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Fehltritt Im Siebengebirge

Titel: Fehltritt Im Siebengebirge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Georg R. Kristan
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drei Raummeter Holz hatte ich in wenigen Minuten aufgeladen. Als ich zurückfuhr, habe ich unterhalb auf dem Parallelweg einen Wanderer im dunklen Anorak gesehen. Der hat aber von meiner Aktion nichts gemerkt.«
    »Waren Sie wirklich allein?«
    »Ja, nur beim Abladen hat Herr Altmann kurz geholfen.«
    »Was hat das Geschäft eingebracht?«
    »Dreihundert Mark.«
    »… und lebenslänglich«, ergänzte Lupus. »Sie waren allein. Klatte war allein auf seinem Trimmkurs. Er hat Sie erkannt. Dann haben Sie Ihre Muskeln spielen lassen – und es gab keinen Zeugen mehr. Außerdem waren Sie einen Rivalen bei Marianne Richter los. – Das paßt doch alles zusammen, selbst wenn der Zufall dabei eine Rolle gespielt haben sollte.«
    Ein Zittern ging durch Guido Siemanns Körper. »Ich habe es geahnt, daß diese Frau nur Unglück bringt. Jetzt ist ihr Liebhaber aus Aachen tot, und ich bin auch erledigt.«
    Freiberg drängte weiter: »Haben Sie mit Marianne Richter wegen Klatte Streit gehabt?«
    Guido zögerte mit der Antwort.
    Freiberg griff zum Telefonhörer. »Wollen Sie lieber, daß ich sie Ihnen gegenüberstelle? Die Dame haben wir gleich hier.«
    »Nein, lassen Sie. Es ist alles hoffnungslos. – Ja, wir haben uns gestritten.«
    »Und Sie haben gedroht, es dem Klatte mal richtig zu zeigen. Dann war die Situation plötzlich da, und Sie waren der Stärkere.«
    Kopfschütteln – Schweigen.
    Lupus fühlte, daß dieser Fall kein tückischer Mord sein konnte. »Mensch, Sie tun mir leid«, wiederholte er. »Los, erzählen Sie, wie es gewesen ist. Vielleicht war es ein Totschlag, vielleicht nur Körperverletzung mit Todesfolge, und Sie haben das Opfer in den See geworfen, als Sie gemerkt haben, was Sie mit Ihren Kräften angerichtet hatten.«
    »Herr Siemann«, fragte Kommissar Freiberg förmlich, »wollen Sie einen Anwalt beiziehen, bevor Sie weiter aussagen?«
    Guido saß zusammengesunken, mit hängenden Schultern auf dem Besucherstuhl und schüttelte immer wieder den Kopf.
    »Nein, ich brauche keinen Anwalt – ich habe nichts zu gestehen. Nur Holz habe ich geklaut. Dafür können Sie mich doch nicht lebenslang hinter Gitter bringen. Dafür können Sie doch nicht mein ganzes Leben zerstören. Was kann ich denn noch anderes tun, als die Wahrheit sagen?«
    »Etwas vielleicht noch: die ganze Wahrheit sagen, die ganze«, ermahnte Freiberg.
    »Ich weiß nicht weiter, ich bin erledigt. Ein paar verbotene Nebengeschäfte würde der alte Herr mir verzeihen, einen Menschen zu töten – niemals.« Guido hob seine starken Hände und sah sie an. »Damit? Niemals würde ich einen Menschen umbringen – niemals!«
    Hauptkommissar Freiberg stand auf und gab seinem Mitarbeiter ein Zeichen. »Herr Siemann, Sie bleiben bitte im Raum. Wir sind gleich zurück. – Fräulein Kuhnert, vielleicht wollen Sie lieber mitkommen?«
    »Nein, ich bleibe hier«, kam die Antwort. Sie hatte keine Angst, mit Guido Siemann allein zu sein.
    Auf dem Gang sagte Lupus leise: »Chef, der Mann kann einem tatsächlich leid tun. Der ist vollkommen erledigt.«
    »Richtig erledigt wäre er erst, wenn wir ihn einsperren würden.«
    »Nun sag bloß, du willst ihn laufenlassen.«
    »Wir haben kein Geständnis und auch nicht den letzten Beweis, daß unsere Theorie stimmt.«
    »Also, wenn das nicht reicht! Tatort, Tatzeit, doppeltes Motiv und die Möglichkeit zur Ausführung der Tat. Wir können doch nicht die Eichhörnchen oder Bussarde befragen, ob sie den Zweikampf beobachtet haben. Was sollen wir denn noch mehr ermitteln? Da gibt es keine Zeugen. Der Knabe wird schon gestehen, wenn er das Gefühl hat, daß ihm die Decke der Gefängniszelle auf den Kopf fällt.«
    »Lupus, wenn es nun doch ein Unfall war, oder wenn es einen Dritten gab? Dann haben wir einen jungen Menschen ruiniert, von der Firma und den Angehörigen ganz abgesehen.«
    »Es tut mir leid, Chef, aber der muß festgenommen werden. Jeder Richter wird uns den Haftbefehl unterschreiben.«
    »Ich weiß, Lupus, ich weiß es. Das läuft glatt, wenn wir den Sachverhalt so präsentieren, wie er sich darstellt. – Aber muß das sein – muß es wirklich sein?«
    »Chef, wir haben auch Amtspflichten!«
    »O ja, wir haben einen Diensteid geleistet. Aber dazwischen liegt noch etwas. Das eigene Gefühl, das Gewissen, oder weiß der Teufel, was das ist.«
    »Deine Skrupel machen dich noch kaputt. Die Polizei kann doch nicht die Last der Gerechtigkeit allein tragen. Ganz egal was wir tun – irgendwer wird immer da sein,

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