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Feind in Sicht

Feind in Sicht

Titel: Feind in Sicht Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Kent
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haben.«
    »Mehrmals, Sir.« Bolitho sah ihn kalt an. »Aber ich erinnere mich nicht daran, daß es mir gutgetan hätte.«
    Pelham-Martin zuckte mit den Schultern und erhob sich. »Dem sei, wie es mag. Jetzt werde ich mich eine Weile hinlegen. Ich habe über vieles nachzudenken.«
    Bolitho blickte ihm nach, verärgert über sich selbst, weil er seine Sorge gezeigt hatte, und über Pelham-Martins Mangel an Verständnis.
    Als Bolitho später in dem kleinen Kartenraum saß und in seinem Mittagsmahl stocherte, versuchte er, sich auf die französischen Schiffe zu konzentrieren, zu überdenken, was er aus des Kommodore kurzem Anfall von Vertraulichkeit erraten konnte, und sich dann in die Lage des feindlichen Befehlshabers zu versetzen.
    Es klopfte, und er hörte den Wachtposten der Marinesoldaten rufen: »Midshipman der Wache, Sir.«
    »Herein.« Ohne sich umzudrehen, wußte Bolitho, daß es Pascoe war. In der kleinen Kabine konnte er sein schnelles Atmen hören und nahm, als er sprach, den Schmerz in seiner Stimme wahr.
    »Mr. Roths Respekt, Sir, und ob er mit den Neunpfündern auf dem Achterdeck exerzieren darf?«
    Bolitho drehte sich um und betrachtete den Jungen ernst. Sechs Schläge mit dem Rohrstock des Bootsmanns waren immer schwer zu ertragen. Tomlins Arm war wie ein Baumast, und Pascoes schlanker Körper bestand mehr aus Knochen denn aus Fleisch. Und obwohl Bolitho es besser gewußt hatte, war er nicht in der Lage gewesen, sich von dem Skylight fernzuhalten, als die kurze Bestrafung vollzogen wurde; bei jedem zischenden Schlag hatte er unwillkürlich mit den Zähnen geknirscht und doch Stolz empfunden, als nicht ein einziger Schmerzensschrei oder Protestruf Pascoes zu hören gewesen war.
    Jetzt sah er blaß aus und kniff die Lippen zusammen, und als ihre Blicke sich über dem Kartentisch begegneten, konnte Bolitho Pascoes Schmerzen fast wie seine eigenen fühlen.
    Als Kommandant hatte er sich von seinen Offizieren fernzuhalten, aber es wurde von ihm erwartet, daß er alles bemerkte und alles über sie wußte. Sie mußten ihm vertrauen und ihm folgen, aber er sollte sich in keiner Weise einmischen, wenn es um Fragen der Disziplin ging. Falls nicht… Die Worte klangen wie ein Vorwurf in ihm nach.
    »Sie müssen verstehen, Mr. Pascoe, daß Disziplin auf einem Kriegsschiff von allergrößter Bedeutung ist. Ohne sie gibt es keine Ordnung und Schlagkraft, wenn es wirklich darauf ankommt. Noch stehen Sie am Fuß einer hohen, gefährlichen Leiter. Eines Tages, vielleicht früher als erwartet, werden Sie an der Reihe sein, Strafen zu verhängen, vielleicht sogar über das Leben eines Mannes zu entscheiden.«
    Pascoe schwieg, den Blick auf Bolithos Mund gerichtet.
    »Mr. Stepkyne hatte recht. Geschützexerzieren ist zwar ein Wettkampf, aber kein Spiel. Das Überleben dieses Schiffes und jedes einzelnen an Bord hängt von seiner Kampfkraft ab. Sie können ein Schiff von Plymouth bis ans Ende der Welt führen, und manche mögen dann sagen, Sie hätten Ihre Sache gut gemacht. Doch so lange Sie es nicht neben ein feindliches Schiff gelegt haben und die Kanonen sprechen lassen, wissen Sie nicht, wie schmal der Grat zwischen Erfolg und Untergang ist.«
    Pascoe erwiderte leise: »Er hat gesagt, mein Vater wäre ein Verräter und Rebell, und er würde keinen Widerspruch von einem Bastard dulden.« Sein Mund bebte, Tränen des Zorns traten ihm in die Augen. »Ich – ich habe erwidert, daß mein Vater ein Offizier des Königs war, aber – aber er hat mich nur ausgelacht.« Er schlug die Augen nieder. »Da nannte ich ihn einen Lügner.«
    Bolitho packte die Tischkante. Es war eingetreten, und er hatte selbst schuld. Er hätte damit rechnen müssen, daran denken sollen, daß auch Stepkyne aus Falmouth stammte und ganz bestimmt von seinem Bruder gehört hatte. Aber sein Wissen zu nutzen, um einen Untergebenen zu demütigen, der zu jung und unerfahren war, um die Bedeutung des Exerzierens zu erkennen, das war jämmerlich.
    Langsam sagte er: »Sie haben Ihre Bestrafung tapfer hingenommen, Mr. Pascoe.«
    »Darf ich etwas fragen, Sir?« Pascoe sah ihn wieder an, sein Gesicht bestand nur aus Augen. »Stimmt das, was er gesagt hat?«
    Bolitho stand auf und ging zu den Regalen mit zusammengerollten Seekarten. »Nur teilweise.« Er hörte den Jungen hinter sich aufschluchzen und fügte hinzu: »Hugh hatte seine Gründe dafür, daß er so gehandelt hat, aber eines kann ich Ihnen versichern: Er war ein tapferer Mann. Einer, auf den Sie stolz

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