Fehlt noch ein Baum
sie aufzupassen.
Bei Inna begriff ich dann, wie wenig ich Kinder mochte. Früher hatte ich noch keine Abneigung gegen sie gehegt, aber vielleicht hatte das daran gelegen, dass damals noch niemand in meinem Bekanntenkreis Kinder hatte. Doch nun wurde mir klar, was für eine Plage Kinder sind.
AuÃerdem wurde mir klar, dass ich nicht nur eine Abneigung gegen diese kleinen ScheiÃer hatte, sondern auch kein gehaltvolles Gespräch mit ihrer Mutter führen konnte. Sie war wie eine Sektiererin mit Kinderrassel, die lange und öde Märchen über Kindernahrung, Preise für Kinderschuhe und den Kindergarten von sich gab.
Bei Inna entwickelte ich einen anhaltenden und unbändigen Drang zum Infantizid und hätte die Kleinen am liebsten bis zu ihrem Exitus verprügelt. Die Kinderwaren Monster, ihre Mutter ein Doppelmonster. Ständig ertappte ich mich bei dem Gedanken: Wann verschwinden diese Kinder endlich? Sie krochen einem fast unter den Rock, schluchzten, spuckten ihren Brei aus, und ihre Mutti leckte sich das Ausgespuckte auch noch ab und erzählte mir, was für schöne Kackwürstchen ihr kleiner Sohn jetzt produziere.
Hilfe, ich bin nicht normal. Ich will nichts von Kinderkacke hören!
Das Thema Kinder und Mutterschaft ist nichts für mich. Ich kann mir Geschichten von den Kindern anderer Leute nicht länger als zehn Minuten anhören, dann fange ich an, mit offenen Augen einzuschlafen. Ebenso geht es mir bei den Geschichten anderer über ihre Kindheit. Es gibt nur sehr wenige Menschen, die wirklich interessant von ihrem zarten Alter erzählen können. Bei den meisten sind es lange und geistlose Epen darüber, wie umwerfend sie waren (lies: welch einzigartige, tapfere kleine Prinzen oder Prinzessinnen).
Aber was mich noch schneller in Rage bringt und mich gleichzeitig mit geschlossenem Mund gähnen lässt, sind die Träume anderer Menschen. Kein einziger Traum, von dem ich je gelesen habe, schien mir interessant oder aufschlussreich zu sein. Nur trübes Gewäsch.
AuÃerdem sollte man, finde ich, all jene erschieÃen, die gerne von ihren chronischen Krankheiten berichten. Damit meine ich nicht, wenn sich jemand ein Bein gebrochen oder einen Zahn ausgeschlagen hat â das ist interessant. Aber wenn jemand lange an irgendeiner kritischen ZellvergröÃerung herumdoktert oder an seinen Hämorriden und dazu noch ausführlich davon erzählt â dann ist das verbale Diarrhö.
Ebenfalls abstoÃend ist es, sich Landschaftsbeschreibungen innerhalb eines Reiseberichts anhören zu müssen. Besonders, wenn man nicht dabei war. Aber das ist nur mein Geschmack, ich mag Landschaften generell nicht. Weder in der Malerei noch in der Literatur.
Inna, die selbst geschieden war, hielt es für ihre Pflicht, mir das Leben zu erklären.
»Warte nur ab, Ira, die Schwierigkeiten kommen erst noch: wenn du entbunden hast, wirst du nicht mehr arbeiten können.«
»Doch, das werde ich, ich kann ja zu Hause schreiben. Geld bedeutet Unabhängigkeit.«
»Du willst also unabhängig sein?«
»Ja.«
»Wie die Presse, ja? Und was ist mit deinem Typen, habt ihr euch für immer getrennt?«
»Weià ich nicht, vielleicht nicht für immer. Er hat einen schwierigen Charakter.«
»Du meinst, auf einer verbockten Ziege kann man nicht reiten?«
»So kann man es auch ausdrücken â¦Â«
»Und weswegen habt ihr euch getrennt?«
»Wir waren uns zu ähnlich.«
»Wie das?«
»Einfach so. Ich bin für ihn zu männlich, er ist für mich zu weiblich.«
»Oje, da haben sich ja zwei gefunden. Nein, du musst einen normalen Kerl heiraten. So wie meinen Witja.«
»Und wo ist er jetzt? Dein normaler Witja?«
»Irgendwo wird er schon sein ⦠Wurde von so einer Tussi abgeschleppt, die Beine müsste man der brechen. Und dieser Blödmann hat sich hochgespult, sie ist jung,hat keine Kinder ⦠Na ja, von mir aus. Der kommt schon wieder angekrochen. Kannst du mit Ksjuscha ins Kinderkaufhaus fahren? Sie braucht noch ein Geschenk, morgen ist ihr Geburtstag.«
Â
Kinder sind nicht für die Metro gemacht und die Metro nicht für Kinder. Sie stolpern über ihre eigenen FüÃe, während man mit ihnen durch die Unterführung geht, sie schlittern, bremsen den Bewegungsfluss der Menge und studieren mit offenem Mund die Verzierungen an der Decke.
Â
Endlich kamen
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