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Feind in Sicht

Feind in Sicht

Titel: Feind in Sicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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blieb dann auf Bolithos Gesicht haften. »Das könnte aber auch für Sie gelten. Wenn Sie – was ich sehr bezweifle – so lange am Leben bleiben, werden Sie eines Tages entdecken, daß Tapferkeit allein nicht immer genügt. Ich hoffe, daß Sie diesem Tag dann gewachsen sein werden.«
    Bolitho ergriff seinen Hut. »Danke, Sir.«
    Als er die Treppenstufen hinunterging, stand ihm noch immer Pelham-Martin vor Augen, und seine Worte erschienen ihm wie eine Grabinschrift.
    Vielleicht sollte man Pelham-Martin wegen seiner Befehlsbefugnisse eher bemitleiden als respektieren. Im Unterschied zu den anderen Führern zur See war er ungeheuer ängstlich. Es war nicht die Angst zu sterben oder einen Fehler zu machen, doch fürchtete er, zu versagen und seine eigene Unentschlossenheit zu zeigen. Aber das waren Dinge, die Bolitho nur ahnte. Pelham-Martin hatte sicher seine Schwäche schon immer gekannt, aber sich von einem System dennoch nach oben schieben lassen, das er weder verstand noch beherrschte.
    Noch nie in seinem Leben war es wahrscheinlich so darauf angekommen. Aber jetzt, in diesem Augenblick, da die kleine
Nisus
Segel setzte und die Bucht hinter sich ließ, sah er nichts als Schande voraus und – noch schlimmer – die Verachtung jener, denen er bisher nachgeeifert hatte.
    Inch fragte: »Sind Sie soweit, Sir?«
    Bolitho warf einen Blick über die Landungsbrücke und sah Farquhar, der mit seinem Ersten Offizier sprach, während sie auf ihr Boot warteten. Sein Bruder stand etwas abseits, die Arme verschränkt, den Blick auf die weit entfernte Fregatte gerichtet, die unruhig an ihrer Ankertrosse dümpelte. Dann bemerkte Hugh, daß Bolitho ihn beobachtete, und ging ihm langsam entgegen.
    Bolitho wartete, bis Inch und Gossett außer Hörweite waren, und sagte dann wütend: »Du Narr! Beinahe hättest du alles verdorben!«
    »Er hat mich geärgert. Wenn er wüßte, wer ich bin, würde dieser Narr sein Schiff lieber scheitern lassen, als mir das Ruder zu übergeben.« Er lächelte traurig. »Du wirst dich um den Jungen kümmern, wenn mir etwas zustößt, nicht wahr?«
    Bolitho sah ihn einen Augenblick forschend an. »Du hast es gewußt?«
    Er hörte Farquhar schreien: »Bringen Sie das Boot endlich längsseit, verdammt noch mal!« Plötzlich drängte die Zeit, und Bolitho mußte an sich halten, daß er nicht den Arm seines Bruders drückte.
    »Paß’ auf dich auf!«
    Dann drehte er sich um und ging zu den anderen zurück.
    Inch sagte fröhlich: »Der arme alte Selby! Immer von einem Schiff auf das nächste!«
    »Konzentrieren Sie sich lieber darauf, den Kommodore an Bord zu empfangen, Mr. Inch!«
    Bolitho drehte ihm den Rücken zu und beobachtete das nähe rkommende Boot. So sah er nicht Inchs Verwirrung und Gossetts schadenfrohes Grinsen. Sein kurz aufflammender Zorn war nur ein Deckmantel für seine Unsicherheit und für die Tatsache, daß er sich um seinen Bruder sorgte, der vielleicht über ihn und alle ihm bevorstehenden Gefahren lachte. So war es immer zwischen ihnen beiden gewesen. Nicht einmal die Drohung mit Gefängnis und dem Strick für seinen Verrat hatte daran etwas geändert.
    Allday stand im Boot und nahm seinen Hut ab, als die Offiziere hineinkletterten.
    »Wenn Sie uns an Bord abgesetzt haben, fahren Sie bitte gleich zurück, um den Kommodore abzuholen.«
    Allday nickte. »Aye, aye, Käpt’n.« Er gab dem Bugmann ein Zeichen. »Absetzen! – Riemen bei!« Er studierte Bolithos Hinterkopf, als könne er dort dessen Stimmung ablesen. »Rudert an! – Zugleich!«
    Bolitho saß steif im Heck und blickte starr auf die dunkle Silho uette der oberen Rahen seiner
Hyperion.
Er hatte die Blicke bemerkt, die sich die Ruderer bei seinen Anweisungen zugeworfen hatten – wie Vertrauenspersonen, denen eine ungeheure Information zuteil wurde. Wie sahen diese Männer eigentlich ihre Vorgesetzten? fragte er sich. Was ging hinter den verschlossenen Gesichtern beim Vollzug einer Prügelstrafe vor, oder wenn ein Mann zu ihm in seine bequeme Kajüte kam, in diese Welt, die so fern und unberührt war von der Überfüllung in den unteren Decks? Und in der Schlacht, gab es da ein Gefühl menschlichen Verbundenseins und Mitempfindens zu ihm, den sie nur als schemenhafte Gestalt auf dem Achterdeck sahen?
    Er rief sich in Erinnerung, wie diese gleichen Leute reagiert hatten, als Pelham-Martin seine Flagge auf der
Hyperion
niederholen ließ. Da waren sie empört und gekränkt gewesen, als ob sie selber oder ihr Schiff dadurch

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