feiert Weihnachten
nicht besser aufpasst, liegst du Weihnachten krank im Bett.« Sie war im Gegensatz zu Nele dick in ihre Wintersachen eingemummt. Bestimmt hatte sie einen wichtigen Termin, weil sie ihre große Fototasche umgehängt hatte und gerade in ihre Fellstiefel schlüpfte. Bevor Nele fragen konnte, sagte sie: »Ich muss leider weg, Schatz. Tante Adelheid kocht euch was Feines.«
Sie warf Nele einen Luftkuss zu und hetzte los. »Seid ausnahmsweise mal lieb und streitet nicht, versprochen? Sonst petze ich es dem Weihnachtsmann und dann gibt es keine Geschenke.«
Nele verdrehte die Augen. Sie wusste genau, worauf ihre Mutter anspielte. David und Nele hatten sich ständig in der Wolle und am allermeisten war Barbara Winter davon genervt. Mit David bis Weihnachten nicht streiten stand deshalb ganz oben auf Neles Liste. Aber das ahnte ihre Mutter natürlich nicht, und deshalb sagte sie so alberne Sachen über Weihnachtsmänner, als ob Nele noch ein Baby wäre.
Pech. Dann musste eben jemand anders für Neles erste gute Tat herhalten.
In der Küche roch es bereits sehr verlockend nach Zimt, Schokolade und leicht verbrannten Plätzchen.
»Was gibt es denn heute?«, fragte Nele neugierig.
»Hast du schon großen Hunger, Spatz?«, antwortete Großtante Adelheid mit einer Gegenfrage und benahm sich beinahe so hektisch wie Barbara Winter. »Ich habe total die Zeit übersehen, weil ich bis eben für das Weihnachts-Muffins-Wettbacken geübt habe. Deshalb ist die Erbsensuppe, die dein Vater sich gewünscht hat, noch nicht ganz fertig.«
Nele stieß einen spitzen Schrei aus. »Muffins? Wo?« Sie sah sich suchend um. Nichts aß Nele lieber als Muffins. Besonders die mit Schokoladenfüllung und Zimt. Erbsensuppe dagegen gehörte nicht gerade zu ihren Lieblingsspeisen.
»In meinem Bauch sind die Muffins, wo sonst, Schwesterzwerg?«, tönte David dazwischen. Er hatte bis jetzt stumm auf der Küchenbank herumgelümmelt und in einem Lucky Luke -Comic gelesen. Schwesterzwerg war gerade sein Lieblingswort, weil er Nele damit am schnellsten auf die Palme brachte.
»Und was ist mit mir?«, rief Nele empört. »Warum kriege ich keine Muffins?«
Großtante Adelheid zuckte ein wenig schuldbewusst mit den Achseln. »Dein Bruder hat wirklich schwer geackert heute Morgen. Er hat ganz alleine den Turm freigefegt und ist wie ein Bergsteiger auf die höchsten Zinnen geklettert, um die Sternenkette um den Wetterhahn zu winden. So etwas macht hungrig. Ich muss eh noch weiterüben, ich will den ersten Preis gewinnen.«
Nele schüttelte empört den Kopf. »Ich war dafür den ganzen Vormittag in der Schule. Zur Schule gehen ist auch echte Schwerstarbeit. Das stand letzte Woche sogar in der Zeitung.« Sie stürmte empört aus der Küche.
Das war echt gemein. Die beiden hatten bestimmt jede Menge Weihnachtsspaß gehabt, während sich Nele in der Schule abgerackert hatte. Daran, Nele eine Freude zu machen, hatten sie keinen Wimpernschlag lang gedacht.
Pah! Bei David und Großtante Adelheid hatte sie gerade echt keine Lust, eine gute Tat zu begehen. Mal ehrlich. So schwierig hatte sie sich die Sache nicht vorgestellt.
Zum Glück gab es noch Papa. Er war noch schnell in den Baumarkt gefahren, weil ihm Naturlack für seine Krippenfiguren fehlte. Deshalb war jetzt eine tolle Gelegenheit, seine Werkstatt zu fegen und ein bisschen aufzuräumen.
Schnell besorgte sie sich den großen Besen und den Staubwedel aus dem Schuppen, mit dem Großtante Adelheid kürzlich den Dachboden sauber gemacht hatte, und rannte damit in Papas Werkstatt.
Er hatte mit dem Schnitzen bereits begonnen und die Figuren sahen wirklich allerliebst aus. Am besten gefiel Nele das kleine Lämmchen. Es war genauso winzig wie das Jesukind. Keine Frage: Ihr Papa war ein richtiger Künstler.
Besonders die Schafe und Hunde waren gut gelungen. Einer der Hunde war Sammy wie aus dem Gesicht geschnitten. Mit Feuereifer fing Nele an zu fegen. Das staubte wirklich gewaltig hier. Sie bekam einen gigantischen Hustenanfall.
»Leise rieselt der Staub«, sang Nele kichernd in die graue Staubwolke. Sie freute sich schon auf Papas verblüfftes Gesicht, wenn alles blitzeblank war.
»Nele!« In diesem Augenblick stürmte Herr Winter in seine Werkstatt und riss Nele den Besen aus der Hand. »Bis du verrückt geworden? Meine schönen Figuren!« Anklagend zeigte er mit dem Finger auf die Schafherde. »Die hatte ich gerade frisch lackiert. Jetzt kann ich sie noch einmal abschleifen.«
Krrrrrh! Aus Neles Kehle
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