Feind der Familie (Rex Corda Nova) (German Edition)
identifiziert sowie eine gewisse Anzahl an Orathonen - wobei wir davon ausgehen, daß zumindest einige davon getarnte Laktonen gewesen sind.«
Agelon runzelte die Stirn.
»Ich möchte die Aufzeichnungen sehen«, befahl er knapp. Kosta führte ihn zu einem Holographen in dem kleinen Basislager, das sie aufgebaut hatten. Eine Reihe von Offizieren arbeiteten dort noch an aufgestellten Gerätschaften, die sie deaktivieren und einpacken wollten. Ein helles Singen ertönte. Der Raumer des Einsatzkommandos setzte unweit von ihnen auf, um sie für die Jagd nach den versprengten Rebellen aufzunehmen.
Kosta drückte eine Taste. Die Aufzeichnung der Fernbeobachtung begann abzulaufen. Er hatte den Ton abgeschaltet. Agelon konzentrierte sich auf die Darstellung.
Dann zuckte er unwillkürlich zusammen.
»Halt! Zurück!« bellte er.
Kosta fuhr erschreckt zusammen. Der Ton in Agelons Stimme war ihm unbekannt. Es war eine Mischung aus Wut, Enttäuschung und ungläubigem Staunen, ja Entsetzen. Der Kommandant wirkte aufgewühlt, wie aus der Balance gebracht.
Kosta fuhr die Darstellung zurück.
»Zeitlupe!«
Der Offizier schaltete.
»Einzelbild!«
Ein erneuter Knopfdruck. Auf dem Holographen erschien, leicht verwaschen, aber doch gut erkennbar, das Gesicht eines Orathonen.
Kosta räusperte sich. »Wir vermuten, daß dies einer der Überläufer...«
»Schweigen Sie!« herrschte Agelon. Sein Gesicht wirkte mit einem Mal völlig blutleer. Er stierte immer wieder auf das Gesicht des Mannes, schüttelte unmerklich den Kopf, bewegte die Lippen in lautlosem Gemurmel, blickte wieder genauer hin, fuhr sich mit einer Hand über die aufgestellten Kopffedern. Es vergingen fast zwei Minuten, eher er sich offenbar wieder etwas gefaßt hatte. Agelon ließ sich schwer auf einen Plastikstuhl fallen, machte eine wegwischende Handbewegung. Kosta deaktivierte den Holographen.
»Ihr kennt diese Person, Erhabener!« stellte er leise fest.
Agelon nickte.
»Ja, ich kenne ihn und kann es nicht glauben. Nomar. Nomar Benilon. Verschollen während unseres Krieges gegen die Urung’hir und für tot erklärt. Und jetzt sehe ich ihn wieder, einen alten Freund, und er kämpft auf Seiten der Rebellion. Das erklärt so einiges, und doch kann ich es nicht glauben.«
»Vielleicht wurde er gezwungen...«, wandte Kosta vorsichtig ein.
Für einen Augenblick schien es so, als wolle Agelon das auch glauben, doch dann schüttelte der Sohn des Moga den Kopf.
»Nein, nicht Nomar. Zumindest nicht ohne Hilfsmittel. Und mit Drogen oder paramechanischer Beeinflussung wäre er zwar willenlos, aber nicht mehr zu kreativer Planung fähig. Aber erinnern Sie sich an das Gesicht - es strahlte Entschlossenheit aus, Intelligenz... nein, Nomar wurde zu nichts gezwungen, jedenfalls nicht auf irgendeine plumpe Art. Ich kann auch nicht glauben, daß ihn jemand erfolgreich manipulieren konnte. Nein, ich weiß gar nicht, was ich überhaupt noch glauben soll...«
Sigams Äußerungen versanken erneut in einem leisen Gemurmel. Er schien die Gegenwart Kostas gar nicht mehr wahrzunehmen. Sein Blick ging scheinbar ins Leere, die Kopffedern erregt errichtet, doch die Hände ineinander verkrampft. Der für Agelon typische Jähzorn, sein aufbrausendes Temperament, schien plötzlich unter einer Decke dumpfer Ratlosigkeit, ja emotionaler Verzweiflung zu liegen.
Kosta hatte Agelon so noch nie gesehen. Der sonst so herrische und massiv auftretende Anführer wirkte dermaßen erschüttert, als sei etwas in ihm gebrochen. Kosta kannte die Geschichte Benilons nur von Andeutungen aus wenigen Gesprächen, aber er hatte erfahren, daß Nomar einer der wenigen Orathonen gewesen war, die für Sigam mehr als nur nützliche Werkzeuge auf dem Weg seines Aufstieges darstellten. Werkzeuge wie er, Cort Kosta.
Agelons Zustand war echt, nicht gespielt und die erstaunliche Verletzlichkeit, die er in diesem Augenblick zeigte, war für den Offizier selbst so etwas wie ein Schock. Kosta wußte nicht, wie er damit umgehen sollte und ein Blick in die Runde zeigte, daß es den anderen Offizieren ähnlich ging. Es gab peinlich berührte Gesichter, betont unbeteiligt dreinblickende Männer, die sich konzentriert sinnlosen Tätigkeiten hingaben, um sich nur nicht mit der plötzlichen Schwäche ihres Kommandanten auseinander setzen zu müssen. Kosta öffnete den Mund, überlegte eine Äußerung, verwarf sie, blieb hilflos stehen und starrte seinen Vorgesetzten nur an.
Durch den ging schließlich ein Ruck.
Agelon
Weitere Kostenlose Bücher