Fehltritt Im Siebengebirge
wurde Zollamtmann Klatte getötet und in den Blauen See gestürzt. Bitte schauen Sie her. Ein Blick auf die Karte läßt erkennen, wie nahe die Orte beieinander liegen.«
Fräulein Kuhnert erhob sich, um den Blick auf die amtliche Stadtkarte zwischen den Türen freizugeben.
»Um Himmels willen, Sie können mir doch keinen Mord anhängen, nur weil ich zufällig dort draußen war«, wehrte sich Guido. »Ich habe doch Ihren Klatte nicht umgebracht.«
Kommissar Freiberg ließ nicht locker. »Warum waren Sie in Holtorf – und bei wem?«
Guido Siemann schwieg.
»Mensch, reden Sie. Dann rufen wir dort an, und Sie haben in fünf Minuten ein Alibi.«
»Ich kann nichts sagen, das ist ganz unmöglich. Ich habe mit Klattes Tod nichts zu tun. Sie müssen mir glauben.«
»Kontrolle ist besser«, sagte Lupus. Seine Geduld erschöpfte sich schnell. »Reden Sie endlich – schweigen Sie sich nicht um Kopf und Kragen. Holtorf ist ein nettes kleines Dörfchen. Dort konnten Sie mit dem Lkw nicht unbemerkt geblieben sein – wenn Sie überhaupt dort waren. Das haben wir in einer halben Stunde mit zwei Streifenwagen geklärt.«
Freiberg fuhr mit dem Finger über die Karte im Maßstab 1:15 000. »Kaum mehr als zweitausend Meter, keine fünf Minuten mit dem Lkw, oder bestenfalls fünfzehn Minuten Fußmarsch von dort bis zum Tatort. Kommen Sie, setzen wir uns wieder. Oder fällt Ihnen erst in der Untersuchungshaft etwas mehr ein?«
»Der Tatverdacht für Mord oder Totschlag aus Eifersucht ist gegeben. Ort und Zeitpunkt sind klar«, erklärte Lupus eiskalt. »Fräulein Kuhnert, holen Sie doch bitte die Vordrucke für vorläufige Festnahme und Antrag auf U-Haft. Dieses Spiel muß ein Ende finden.«
»Nein – nein, ich kann nichts sagen.« Guido schüttelte verzweifelt den Kopf. »Das war mehr eine Gefälligkeit. Ich will keinen anderen in die Pfanne hauen.«
»Herr Siemann, meine Geduld ist zu Ende!« Kommissar Freiberg schlug mit der flachen Hand auf den Tisch. »Ich gebe Ihnen noch drei Minuten – danach sind unsere Streifenwagen unterwegs. Wir werden den Dreitonner für die Spurensicherung beschlagnahmen, und Sie landen in Untersuchungshaft. Was dann bei Spedimpex los sein wird, können Sie sich hoffentlich vorstellen.«
»Das kann nicht Ihr Ernst sein.«
»Noch zwei Minuten!«
»Mein Gott, verstehen Sie doch. Ich will nicht andere reinreißen. Es geht mir nicht darum, daß ich selbst auf die Schnauze falle. Aber ich kann doch einem Beamten wegen so einer Bagatelle nicht die ganze Karriere versauen. Verstehen Sie das doch.«
»Eine Minute noch, genau eine!«
Guido Siemann knetete seine Finger. Die Schweißtropfen an der Stirn begannen zu laufen.
»Warum wollen Sie mich so fertigmachen?«
»Wir wollen die Wahrheit – sonst nichts. Ein Mensch wurde umgebracht.« Kommissar Freiberg sah noch einmal auf die Uhr. »Also Schluß jetzt – die Zeit ist um.«
Guido gab sich einen Ruck. »Ich habe Kaminholz für einen Oberregierungsrat Altmann besorgt. – Aber, bitte, rufen Sie ihn nicht an.«
»Himmel, warum dann dieser ganze Zirkus, wenn das alles ist. Oder haben Sie das Holz etwa geklaut?«
Guido nickte: »Ja.«
»Wußte dieser Oberregierungsrat davon?«
»Ich sage nichts.«
»Hat er Sie angestiftet und den Tip geliefert?«
»Ich sage nichts – gar nichts.«
»Verdammt und zugenäht! Wo haben Sie das Holz gestohlen?«
Guido stand die nackte Verzweiflung im Gesicht.
»Im Staatsforst.«
»Der ist groß. Wo genau?«
Guido sackte zusammen. »Jetzt bin ich erledigt. Am Rheinhöhenweg am Blauen See.«
»O nein!« Ein leiser Ausruf des Erschreckens war von Fräulein Kuhnert zu hören.
»Mann Gottes«, sagte der Kommissar, »wo sind Sie nur hineingeraten – und wie wollen Sie da wieder herauskommen?«
»Mensch«, äußerte sich Lupus, »mit Ihnen kann man ja Mitleid haben – oder hat Sie Klatte vielleicht ganz zufällig bei der Holzabfuhr erwischt?«
Kopfschütteln, Schweigen, ein leises: »Nein.«
Freiberg formulierte seine nächste Frage langsam.
»Der Tote trug einen grünen Trainingsanzug. Haben Sie ihn vielleicht für einen Polizeibeamten gehalten, für einen Förster oder für einen Grenzschützer? Die trimmen sich ja auch auf dem Ennert. Oder haben Sie ihn wiedererkannt als den Mann aus dem ›Old-Sound‹, der Ihnen bei Marianne Richter in die Quere gekommen ist und der sich an Ihre Schwester herangemacht hat?«
Guido schüttelte den Kopf. »Sie glauben mir doch nicht. Da war zu der Zeit niemand. Die
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