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Feind in Sicht

Feind in Sicht

Titel: Feind in Sicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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wütend geknurrt: »Ich werde allein fertig, verdammt noch mal!« Es war vielleicht der offenkundige Mangel an Vertrauen seines Bootsführers gewesen, weshalb er den weiten Abstand bis zur Bordwand mit einem Sprung hatte überwinden können, und den angebotenen Bootsmannsstuhl abgelehnt hatte. Das wäre viel sicherer gewesen, aber Bolitho war es immer unwürdig erschienen, wenn Kapitäne strampelnd an Bord gehievt wurden, wobei Matrosen so eifrig mit Sicherungsleinen hantierten, als ob sie ein Stück Frachtgut verluden. Doch diesmal war es sehr knapp gewesen. Sein Säbel hatte sich zwischen seinen Beinen verklemmt, und einen Augenblick, als das Boot unter ihm wegsank, hatte er das Wasser an der Bordwand aufwirbeln sehen, das ihn fortzuschwemmen drohte, und hatte Alldays Alarmruf gehört. Doch durchnäßt und wütend gelang es Bolitho, die sichere Schanzpforte zu erreichen, und als die Pfeifen zu seiner Begrüßung gellten und das Seitenkommando stramm stand, musterte er schnell ihre hölzernen Gesichter in der Erwartung, Spott oder Enttäuschung zu bemerken, daß er nicht tatsächlich gefallen war, wenn auch nur, um den Leuten in den unteren Decks ein willkommenes Thema zum Klatsch zu bieten.
    Winstanley geleitete ihn zum Achterdeck. Offenbar war er bemüht, seine dröhnende Stimme zu dämpfen. Er war ein Riese von Mann, gelenkig und äußerlich wenig anziehend, machte aber schon im ersten Augenblick den Eindruck eines sehr fähigen Seemannes. Sein Gesicht war von unzähligen Reisen gegerbt und verwittert, doch die zahllosen Krähenfüße, die seine kleinen, blinzelnden Augen umrahmten, ließen auch seinen gut entwickelten, gesunden Humor erkennen.
    Der Kommandant eines Flaggschiffs, auch wenn es nur das eines gewöhnlichen Kommodore war, brauchte das alles und mehr, dachte Bolitho grimmig, als er sich die Leiter hinaufzwängte und den Schutz der Kampanje erreichte.
    Winstanley sagte mit rauher Stimme: »Ich habe mir Ihr Schiff durchs Glas angesehen. Hat sich mächtig verändert, seit ich es das letztemal sah. Sieht aus wie neu.« Er blickte zu dem breiten Stander des Kommodore hinauf, der im Wind steif an der Mastspitze stand.
    »Die
Vectis
wird jetzt nach Plymouth segeln, nachdem Sie gekommen sind, um sie abzulösen. Und danach bin ich an der Reihe.« Er packte Bolitho am Arm, als sie sich der Admiralskajüte näherten.
    »Nach mir sind Sie der dienstälteste Kommandant, darum zweifle ich nicht, daß die
Hyperion
zu gegebener Zeit seinen Stander führen wird.«
    Er mußte die Frage auf Bolithos Gesicht bemerkt haben, denn er fügte schnell hinzu: »Ich spreche später mit Ihnen. Pelham-Martin ist kein Mann, der warten kann.«
    Er öffnete die Tür, und Bolitho folgte ihm in die Kajüte. Er hatte seinen Hut unter den Arm geklemmt und war sich der nassen Fußspuren bewußt, die er auf dem dicken, hellen Teppich hinterließ, als er auf den mit Papieren dichtbedeckten Schreibtisch zuging, der auf der einen Seite bei den Heckfenstern stand.
    Der Kommodore saß bequem in einem hochlehnigen Sessel, anscheinend unberührt von dem langsamen, Übelkeit erregenden Schwanken um ihn herum. Er war unvorstellbar breit, doch als er langsam aufstand, empfand Bolitho einen gewissen Schock, denn er entdeckte, daß Pelham-Martin ungewöhnlich klein und stehend kaum größer als im Sitzen war. Seine gesamte Körpermasse schien sich in die Breite zu erstrecken, wie bei Tomlin, dem Bootsmann der
Hyperion,
aber da endete auch schon jede Ähnlichkeit. Er hatte ein rundes, auffallend blasses Gesicht, und sein blondes Haar war nach der neuesten Mode kurz geschnitten. Das mochte bei den jüngeren Offizieren der Marine angemessen sein, doch es ließ den Kopf des Kommodore über seinem breiten, massigen Körper noch kleiner erscheinen.
    »Willkommen, Kapitän.« Seine Stimme klang weich, sogar sanft.
    »Sie müssen schnelle Fahrt gemacht haben.« Seine Blicke musterten ruhig Bolithos durchnäßte Erscheinung, aber er machte keine Bemerkung darüber. Dann deutete er auf einige Sessel und einen schwankenden, silbernen Weinbehälter. »Einen Drink vielleicht?«
    Hinter seinen massigen Schultern deutete Winstanley ein Kopfschütteln an, und Bolitho erwiderte: »Nein danke, Sir. Im Augenblick nicht.«
    Er bemerkte Winstanleys Erleichterung und sah, daß Pelham Martin lächelte. Er war Winstanley für seine Warnung dankbar, doch gleichzeitig reizte es ihn, daß der Kommodore ihn aus unerfindlichen Gründen einem privaten Test unterworfen

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