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Feind in Sicht

Feind in Sicht

Titel: Feind in Sicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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waren sie ein sichtbarer Teil der Welt geworden, in die sie freiwillig oder gezwungen eingetreten waren.
    Rücken und Schultern der Matrosen waren sonnengebräunt, wenn auch manche schlimme Blasen von der Arbeit in der unbarmherzigen Sonne aufwiesen. Bolitho war dankbar, daß nichts Schlimmeres als Blasen sie zeichnete. Bei einer neuen Besatzung hätten unter diesen Umständen die Rücken vieler Männer von den grausamen Narben der neunschwänzigen Katze entstellt sein können. Neben sich hörte er schwere Schritte, und als er sich umdrehte, sah er den Kommodore, der auf das Hauptdeck hinabblickte. Seine Augen waren halb verdeckt, weil er gegen die untergehende Sonne blinzelte.
    Bolitho sagte: »Wenn der Wind nicht nachläßt, können wir morgen früh Anker werfen. Auf der Ostseite der Bucht befinden sich breite Riffe, deshalb müssen wir von Süden her einlaufen, um ihnen auszuweichen.«
    Pelham-Martin antwortete nicht sofort. Er war ruhiger und entspannter, als Bolitho ihn je gesehen hatte, und schien guter Laune zu sein.
    Plötzlich sagte er: »Seit einiger Zeit denke ich, daß dieser ganze Aufwand womöglich völlig ungerechtfertigt ist, Bolitho.« Er nickte gewichtig. »Ja, ich habe kürzlich sehr viel nachgedacht.«
    Bolitho hielt die Lippen zusammengepreßt. Pelham-Martin hatte während der Überfahrt mehr Zeit in seiner Koje als an Deck verbracht, ob nun nachdenkend oder nicht, Bolitho hatte jedenfalls oft sein Schnarchen durch die dünne Trennwand zum Kartenraum gehört.
    Pelham-Martin fuhr fort: »Lequillers Auftrag kann lediglich ein Ablenkungsmanöver sein. Um mehr Schiffe von der Blockade fortzulocken, von Oussant und Lorient, damit die ganze Flotte ausbrechen und in den Kanal einlaufen kann.« Er sah Bolitho vergnügt an. »Das wäre eine schöne Ohrfeige für Sir Manley, wie? Die Enttäuschung könnte er nie verwinden.«
    Bolitho hob die Schultern. »Ich halte es für unwahrscheinlich, Sir.«
    Das Lächeln verschwand. »Ach, Sie sehen die Dinge nie richtig.
    Dazu braucht man Phantasie, Bolitho. Phantasie und das Wissen, wie der Verstand des Menschen funktioniert.«
    »Jawohl, Sir.«
    Pelham-Martin funkelte ihn an. »Wenn ich auf Sie gehört hätte, wären wir inzwischen in Gott weiß was verwickelt worden.«
    »An Deck!
Abdiel
setzt zur Wende an, Sir.«
    Pelham-Martin bellte: »Wenn er um Erlaubnis bittet, noch heute abend in den Hafen einzulaufen, teilen Sie ihm mit: abgelehnt!« Mit schweren Schritten ging er auf den Niedergang zu. »Wir werden gemeinsam einlaufen, und meine Flagge wird an der Spitze sein.« Über die Schulter fügte er gereizt hinzu: »Fregattenkapitäne! Verdammte junge Schnösel würde ich sie nennen.«
    Bolitho lächelte grimmig. Kapitän Pring von der
Abdiel
konnte gerade noch trotz des schwindenden Tageslichts einen Ankerplatz erreichen. Wenn die Vorräte an Verpflegung und Wasser schon auf der
Hyperion
gering waren, dann mußten seine fast völlig erschöpft sein. Und er mußte wissen, daß der Zweidecker nach dem Ankern erst einmal seinen eigenen Bedarf decken würde. Ohne Mühe konnte Bolitho sich an Gelegenheiten erinnern, als er mit einer Fregatte von zweiunddreißig Geschützen untätig vor dem Hafen hatte warten müssen, während drei ankernde Linienschiffe die lokalen Händler und Lieferanten leergekauft hatten, ehe er seinen Bedarf aus den spärlichen Resten decken durfte.
    Midshipman Gascoigne war bereits in die Besanwanten aufgeentert und hatte sein Glas auf die ferne Fregatte gerichtet. Als sie anmutig durch den Wind drehte, fing ihre Takelage die letzten Sonnenstrahlen auf, so daß die geblähten Rahsegel wie rosa Muscheln schimmerten.
    Manche der Matrosen auf dem Achterdeck hatten die letzten Worte des Kommodore gehört und grinsten, als die Signalflaggen an der Gaffel der
Abdiel
auswehten.
    Ein alter Stückführer, dessen Zopf bis zur Hüfte reichte, brummte: »Geschieht ihnen recht, finde ich. Die sollen sich Zeit lassen und uns die erste Chance bei den braunen Schönen geben.«
    »Abdiel
an
Hyperion:
Geschützfeuer in West zu Nord!« Gascoignes Stimme erreichte viele der Männer auf den Gangways, und ihr überraschtes Murmeln ließ den Kommodore oben am Niedergang innehalten, als ob er vom Schlag getroffen wäre.
    Bolitho befahl knapp: »Bestätigen!« Pelham-Martin rief er zu: »Das muß ein Angriff auf den Hafen sein, Sir.«
    »
Abdiel
bittet um Erlaubnis, mehr Segel zu setzen, Sir.« Gascoignes Blicke zuckten zwischen seinem Kommandanten und der gewichtigen

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