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Feind in Sicht

Feind in Sicht

Titel: Feind in Sicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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eher neidisch auf ihn. Denn obwohl Pascoe über die Identität seines Lehrmeisters im unklaren blieb, würde Hugh ihn schnell für sich gewinnen; danach konnte er sich mit dem Gedanken trösten, daß sein Sohn frei von Schande das Leben weiterführen konnte, das er selber so leichtfertig weggeworfen hatte.
    Und was hatte er selbst? Nichts. Seine Finger berührten wie von selber das Medaillon. Nur Erinnerungen, die im Lauf der Jahre gewiß so ungreifbar werden würden wie der Wind und keinen Trost mehr schenkten.
    Mit einem Ruck stand Bolitho auf und griff nach seinem Hut. Hier war ein schlechter Ort zum Alleinsein. An Deck hatte er wenigstens das Schiff und die Aufgabe, alles zu versuchen, was in seiner Macht stand.

Endlich: das Signal
    Wie Bolitho vorausgesehen hatte, wich die erste allgemeine Begeisterung über die Rückkehr den Belastungen knochenbrechender Arbeit, die damit für jeden Mann verbunden war. Als sie aus der friedlichen Zone des Passats in die Roßbreiten gelangten, wurden sie das Opfer von irritierenden und enttäuschenden Verzögerungen. Denn in der Weite des Ozeans drehten die schwachen Winde unaufhörlich, manchmal zweimal während einer Wache, so daß alle ständig damit beschäftigt waren, die Segel neu nach dieser oder jener Seite zu trimmen, um auch nicht eine Mütze voll Wind zu vergeuden.
    Schließlich setzte der Wind ganz aus, und zum ersten Mal seit St. Kruis schaukelte die
Hyperion
flügellahm mit schlaff hängenden Segeln in einer unangenehmen Dünung. Die meisten Leute an Bord waren zunächst dankbar für die Ruhepause. Doch ihre Hoffnung auf Ruhe verflog schnell, als Bolitho Inch befahl, sie anders zu beschäftigen und die Zeit zu nutzen, um die Schlechtwettersegel anzuschlagen, die sie bald brauchen würden.
    Sechzehn Tage nach dem Ankerlichten erwischten sie eine steife Südwestbrise, halsten unter einem bleifarbenen Himmel und nahmen Kurs Ost für den letzten Abschnitt ihrer Fahrt.
    Bolitho wußte, daß ihn viele Leute verfluchten, wenn wieder einmal der Ruf »Alle Mann! Alle Mann an Deck!« erscholl und ihre müden Leiber in die Wanten und auf die schaukelnden Rahen trieb. Ihre Welt bestand nur noch aus heulendem Wind und durchnässendem Gischt, wenn sie hoch über Deck mit aufgerissenen und blutenden Fingern die nasse Leinwand hochholten und mit Fäusten zusammenschlugen, bevor sie die Beschlagzeisinge herumschlingen konnten. Dabei hatten sie zu kämpfen, daß sie nicht den Halt verloren und nach unten in den sicheren Tod stürzten. Doch Bolitho hatte jetzt nur wenig Zeit für ihre Gefühle, wenigstens nicht mehr, als er sich selber in einem Augenblick der Ruhe gönnte.
    Zu jeder anderen Zeit wäre er stolz, ja begeistert über die Art gewesen, wie das alte Schiff und seine Besatzung sich verhielten. Als die Meilen unter dem Kiel dahinrauschten und die Farbe des Ozeans in ein dumpfes Grau wechselte, wußte er, daß ihn viele Kommandanten um die schnelle Reise beneiden würden.
    Wie immer, wenn er aufs Achterdeck kam, stand die
Impulsive
nicht weit hinter ihnen. Ihre dunklen Schlechtwettersegel gaben ihr das Aussehen von Zielstrebigkeit und grimmiger Entschlossenheit. Von der
Hermes
dagegen war nichts mehr zu erblicken. Bolitho hatte sich schon gefragt, ob Fitzmaurice sich vielleicht entschlossen haben mochte, vorsätzlich zurückzufallen und ihn sich selbst zu überlassen. Aber es war fruchtlos und unfair, so etwas überhaupt zu denken. Solche Gedanken entsprangen nur der Ungewißheit und seinem alles andere zurückdrängenden Willen, das Schiff wie nie zuvor anzutreiben.
    Jeden Tag hatte er den Kommodore in seiner Schlafkammer besucht, doch selbst das schien jetzt zwecklos. Pelham-Martin sprach selten mit ihm und starrte aus seiner Koje nur an die Decke, ohne sich die Mühe zu machen, seine Genugtuung über Bolithos nichtssagende Berichte zu verbergen. Trotz Pelham-Martins stummer Feindseligkeit war Bolitho über dessen Aussehen beunruhigt. Er aß wenig, trank zum Ausgleich aber eine Menge Brandy. Er schien niemandem in seiner Nähe zu trauen und hatte sogar Petch mit einer Flut von Drohungen weggejagt, als der Unglückliche versucht hatte, ihm den Schweiß vom Gesicht zu wischen.
    Seltsamerweise hatte der Kommodore jedoch nach Sergeant Munro verlangt, einem älteren Seesoldaten, der vor seiner Dienstzeit einmal Diener in einem Gasthof gewesen war und etwas vom Umgang mit Höhergestellten verstand. Bolitho hatte allerdings den Verdacht, daß der Kommodore Munro mehr als

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