feiert Weihnachten
Schneeballschlacht vom Fenster aus beobachtet hatte oder ob sie einfach nur weihnachtlich gestimmt war. Jedenfalls ließ sie die Mathestunde mit den neuen schweren Textaufgaben ausfallen und las stattdessen ein paar Kapitel aus einer Weihnachtsgeschichte vor. Sie stammten aus dem berühmten Buch Das fliegende Klassenzimmer und handelten ausgerechnet von einer Schneeballschlacht. Allerdings zankten sich die Kinder, die zusammen in einem Internat wohnten, noch schlimmer als in Neles Klasse. Sie verbrannten im Streit sogar ihre Diktathefte!
Aber noch viel spannender fand Nele, dass ein Junge in der Geschichte so arm war, dass er nicht einmal an Heiligabend zu seinen Eltern reisen konnte. Und Geschenke kriegte er auch nicht.
Ohne dass Nele es verhindern konnte, kullerten ihr plötzlich dicke Tränen über die Wangen. Der arme Junge! Zum Schluss kaufte ihm sein Lehrer eine Fahrkarte und der Junge überraschte seine traurigen Eltern doch noch. Aber darüber musste Nele noch viel doller weinen.
Florian verzog sein Gesicht, als hätte er ganz plötzlich Zahnschmerzen. Oder tat ihm der Junge auch so leid?
Als Frau Kussmund mit dem Vorlesen fertig war, blieb es mucksmäuschenstill in der Klasse. Die Lehrerin holte einen Adventskranz mit roten Kerzen hervor, den sie mitgebracht hatte, und zündete die erste Kerze an.
»Die Weihnachtzeit«, sagte Frau Kussmund, »ist eine gute Gelegenheit, sich zu erinnern, wie lieb man sich hat. Geschenke sind natürlich toll, aber lange nicht so wichtig, wie man manchmal glaubt. Vielleicht könnt ihr einem lieben Menschen ja selber eine Überraschung bereiten, die man nicht kaufen kann.« Und dann holte sie eine prall gefüllte Tüte mit köstlich duftenden Zimtsternen aus ihrer Aktentasche, die sie bis auf den letzten Krümel unter ihren Schülern verteilte.
»Frau Kussmund ist so was von nett«, sagte Nele eine Weile später kauend zu Tanne. »Und recht hat sie auch. Mir tat der Junge in der Geschichte total leid.« Es war kleine Pause und sie teilten sich den allerletzten Zimtstern.
Tanne nickte zustimmend. »Der Arme musste keinen langen Wunschzettel schreiben, er kriegte eh nichts zu Weihnachten.«
Zum Glück hatte Tanne wieder gute Laune, auch wenn Nele sich nicht traute, sie auf ihren eigenen, von Otto verspeisten Wunschzettel anzusprechen.
»Ich glaube, ich tue in den nächsten Wochen sehr viel Gutes«, sagte Nele entschlossen. »Damit ich meine Weihnachtsgeschenke auch verdiene.«
Tanne sah Nele überrascht an. »Im Ernst? Aber was genau willst du denn tun? Doppelt so lange für Mathe lernen, oder was?«
Nele schüttelte heftig den Kopf. »Nee. Dann würde ich mir ja nur selber etwas Gutes tun«, kicherte sie. »Oder was Schlechtes. Ich muss noch überlegen, aber mir fällt sicher was dazu ein. Machst du mit?«
Bevor Tanne antworten konnte, tauchte Basti hinter ihnen auf. Anscheinend hatte er sie belauscht, denn er rief: »He, Tanne, willst du eine gute Tat an mir ausprobieren? Bis zum Heiligabend darfst du meine Matheaufgaben erledigen. Dann bringt dir der liebe Weihnachtsmann bestimmt jede Menge tolle Geschenke!« Er grinste Tanne frech an.
»So weit kommt es noch!«, kreischte Tanne. »Ich bin lieber Knecht Ruprecht!« Sie schnappte sich Neles Holzlineal und hechtete dem flüchtenden Basti über Tische und Stühle hinterher. Tanne war nicht nur gut in Rechnen, sie war auch fit in Sport. Bereits nach dem dritten Tisch hatte sie Basti eingeholt.
Basti griff Lukas’ Lineal, und die zwei fochten einen schnellen und heftigen Linealkampf, bei dem beide Rechenwerkzeuge gleichzeitig kaputtgingen.
»Na toll. Gute Taten gehen aber anders«, sagte Nele genervt und sammelte ihre Linealreste ein.
In der letzten Stunde hatte sie bereits eine ziemlich lange Liste mit guten Taten aufgeschrieben. Zufrieden packte sie ihren Notizblock in ihren Schulrucksack. Je schneller sie loslegte, umso besser.
Das siebte Kapitel
beginnt mit einer überflüssigen Ermahnunggeht mit verspeisten Muffins weiterzeigt, dass gute Taten Schwerstarbeit sindaber zum Glück hat Nele die richtige Einstellung:
Mir doch egal!
Nele konnte es kaum erwarten, bis es endlich zum Unterrichtsende klingelte. Zum Glück war die Straße, die nach Burg Kuckuckstein führte, bereits von einem Schneeschieber freigeräumt worden. Nele rannte die meiste Zeit. Ganz verschwitzt und mit offenem Anorak kam sie auf der Burg an.
»Nele, wo sind denn deine Mütze und der Schal?«, rief ihr Barbara Winter entgegen. »Wenn du
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