Feind
anderes als dies.«
Sein Gegenüber nickte mit einem angedeuteten Lächeln, trat ihm aus
dem Weg und zeigte einladend auf den Eingang der Ritterhalle.
Helions Augen brauchten einige Zeit, um sich an die Dunkelheit im
Innern zu gewöhnen. Er blieb stehen, als er den schweren Vorhang hinter sich
gelassen hatte, der den kurzen, aus beinahe mannshohen Quadern gefügten Gang
von der eigentlichen Halle trennte. Hier brannten nur wenige Kerzen hinter
rotem Glas in Wandnischen. Ihr Licht verlor sich schnell in der Weite des
Saals. Helion rief sich die Abmessungen des Gebäudes ins Gedächtnis. Die Front
war etwa zwanzig Schritt breit, die Seiten wenigstens doppelt so lang. Es war
nicht besonders hoch, fünf Schritt mochten den Giebel vom Boden trennen, drei
Lagen der großen Steinblöcke, aus denen die Außenwand gefügt war. Das Innere
hatte Helion noch nie betreten.
Er hörte die anderen Paladine, bevor er sie sah. Ihre leichten
Bewegungen ließen das Metall der Rüstungen klicken. Sie konnten nicht weit
entfernt sein, drei oder vier Schritt vor ihm, sowohl rechts als auch links.
Niemand sprach.
Zuerst sah Helion ein schwaches rotes Funkeln. Er fixierte den Blick
darauf, und nach einer Weile erkannte er den Rubin im Knauf eines Schwerts, das
sein Besitzer mit der Klinge nach unten vor sich hielt, während er selbst auf
dem aus Holz gefügten Boden kniete. Nun sah Helion auch das Schimmern des
Silbers an Rüstung und Waffe.
Da er jetzt wusste, wonach er Ausschau halten musste, entdeckte er
zwei weitere Paladine. Alle hatten die gleiche Haltung eingenommen. Hier war
der Lärm der Straße nur als Summen zu vernehmen, nicht lauter als eine Fliege
in einem Schlafzimmer, unwert weiterer Beachtung. Fühlten diese Kameraden
genauso wie er?
Helion nahm sich vor, eine Weile abzuwarten, bis er das endgültige
Urteil über den Orden fällte. An diesem Tag hatte er es ständig revidieren
müssen. Die Dekadenz der Mondschwerter war offensichtlich, aber hatte Meister
Treaton nicht stets gelehrt, dass nur Narren der Oberfläche glaubten? Narron
hatte gut gekämpft, und die Paladine, die hier knieten, ließen sich
offensichtlich ebenso wenig von Laster und Verweichlichung korrumpieren wie die
drei Veteranen, die draußen Wache standen. Helion wusste wenig von der
Beschaffenheit der Mondschwerter. Er war zu Treaton gekommen, weil er die alten
Legenden über sie liebte. Ihre Gegenwart war ihm unbekannt, er hätte nicht
damit gerechnet, in einer solchen Nacht einen Ort wie diesen zu finden.
Er zog sein Schwert, schritt ohne Hast nach links, kniete nieder und
hockte sich auf die Fersen. Die Leichtigkeit, mit der sie diesen
Bewegungsablauf zuließ, bewies, wie gut sich die Rüstung seinem Körper
angepasst hatte. Er hielt das Schwert so, wie er es bei den anderen beobachtet
hatte, und sah auf das Licht, das sich in dem roten Edelstein brach. Jetzt, wo
sich seine Augen an die Dämmerung gewöhnt hatten, erkannte er etwas mehr von
der Halle. Zwar war die Decke zu hoch, als dass die Helligkeit sie erreicht
hätte, aber um die Nischen herum beschienen die Kerzen die Wand ausreichend, um
die Waffen sichtbar zu machen, die dort in ihren Halterungen warteten. Es waren
keine prunkvollen Stücke, wie man sie manchmal in den Straßen sah. Einige waren
vom häufigen Gebrauch verbogen.
Helion fühlte, wie alle Aufregung seinen Geist verließ und die Ruhe
übrig blieb wie fester Boden an einem Strand, wenn das Meerwasser abfloss. Er
genoss die Schönheit des Moments. Beim Gedanken an Schönheit tauchte Ajinas
blondes Haar aus seiner Erinnerung auf, und er ließ es zu. Er dachte an ihre
Saphiraugen, an ihr Lächeln, die Wohlgestalt ihres Gesichts und war sich mit
einem Mal sicher, dass seine sicherlich anstehenden Besuche im Tempel die
künftigen Monate in Akene durchaus erträglich machen würden. Er bezweifelte,
dass die neuen Ritter dieser Nacht, die sich in den lauten Trubel stürzten,
tiefere Befriedigung aus diesen Stunden zögen als er. Er war das, was er immer
hatte sein sollen, ein Mondschwert in seiner heiligen Rüstung, mit einem
Silberschwert, geweiht und gepanzert, um gegen die Schatten zu kämpfen. Die
gesamte Vergangenheit seines Lebens vollendete sich in diesem Augenblick, die
Zukunft war ungewiss und unwichtig. Er war glücklich.
Die lauten Geräusche eines Paladins, der ohne Rücksicht auf die
Stille des Ortes in die Halle marschierte, rissen ihn aus seinen Betrachtungen.
Helion fragte sich, wie der Rüpel an den Wachen
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