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Fehlschuss

Fehlschuss

Titel: Fehlschuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Geller
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für Schwarz zu haben.
Schwarz gefliester Boden, schwarze Tische und Stühle, schwarz gekleidete Bedienung.
Dagegen sah ein Beerdigungsinstitut freundlich aus. Aber der Kaffee war gut.
    Und schwarz.
    Die Kommissarin setzte ihr Glas ab, bevor sie die Neuigkeiten
berichtete, die sie am Telefon angekündigt hatte. „Ein Portier im Hotel hat
sich erinnert, dass sich jemand nach der großen blonden Frau erkundigt hat. Ein
Deutscher übrigens, um die sechzig, Halbglatze. Der Portier hat gegen ein
kleines Bakschisch ein wenig erzählt, den Namen genannt und gesagt, dass sie
aus Köln kommt.“
    „Dann wäre die Verbindung also klar“, konstatierte Chris.
    „Ja, ich denke mal, dieser Deutsche war der zweite Mann auf dem Foto.
Wir haben daran übrigens noch ein bisschen gebastelt. Das Vergleichsbild ist
zwar mehr als zehn Jahre alt, aber es gibt keinen Zweifel, dass da Manuel Viego
den toskanischen Sonnenuntergang genossen hat.“
    Susanne löffelte sich Zucker in den Kaffee und sah Chris eindringlich
an. „Zumindest seinen Neffen müssen wir nicht mehr fürchten. Er hat wohl
versucht, nach Spanien zu kommen. Irgendwie hat er sich nach Lyon
durchgeschlagen und dort ein Auto geklaut. Ein hellwacher Beamter der
französischen Polizei hat das Kennzeichen erkannt und ihn angehalten. Carlos
hat ihn niedergeschossen und ist geflohen. Hinter der spanischen Grenze ist er
aber dann von der Guardia Civil hopsgenommen worden. Er war sehr geschwächt von
der Schussverletzung an der Schulter und hat sich beinahe widerstandslos
festnehmen lassen. Wenn er auch im Moment die Aussage verweigert — er sitzt
hinter Schloss und Riegel und wird niemanden mehr quälen.“
    „Glaubst du, sein Onkel schickt einen Neuen?“, fragte Chris. Er konnte
kaum aufhören, Susanne anzustarren. Sie trug himmelblaue Hosen und eine
quittengelbe Bluse und erinnerte ihn in all dem Schwarz fatal an einen Papagei.
    „Ich denke nein“, erwiderte sie. „Er wird jetzt erst mal damit
beschäftigt sein, seine eigene Haut zu retten. Die Italiener haben das
Ferienhaus ausfindig gemacht, das er in der Nähe von San Filomento unter
falschem Namen besitzt. Laut Aussage der Nachbarn hat er es vier bis fünf Mal
im Jahr für ein paar Tage benutzt. Meist war er in Begleitung eines Deutschen,
um die sechzig, Halbglatze. Also wohl der, der sich im Hotel erkundigt hat.
Seine Identität bleibt allerdings absolut schleierhaft. Die Italiener
versprechen sich aber eine Menge von der Spur — zumindest was Manuel Viego
betrifft.“
    „Und wenn dieser Deutsche jetzt nochmal Chris ans Leder will?“, fragte
Karin dumpf.
    „Der Anschlag ist über eine Woche her. Es sollte also jedem klar sein,
dass wir längst reagiert hätten, wenn wir mehr wüssten.“
    „Was ist mit Geseke?“, hakte Chris nach.
    „Geseke! Zenker wird Anklage erheben, aber nur wegen illegalen
Drogenhandels. Etwas anderes ist ihm nicht nachzuweisen. Und so, wie sich die
Dinge entwickelt haben, sagt er höchstwahrscheinlich die Wahrheit. Er hat mit
dieser ganzen Sache nichts zu tun.“
    „Und wie geht es jetzt weiter?“, schaltete sich Karin wieder ein,
während sie an einem Kaffeefleck herumrieb, den sie sich auf die Jeans
gekleckert hatte.
    „Gute Frage! Der Deutsche aus der Toskana ist unser fehlendes
Puzzle-Stück. Er ist wahrscheinlich derjenige, dem Chris zu nahe gekommen ist.
Aber solange unserem gemeinsamen Freund nichts dazu einfällt …“
    „Scheiße! Meinst du, ich zerbreche mir nicht den Kopf darüber?“,
explodierte Chris. Tatsächlich grübelte er schon seit Tagen darüber nach, hatte
versucht, die Zeit zwischen dem Tod von Inge und dem Anschlag auf ihn minutiös
zu rekonstruieren. Für jeden Tag hatte er ein schriftliches Protokoll fixiert
mit Abläufen, Terminen, den Gesprächen, die er geführt hatte. Es war ein hartes
Stück Arbeit gewesen, das alles möglichst lückenlos wiederzugeben. Gebracht
hatte es nichts. Auch Karin, die mehr Abstand dazu hatte, las alles mehrmals
aufmerksam durch, fand aber auch keinen noch so kleinen Hinweis.
    „He, reg dich ab! Ich wollte doch damit nur sagen, dass die Chancen
zurzeit ziemlich schlecht stehen, ihn zu finden. Wenn Carlos nicht redet oder
in dem Ferienhaus keine Visitenkarte von ihm liegt, kommen wir keinen Schritt
weiter.“
    „Es muss sich doch feststellen lassen, wo Carlos sich hier in der
Stadt aufgehalten hat.“
    „Wir sind da dran.“ Susanne rührte heftig in ihrem Kaffee. „Aber
bisher scheinen wir ein Phantom zu jagen.

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