Fehltritt Im Siebengebirge
Hintergrund der Frage seines Chefs zu kennen. »Und wir werden sofort mißtrauisch, wenn unsere Fragen mit Gegenfragen beantwortet werden. Sie sind hier bei der Kriminalpolizei, Herr Siemann. Wir fragen – und Sie antworten. Das sind die Spielregeln.«
Guido überlegte und antwortete aufsässig: »Ich bin mit dem Tankwagen losgebrummt und auch wieder angekommen, sonst säße ich ja wohl nicht hier und müßte mir solche Fragen gefallen lassen.«
»Jedenfalls sind Sie mit dem Dreitonner zwischen sechs und sieben Uhr vom Hof gefahren, zwischen neun und zehn Uhr zurückgekommen und dann mit dem Tankwagen auf Strecke gegangen. Was haben Sie dazu zu sagen?«
»Pah – was Sie da erzählen! Wissen möchte ich, von wem Sie das alles haben.«
»Nun mal langsam und keine Aufmüpfigkeit. Sie können von uns aus fahren, wie Sie wollen, wann Sie wollen und mit jedem Fahrzeug wohin Sie wollen. Aber hier möchte ich eine eindeutige Aussage haben. Was war mit der Fahrt zwischen sechs und sieben? Das geht jetzt ins Protokoll!«
»Wer uns an der Nase herumführen will, der hängt sich eines Tages an seiner eigenen Leine auf«, stieß Lupus noch einmal nach.
Freiberg spürte, daß Guido Siemann nach einer Antwort suchte. Ihm durfte jetzt keine Gelegenheit für Ausflüchte gelassen werden. »Wir haben Sie nicht zu einem Plauderstündchen hergebeten. Sie sollten sich Ihre Worte genau überlegen, auch wenn dabei ein kleines Privatgeschäft zutage kommt.«
»Wer in Discos locker ein paar Blaue springen lassen kann«, warf Lupus ein, »der dürfte einem kleinen Nebenverdienst nicht abgeneigt sein.«
»Wer hat denn das der Kripo in die Zähne gehängt?«
»Sie fragen zuviel. Sie sollten lieber antworten.« Kommissar Freiberg sprach leise, aber deutlich. »Wissen Sie eigentlich, bei welchem Kommissariat Sie sich befinden?«
Guido Siemann schaute auf. »Unfall oder so, denke ich.«
»Sie sind beim 1. Kommissariat, Tötungsdelikte. Also jetzt keine Ausflüchte mehr.«
»Mordkommission?« Guido sah erst den Kommissar, dann Lupus und schließlich mit einer Wendung des Kopfes auch Fräulein Kuhnert an. »Was soll das bedeuten?«
Freiberg richtete sich auf. »Daß unsere Fragen ernst gemeint sind, verdammt noch mal! Also jetzt: Was war mit dem Dreitonner zwischen sechs und sieben?«
Guido versuchte ein Lächeln und schob seine Finger noch fester ineinander. »Eine kleine Gefälligkeit nur. Ich habe für einen Bekannten einiges transportiert.«
Lupus kannte sich aus. »Ein Rad für den Fahrer, nicht wahr? Ohne Firma, ohne Bücher, ohne Chef und ohne Steuern.«
Guido nickte.
Freiberg zeigte Verständnis. »Warum haben Sie das nicht gleich gesagt? Ich mag Finanzämter auch nicht so besonders gern. Die sollen ihr Problem selbst lösen.«
»Na ja«, sagte Guido erleichtert, »weiß ich, was Sie mir daraus für einen Strick gedreht hätten.«
Eher beiläufig hakte der Kommissar noch nach: »Und wohin ging die Reise?«
»Nach Holtorf.«
Lupus wußte nicht, ob sich sein Chef, der ja noch nicht lange in Bonn war, schon mit der näheren Umgebung vertraut gemacht hatte, und erklärte: »Andere Rheinseite, Siebengebirge, auf dem Ennert am Rande vom Staatsforst. Durch den Wald ist man schnell am Rheinhöhenweg.« Dann fügte er nach einer kurzen Pause hinzu: »Nicht weit vom Blauen See.«
Kommissar Freiberg blickte auf. »Nun möchte ich aber doch ganz gern wissen, was Sie transportiert haben, für wen und wohin.«
Guidos Finger knackten wieder. Er schien auf seinem Stuhl nicht mehr bequem zu sitzen. Einige Schweißperlen zeigten sich auf seiner Stirn. »Ach, das hat mit Ihrem Fall nichts zu tun. Darüber möchte ich nicht so gerne sprechen.«
Freiberg lehnte sich zurück. »Nun, ich warte auf Ihre Antwort.«
Fräulein Kuhnert schob ihren Schreibblock zurecht und drehte den grünen Stenostift zwischen Daumen und Zeigefinger. Sie wußte, jetzt wurde es ernst.
»Ich bin zu keiner Aussage verpflichtet«, versuchte Guido auszuweichen.
»Nun sagen Sie nur noch, Sie wollen erst mit Ihrem Anwalt sprechen«, fuhr Lupus auf. »Nehmen Sie doch Vernunft an! Der Hauptkommissar hat Ihnen deutlich genug gesagt, daß wir nicht scharf darauf sind, in Ihren Nebengeschäften herumzustochern. Wir wollen nur unsere Fragen beantwortet haben.«
»Schweigen ist nicht immer Gold«, sagte Freiberg und sah Guido eindringlich an. »Ihr Schweigen macht Sie verdächtig. Ich will nicht lange drum herumreden. Zu der Zeit, als Sie in Holtorf gewesen sein wollen,
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