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Feind in Sicht

Feind in Sicht

Titel: Feind in Sicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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Allday!
Cheney…«
    Doch ihren Namen auszusprechen, war zu viel. Er fiel nach vorn auf den Kartentisch und vergrub das Gesicht in den Armen, unfähig, seine Verzweiflung länger zu verbergen.
    Allday stand Stockstill, überwältigt von Bolithos Kummer und seiner eigene n Unfähigkeit, ihm zu helfen.
    »Ruhen Sie sich aus, Käpt’n. Ich hole Ihnen einen Drink.«
    Er ging zur Tür, die Augen auf Bolithos Rücken gerichtet. »Wir werden wieder in Ordnung kommen, Käpt’n, passen Sie auf.« Dann rannte er aus dem Kartenraum, nur darauf bedacht, irgendwie zu helfen.
    Wieder allein, richtete Bolitho sich vom Tisch auf und lehnte sich gegen das Schott. Dann, ganz vorsichtig, knöpfte er sein Hemd auf der Brust auf, nahm das Medaillon heraus und umschloß es fest mit der Faust.

Eine Privatangelegenheit
    Allday betrat vorsichtig die Kajüte und stellte die große Kaffeekanne auf den Tisch. Das frühe Licht der Morgensonne warf ein helles Muster flimmernder Reflexe auf die Decksbalken. Einen Augenblick konnte er nicht erkennen, wo Bolitho war.
    »Was wollen Sie?«
    Er drehte sich um und sah, daß Bolitho auf der Heckbank unter einem der offenen Fenster lag. Sein Körper war gegen den schweren Rahmen gepreßt, und sein Gesicht erschien wie ein Schattenriß vor dem glitzernden Wasser unten. Sein Hemd war zerknittert und stand bis zur Taille offen. Das schwarze Haar hing ihm in die Stirn, während er teilnahmslos auf die fernen Hügel starrte.
    Allday biß sich auf die Unterlippe. Es war offenbar, daß Bolitho nicht geschlafen hatte. In dem hellen Licht konnte er die Schatten unter seinen Augen sehen und die tiefe Verzweiflung seiner Züge.
    Er antwortete: »Hab’ Ihnen Kaffee gebracht, Käpt’n. Und Petch serviert Ihr Frühstück, sobald Sie soweit sind.« Er ging langsam um den Tisch. »Sie hätten sich ins Bett legen sollen. Sie haben nicht geschlafen, seit…«
    »Lassen Sie mich allein!« In Bolithos Stimme lag weder Ärger noch Ungeduld. »Wenn Sie etwas für mich tun wollen, dann holen Sie mir Brandy.«
    Allday warf einen schnellen Blick zum Tisch. Neben einem zerknüllten Brief lag ein leeres Glas. Von der Karaffe war nichts zu sehen. »Es ist unklug, Käpt’n…« Er stockte, als Bolitho den Kopf wandte. »Lassen Sie mich erst Ihr Essen holen.«
    Bolitho schien ihn nicht zu hören.
    »Erinnern Sie sich, was sie sagte, als wir Plymouth verließen, Allday? Sie sagte, wir sollten auf uns aufpassen.« Er preßte die Schultern gegen den Rahmen. »Doch sie starb.« Er wischte die rebellische Locke mit einer Handbewegung aus der Stirn, und Allday sah dadurch die fürchterliche Narbe über dem Auge, die sich wie ein Brandmal von seiner Haut abhob. Die Geste war ihm wie alles an Bolitho so vertraut, daß ihn Rührung überkam.
    »Mrs. Bolitho hätte bestimmt nicht gewollt, daß Sie sich derart grämen, Käpt’n.« Er kam ein paar Schritte näher. »Als sie an Bord der alten
Hyperion
im Mittelmeer war, bewies sie mehr Mut als mancher unserer Männer. Nie habe ich sie klagen hören, wenn es einmal schlecht um uns stand. Sie wäre sehr unglücklich, Sie so niedergeschlagen zu sehen. Und dann denken Sie an die Zeit in Plymouth, als wir das Schiff ausrüsteten. Das waren schöne Tage.« Allday stützte die Hände auf den Tisch, und seine Worten wurden plötzlich flehend. »Sie müssen versuchen, sich an die guten Zeiten zu erinnern, Käpt’n. Ihr zuliebe, aber auch in Ihrem eigenen Interesse.«
    Ein Seesoldat klopfte an die Kajütentür, und Allday fuhr mit einem gedämpften Fluch herum. »Raus, verdammt noch mal! Ich habe doch angeordnet, daß der Kommandant alleingelassen wird!«
    Das Gesicht des Seesoldaten blieb unbewegt. »Verzeihung, aber ich soll dem Kommandanten melden, daß ein Boot von der
Impulsive
abgesetzt hat.«
    Allday ging zur Tür und warf sie zu. »Ich werde es ihm ausrichten.« Dann wischte er sich die Hände an den Schenkeln ab und überlegte, was er tun solle.
    Ein schneller Blick zur verschlossenen Tür der Schlafkammer sagte ihm, daß der Kommodore noch schlief. Sein Mund verzog sich spöttisch. Oder – was wahrscheinlicher war – noch im Rausch lag. Kapitän Herrick kam an Bord, und er war ein Freund. Und soweit Allday wußte, war er der einzige, der Bolitho jetzt helfen konnte.
    Er machte ein entschlossenes Gesicht: nicht einmal Herrick sollte Bolitho in diesem Zustand zu Gesicht bekommen: in derangierter Uniform und unrasiert, und den Magen mit mehr Brandy gefüllt, als er vertragen konnte.
    Fest

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