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Fehlschuss

Fehlschuss

Titel: Fehlschuss Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anna Geller
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de una vez!“, zischte er und stieß
Chris  zur Bekräftigung seine Waffe hart ins Genick.
    Das hieß wahrscheinlich so viel wie „Halt´s Maul!“ Aber was war das?
Italienisch? Spanisch? Auf jeden Fall war es der erste Fehler, den er machte.
Sein leichter Akzent, der in der heiseren, schwer zu verstehenden Stimme kaum
auszumachen war, ließ allenfalls den Schluss zu, dass Gonzo auch der Anrufer im
Krankenhaus gewesen war. Aber die wenigen Worte, die er offenbar in seiner
Heimatsprache ausgespuckt hatte, könnten bei seiner Identifizierung hilfreich
sein. Aber dazu musste Chris erst mal diese Nacht überstehen. 
    Der schwarze Nissan war fast das einzige Fahrzeug auf dem
Autobahnabschnitt. Keine Scheinwerfer mehr, die vorbeihuschten, keine
Positionslichter von Lastwagen. Chris fühlte sich plötzlich wie der einsamste
Mensch auf der ganzen Welt, und eine neue Welle Übelkeit stieg in ihm hoch. Ein
Muskel in seinem linken Oberschenkel begann zu flattern. Verdammt, er verlor
die Kontrolle!
    Plötzlich begann Gonzo zwischen den Vordersitzen zu fummeln. Mit einem
leisen Klicken löste sich der Sicherheitsgurt von Chris, schnappte zurück bis
unter die linke Achsel. Jeder Muskel spannte sich in ihm, als eine
behandschuhte Hand nach vorn griff und ihm mit einer einzigen Bewegung das Hemd
aufriss. Einer der Knöpfe prallte mit hellem Knall an die Windschutzscheibe.
Der Wagen geriet auf die linke Fahrspur, schleuderte zurück nach rechts,
schlingerte.
    „Nicht so schreckhaft, mein Kleiner. Nicht so schreckhaft. Es tut
nicht weh, wirst sehen. Jetzt noch nicht!“ Wieder dieses Kichern. „Wir werden
viel Spaß miteinander haben. Viel Spaß!“
    Dieses verfluchte perverse Schwein! Der wollte nicht nur seinen Kopf,
sondern auch noch Spaß dabei haben. Die Mutter hätte diese Missgeburt am besten
gleich nach der Entbindung im nächsten Bach ersäuft. Chris biss sich auf die
Lippen, um seine Wut nicht herauszuschreien. Sein Zorn überlagerte die Angst
jetzt ein wenig. Trotzdem schossen ihm auf einmal tausend Dinge durch den Kopf.
Das letzte Treffen mit Anne. Die sich balgenden Hunde. Leas verschmitztes
Lachen. Wie würde Luise es aufnehmen? Ob Karin zu seiner Beerdigung kam?
    Karin … Fünf Buchstaben, die seinen Verstand endgültig wieder ans
Laufen brachten. Er wollte diese Frau, das Leben mit ihr teilen, sie in den
Armen halten, tausend verrückte Sachen mit ihr machen, ihr die Welt zu Füßen
legen. Und deshalb würde er nicht zulassen, dass dieser abartige Typ da hinter
ihm seinen Job zu Ende führte. Niemals!
    Also, Sprenger, dann denk nach. Atme und denk nach. Hier im Auto hatte
er nicht die geringste Chance. Aber draußen. Im Wald. Er hatte die Pistole, von
der Gonzo nichts wusste. Und wenn es ihm gelang, ein paar Meter zwischen sich
und ihn zu bringen …
    Gonzo befahl ihm von, der Autobahn abzufahren und lotste ihn dann im
kürzesten Winkel durch Euskirchen. — Er kannte sich aus.
    Ein metallisches Schnappen hinter ihm ließ Chris erneut
zusammenfahren. Der Druck in seinem Nacken löste sich, dafür blitzte eine
Klinge vor ihm auf, und er hielt die Luft an. Die Klinge senkte sich, setzte
auf dem Brustkorb an, gerade da, wo die Behaarung am stärksten war. Dann fuhr
sie schräg hoch über das Schlüsselbein und verharrte auf der rechten Schulter.
Es war nur ein leichtes Ritzen der Haut, löste ein kaum merkliches Brennen aus.
    So also fängt es an, dachte er nüchtern. Erst die kleinen Einschnitte,
die kaum bluteten. Und dann würde es tiefer und tiefer gehen. So lange, bis er
um das Ende betteln würde. So sehr betteln, dass Gonzo „Erbarmen“ hatte. „Ein
einziger Schuss aus nächster Nähe ins Genick. Das war eine Hinrichtung, Chris.“
Wie ein Echo hallte die Stimme von Susanne durch seinen Kopf.
    Sie fuhren jetzt über verlassene Landstraßen. Kein Auto, kein Dorf,
keine Lichter, nichts. Nur Gonzo und er.
    Der zweite Schnitt ging tiefer, von der Kehle gerade nach unten. Chris
biss sich auf die Lippen, um nicht aufzuschreien. Wann waren sie endlich an
diesem Parkplatz, zum Teufel? Er musste raus aus dem Wagen. Raus!
    „Gefällt dir das?“, flüsterte Gonzo. „Gleich sind wir da. Und dann
wird´s erst richtig gut, glaub mir, cabrón.“
    Der dritte Schnitt ging quer über den Brustkorb.

Vierundzwanzig
     
    Karin
pflegte ihre Wut fast vierundzwanzig Stunden lang. Nachdem sie völlig
überhastet aus dem alten Nissan gestiegen und so schnell es ihr möglich war,
ins Haus und in ihre Wohnung gestürmt war,

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