Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Fehlschuss

Fehlschuss

Titel: Fehlschuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Geller
Vom Netzwerk:
Kopf. Wie
die Melodie eines blöden Schlagers, die man nicht mehr loswird. Annes Versuche,
Kontakt mit ihm aufzunehmen, machten das Ganze auch nicht besser. Als sie das
erste Mal anrief, knallte er nur wutschnaubend den Hörer auf. Beim zweiten Mal
brüllte er „Leck mich am Arsch“ in die Muschel und unterbrach dann erst das
Gespräch.
    Der dritte Versuch lief über Hans. „Sie will mit dir reden!“ Seine
Stimme war so kläglich und leise, dass Chris das Telefon ans Ohr pressen
musste, um ihn zu verstehen. „Sie will mit dir reden und sich entschuldigen.
Die Chance solltest du ihr geben, nicht!?“
    „Anne hat acht Jahre lang Chancen bei mir gehabt“, gab Chris bitter
zurück. „Ich finde, das reicht. Und wenn sie sich bei jemandem entschuldigen
will, soll sie das bei Karin tun, nicht bei mir!“
    Es schien zu wirken. Jedenfalls hielt das Telefon Ruhe — im Gegensatz
zu seinem Seelenfrieden.
    Bis Karin eines Abends der Kragen platzte. Sie dübelten gerade einen
stabilen Handgriff in die Wand seiner Dusche. Eine der letzten Maßnahmen zur
Verbesserung ihrer Lebensqualität. Sie wollten beide keine Wochenendbeziehung,
und Karin bestand aus „Paritätsgründen“ darauf, mal in der einen und mal in der
anderen Wohnung zu hausen.
    Also räumten sie die Küche von Chris um, damit Karin die alltäglichen
Dinge bequem erreichen konnte. Der alte Läufer in der Diele, der so tückisch
rutschte und ihr zwei Mal fast zum Verhängnis geworden wäre, wanderte in den
Keller. Die vordem nie benutzte Fernbedienung der Stereoanlage bekam neue
Batterien. Sie räumten das Geschirr so um, dass es für Karin halbwegs praktisch
war und kauften einen kleinen Servierwagen. Chris begann sogar, auf Ordnung zu
achten. Es konnte nicht sein, dass sie erst durch die ganze Wohnung humpeln
musste, um ans Telefon zu kommen, nur, weil er es auf der Waschmaschine im Bad
liegen gelassen hatte. Der Handgriff in der Dusche war jetzt der Abschluss
dieser Maßnahmen.
    Karin nahm ihm die Bohrmaschine ab und sagte: „Eigentlich bist du doch
nur sauer, weil du glaubst, du hast acht Jahre deines Lebens in den Sand
gesetzt. Weil du meinst, du hättest die Zeit sinnvoller als mit einem Stück
Scheiße verbringen können.“
    „Und wenn?“, gab er trotzig zurück. „Gibst du mir zwei Achter-Dübel?“
    „Chris! Du kannst mir nicht erzählen, dass Anne nicht auch ihre guten
Seiten hat. Sonst hättest du es keine acht Tage mit ihr ausgehalten. Aber nach
allem, was du erzählst, ist sie die Schwester von Frankenstein! Was ich meine,
ist: Scheiße stinkt, Chris! Und mich wundert, dass du das acht Jahre lang nicht
gerochen hast.“
    „Sechs davon waren reine Bequemlichkeit. Es ist nun mal unangenehm,
sich zu trennen.“
    „Okay. Bleiben immer noch zwei Jahre, die ganz nett waren, oder?“ Sie
drückte ihm die verlangten Dübel in die Hand.
    „Ja“, musste er zugeben. „Worauf willst du eigentlich hinaus? —
Hammer?“
    „Ich will, dass du aufhörst, in Selbstmitleid zu baden. Du hast in
einer miesen Beziehung gelebt wie Millionen andere auch. Aber Anne ist nicht
das Monster, das du jetzt in ihr siehst. Ihr habt eure Macken und habt euch
auseinander gelebt. Nicht mehr und nicht weniger. Und nun hat sie sich ziemlich
im Ton vergriffen, das ist aber auch alles!“
    „Ah ja! Und jetzt melden wir uns als Kandidaten bei `Verzeih mir´, und
alles ist wieder gut, oder was?“
    Sie knallte den Hammer in die Duschtasse. „Also gut! Dann sag ich´s
anders. Du hast zwei Möglichkeiten: Du kannst dich mit ihr auseinandersetzen,
dann musst du aber zwangsläufig mit ihr sprechen. Oder aber du schließt das
Ganze jetzt ab! Chris, du musst nie wieder mit ihr reden, wenn du nicht willst.
Aber dann lass sie auch los!“
    „Ausputzen, meinst du?“
    „Ausputzen! Stell sie dir nackt auf einem rosa Eisbärfell vor, und
dann vergiss sie.“
    Er brach in schallendes Gelächter aus. „Und grüne Pantöffelchen müsste
sie anhaben!“, prustete er. „Oh Karin, du bist herrlich!“
    „Ach!“ Aus den Kieselaugen sprühte der Schalk. „Gut jetzt?“
    „Ja!“ Er wischte sich die Lachtränen aus den Augen und damit auch den
letzten Rest Verbitterung. Er hatte sich zehn Jahre mit Anne Bovolet
auseinandergesetzt, jetzt war Schluss!
    „Könntest du dann endlich dieses Ding anschrauben? Wir müssen in einer
Stunde bei Achim und Klaus sein.“
     
    Es war das erste Treffen mit den „Jungs“, wie Karin sie liebevoll
nannte. Eigentlich fand Chris schwule Männer immer

Weitere Kostenlose Bücher