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Feind in Sicht

Feind in Sicht

Titel: Feind in Sicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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mißachtet würden. Jetzt wußten sie, daß die Flagge zurückkam, und freuten sich. Was mochten sie über den Mann unter dieser Kommandoflagge denken? Einen Mann, der so in seinen inneren Zweifeln und persönlichen Sorgen befangen war, daß er beim nächsten Rückschlag vielleicht zusammenbrach.
    Bolitho blickte auf und sah die steile Bordwand über sich, die scharlachroten Röcke der Seesoldaten an der Einlaßpforte, die im Sonnenlicht blitzenden Bootsmannsmaatenpfeifen.
    Als Allday ans Fallreep heransteuerte, erinnerte er sich plötzlich an das, was Hugh gesagt hatte: ›Sie werden dir überall hin folgen.‹ Aber Männer, die folgen, müssen richtig geführt werden. Es hatte keinen Zweck, Mitleid mit Pelham-Martin zu haben, weil die Aufgabe über seine Kräfte ging. Diese Männer brauchten Führung. Er runzelte die Stirn. Nein, sie hatten einen Anspruch darauf.
    Er kletterte das Fallreep hoch und dachte immer noch an Pelham Martin, selbst als er die Ehrenbezeigungen erwiderte und sich seinen Weg nach achtern zur Hütte bahnte.
    »Käpt’n, Sir!«
    Bolitho öffnete die Augen und starrte noch benommen auf die Karte, die unter seinem Arm lag. Die Hängelampe schaukelte in dem geschlossenen Kartenraum und warf geisterhafte Schatten hierhin und dorthin. Bolitho spürte sofort, daß die Bewegungen des Schiffes zugenommen hatten.
    Allday stand neben dem Tisch und drückte eine riesige Kaffeekanne an sich.
    »Wieviel Uhr haben wir?«
    »Sieben Glas, Käpt’n.« Allday nahm einen Becher vom Bord und goß, vorsichtig die Schiffsbewegungen ausbalancierend, schwarzen Kaffee ein.
    Drei Uhr früh. Bolitho lehnte sich im Stuhl zurück und rieb sich die Augen. Er war fast ununterbrochen an Deck gewesen, seit die Schiffe die Bucht von St. Kruis verlassen und den Kampf mit einem ständig zunehmenden Wind aufgenommen hatten. Dann hatte er für zwei Stunden versucht, etwas zu ruhen, um seine überanstrengten Nerven bis zum ersten Tageslicht wieder etwas zu beruhigen. Er ächzte. Die Mittelwache dauerte noch eine knappe Stunde.
    Allday trat etwas zurück und sah zu, wie er trank. »Meldung von Mr. Inch: Der Wind frischt auf.«
    »Weiterhin von Nordosten?«
    »Aye.« Er goß mehr Kaffee in den Becher.
    »Schön, dafür sollten wir dankbar sein.« Wenn der Wind jetzt räumte*, konnten sie weiter von den noch verborgenen Inseln abhalten. Ohne freien Spielraum mochten sie sonst vom Feind überrascht werden. Und wenn der Wind schralte** oder gar ganz herumsprang, würden sie beim ersten Tageslicht gesichtet werden; dann konnte Lequiller ausreißen oder die Schlacht nach seinen eigenen Bedingungen und mit Übermacht annehmen.
    Er setzte den Becher heftig auf den Tisch. Falls… wenn… Er fing schon an, wie der Kommodore zu denken.
    Allday half ihm in seinen Mantel. »Soll ich den Kommodore wecken, Käpt’n?«
    »Nein.« Er verließ den Kartenraum und stolperte fast über den Kajütsteward, der zusammengekauert auf dem Gang hockte und schlief.
    Er sagte: »Lassen Sie ihm den restlichen Kaffee.« Er warf einen Blick auf die geschlossene Tür der Kajüte, vor der der Ehrenposten im schwachen Laternenlicht wie ein Spielzeugsoldat hin und herschwankte. »Er kann ihn nachher dem Kommodore anbieten.« Er schläft sicher nicht, dachte er. Wahrscheinlich liegt er nur da, starrt auf die Decksbalken über sich und lauscht auf jeden Ton im Schiff. Das Achterdeck lag in völliger Dunkelheit. Die Geräusche von Wind und Wellen sagten ihm augenblicklich, daß die Kräfte dahinter zunahmen.
    Inch tastete sich zu ihm. »Wir müssen wieder Segel kürzen, Sir.«
    Bolitho ging das schrägliegende Deck hoch und hielt eine Hand über das Kompaßgehäuse. Kurs Süd zu West. Er erinnerte sich ihrer verzweifelten Bemühungen, seit sie St. Kruis verlassen hatten. Immer im Kampf mit dem Wind, der sich im Kreise drehte, und die meiste Zeit mit beiden Wachen an Deck. Nun segelten sie also wieder nach Süden, und die Inseln lagen irgendwo an Steuerbord * nach achtern drehte ** mehr von vorn kam voraus. Da sie den Wind jetzt von achtern hatten, würden sie gegenüber einem Gegner, der aus seinem Versteck herauskam, den Vorteil der Luvposition haben. Es mußte aber alles verderben, wenn sie über ihre vorgesehene Position hinaussegelten.
    »Schön, Mr. Inch, lassen Sie ein weiteres Reef einstecken.« Er fragte sich, ob die
Spartan
jetzt wohl schon vor der trügerischen Durchfahrt stand. Ob sein Bruder sich nach so langer Zeit noch erinnern konnte… Doch er besann

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