Feind der Familie (Rex Corda Nova) (German Edition)
ganz genau auf Störungen im Wirtschaftsprozeß. Die ökonomische Kraft des Reiches war essentielle Vorbedingung für die militärische Stärke, die wiederum für den Expansionsprozeß benötigt wurde. Störungen - wie etwa die Art illegaler Geschäfte, die Sigam Agelon begonnen hatte - wurden auch innerhalb der FAMILIE streng geahndet.
Sigam war sich sicher, nicht entdeckt zu werden. Er hatte jeden Schritt sorgfältig bedacht.
Der Sektorgouverneur erhob sich.
In wenigen Minuten würden die Generäle eintreffen, um den weiteren Verlauf des Bodenkrieges zu besprechen. Agelon konnte sich nicht einmal den Anschein von Schwäche leisten. Bestimmt gab es Spione und Zuträger seines Vaters in den Rängen seiner Untergebenen, die die offiziellen Berichte durch persönliche Einschätzungen zu würzen verstanden. Er würde sich keine Blöße geben, das hatte er sich geschworen. Seinem Vater würde er einen befriedeten und geordneten Sektor übergeben, sich selbst in der Zwischenzeit finanziell gesundstoßen und dann seine Karriere fortsetzen, ebenso wie seine Pläne.
Seine Pläne, die Macht zu ergreifen. Seinen Vater zu stürzen. Wenn er eines in den letzten Wochen gelernt hatte, dann war es, daß der süße Geschmack der Macht alles war, wonach er wirklich begehrte. Hier waren es nur drei Systeme, doch trotz aller Probleme war Sigam Agelon exakt dort, wo er zu diesem Zeitpunkt sein wollte. Hier widersprach ihm niemand. Khara war weit weg. Alles gehorchte seinem Befehl. Angst stand in den Gesichtern, wenn er seinen Unwillen zeigte. Es gab nichts im Universum, was Sigam Agelon mehr erstrebte: Macht, je absoluter, desto besser.
Die eiserne Entschlossenheit, dieses Ziel zu erreichen, stand in seinem Gesicht geschrieben, als die Generäle zur Besprechung eintrafen.
Agelon mußte lächeln, als er sah, wie die hohen Offiziere sich unwillkürlich duckten, als sie ihm in die Augen sahen.
Sigam Agelon war in seinem Element, darin bestand kein Zweifel.
*
Nomar Benilon sah mit Freude, wie Sheeva Laana ihm die Handfesseln abnahm. Unwillkürlich rieb er sich die wunden Gelenke, ehe er die gelösten Fesseln ergriff und abwog. Er lächelte knapp, dann ließ er sie zu Boden fallen.
Sheeva sah ihn forschend an. Die Vorsicht in ihrem Blick und die Tatsache, daß die beiden Wachen ihre Waffen schußbereit hielten, sprachen Bände. Die Fesseln abzunehmen war eine Sache gewesen, ein erster Schritt nach zwei Wochen intensiver Gespräche, die Nomar mit seiner Krankenpflegerin gehabt hatte. Erst kurz darauf hatte der Orathone erfahren, daß Laana nicht nur seine Verletzungen behandelte, sondern auch eine hohe Stellung in der urung’hirischen Widerstandsbewegung inne hatte, die den Orathonen so viel Unbill beibrachte.
Einer der Gründe dafür war schnell offenbar geworden: Aus den gefangenen Orathonen hatten die Urung’hir binnen kürzester Zeit Überläufer rekrutiert, die die Widerstandsbewegung mit technischen und taktischen Daten versorgt hatte.
Nomar hatte dies erst mit großem Unglauben zur Kenntnis genommen, doch es gehörte zu dem Handel, den er mit Sheeva Laana eingegangen war, ein längeres Gespräch unter vier Augen mit einem dieser Überläufer führen zu können. Während Nomar nur vortäuschte, selbst an eine Desertion zu denken, war dies für die Urung’hir offenbar eine wesentliche Hoffnung, denn zu den gefangenen Orathonen gehörten relativ wenige Offiziere - und diese verfügten meist über die besten Hintergrundinformationen.
»Nun, Kommandant Benilon«, sagte Leena mit der sanften, jedoch durchdringenden Stimme, die der Gefangene in den letzten Wochen so gut kennengelernt hatte, »wir werden jetzt unser Versprechen einlösen.«
Sie gab einer der Wachen einen Wink. Der Urung’hir trat beiseite und die Tür des unterirdisch gelegenen Raumes öffnete sich. Herein trat ein massiv gebauter Orathone, dessen Kopffedern aggressiv nach vorne standen. Er trug die Reste einer orathonischen Uniform und Benilon erkannte die Insignien eines Offiziers der Raumflotte. Der Ankömmling musterte Benilon mit scharfen Augen, dann nickte er ihm stumm zu.
»Wir verlassen Sie jetzt«, erklärte Sheeva leise und drückte sich an dem Fels von Mann vorbei, die beiden Wachen mit sich nehmend. Die isolierte Tür schloß sich mit einem satten Schmatzen. Die Orathonen waren allein.
»Nomar Benilon, hm?« sagte der Überläufer neugierig und setzte sich auf einen Stuhl. Das Metallgestänge ächzte unter dem ungewohnten Gewicht.
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