Er ließ sich das nicht zwei Mal sagen. „Inge weiß also, was die Kamera
wert ist, und sie kennt einen Sammler.“
    „Och nee, Chris, och nee!“ Susanne verzog das
Gesicht. „Und der Sammler ist rein zufällig einer unserer Freunde aus der
Toskana, wittert Erpressung, fordert Viego an, der schlägt zu fest auf Lautmann
ein, und Geseke ist die Unschuld vom Lande. Also, Chris, wirklich!“
    Er hob die Schultern. „Warum nicht? Aus Inge bringen sie nichts raus —
die weiß ja gar nichts von der Toskana. Dann suchen sie bei Karin, und als sie
merken, dass sie die falschen Negative haben, gehen sie zu Tönnessen. Aus
irgendeinem Grund muss die ins Gras beißen.“
    „Und warum solltest du ins Gras beißen?“, fragte Karin spontan. Ihrem
Gesichtsausdruck nach fand sie seine Theorie ebenso wenig überzeugend wie
Susanne.
    Das Dudeln von Susannes Handy enthob Chris einer Antwort. Er hätte
sowieso keine gehabt. Das war der Punkt, den er nicht verstand. Die Kamera und
die Toskana waren die Fäden, die Karin, Inge und Brigitte Tönnessen verbanden,
dessen war er sich sicher. Es waren brüchige Fäden, natürlich. Bisher gab es
weder Beweise, noch eine schlüssige Indizienkette. Und auf die Polizistin hatte
er jetzt sicher gewirkt wie der Märchenonkel bei der Lesestunde. Er war ja
selbst im Zweifel. Außer seinem Gefühl gab es nichts, womit sich seine Theorie
untermauern ließ. Und welche Rolle er selbst in diesem Märchen

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