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Feind

Feind

Titel: Feind Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Robert Corvus
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der vergangenen Tage war ihnen gleich, ob sie lebten oder starben.
Für ihre Gemeinde galt das nicht. Immer wieder übertönten Schluchzen und
hysterisches Schreien die wirbelnden Trommeln.
    Erst den dritten Schluck verabreichte Lióla den Opfern selbst. Sie
spürte einen leichten Widerstand, als sie Pnemajas Kopf in den Nacken zog,
sodass der Mund weit genug aufstand und die rauchige Substanz ohne Hindernis in
die Kehle laufen konnte. Die beiden anderen folgten Liólas Drängen willenlos.
    Sie gab die Amphore dem Seelenbrecher zurück, der sie sorgfältig
verschloss. Mit herrischer Geste brachte sie die Trommeln zum Schweigen. Sie
trat zur Seite, um den Blick auf die Opfer freizugeben. Jetzt musste man nur
noch abwarten.
    Allzu lange dauerte es nicht. Zuerst brachen die Knie des Mannes
ein. Dunkler Schaum trat vor seinen Mund, als er am Boden zuckend sein Leben
aufgab. Schon jetzt mehrten sich die Schreie in der Menge, und sie steigerten
sich noch weiter, als die Priesterin seinem Beispiel folgte, aber Pnemaja
gefiel Lióla noch besser. Im letzten Augenblick, als schon alles verloren war,
kämpfte sie noch einmal gegen den Tod an, der längst Besitz von ihrem Körper
ergriffen hatte. Sie wand sich so heftig, dass sie die heiligen Gewänder über
ihrer Brust zerriss. Dann lag auch sie still. Eine Leiche wie die anderen
beiden. Ein Diener stach jeder von ihnen seinen Dolch in die Fußsohlen, um zu
beweisen, dass sie nichts mehr spürten.
    Avin musste nah an Lióla herantreten, damit sie ihn bemerkte und
ihren verträumten Blick von den Toten ab- und dem Kästchen zuwandte, das er ihr
aufgeklappt entgegenhielt. Drei schwarze Nacktschnecken lagen darin auf Samt
gebettet. Vielleicht hoffte er darauf, dass sie ihm eine überließe, aber das
sparte Lióla für sein nächstes Mal auf. Sie nahm die sich träge windenden,
fingergroßen Körper heraus und schritt würdevoll zu den Leichen. Einer nach der
anderen setzte sie ihnen eine Schnecke auf die Oberlippe. Kaum in Berührung mit
dem erkaltenden Leichenfleisch, erwachte die dunkle Magie der Tiere. Leider
waren die Menschen zu weit entfernt, um erkennen zu können, wie sich die
Schnecken ihren Weg durch die Nasen in die Opfer hinein suchten. Lióla wusste,
dass die unheiligen Tiere jetzt eine erstaunliche Schnelligkeit entwickelten,
auf ihrem Weg durch die Kehle in die Brust, wo sie sich mit scharfen Zähnen bis
ins Herz bissen.
    Die wilden Zuckungen, die daraufhin einsetzten, musste jeder sehen.
Es war, als tanzten die Leichen ekstatisch zum Geisterklang der inzwischen
verstummten Trommeln. Auch jetzt fand Lióla an Pnemaja den größten Gefallen.
Während sich die anderen beiden auf dem Boden hin und her warfen, stand sie
auf, stampfte und sprang umher. Flocken von Schaum flogen von ihrem Mund wie
bei einem überhitzten Pferd.
    Dann setzte die Verwandlung ein. In der Stille war unüberhörbar, wie
Muskeln und Sehnen sangen, als sich die Knochen in die Länge schoben, vor allem
an den Armen. Unter der Haut verschmorten Fleisch und Fett. Dunkler Qualm drang
nun anstatt des Schaums aus den Mündern, die sich knackend verbreiterten, zu
Fängen wurden. Die Zähne wuchsen in die Länge, bogen sich dabei in verschiedene
Richtungen, bildeten Spitzen aus, die geeignet waren, totes Fleisch vom Aas zu
lösen. Auch die Wirbel verformten sich, bogen die Rücken nach vorn, bis sich
die typischen Buckel geformt hatten.
    Bei Pnemaja, die sich am heftigsten gewehrt hatte, ging die
Umwandlung am schnellsten. Ihr Heulen durchschnitt schon die Nacht, als bei den
anderen noch Hände und Füße anschwollen, um Pranken und Klauen herauszubilden.
    Die priesterlichen Gewänder hatten dieser Gewalt nichts
entgegenzusetzen. Die Kraft der Verwandlung zwang die Nähte auseinander. Das
Reißen des Stoffs begleitete das Knirschen der Knochen und das Heulen der
jungen Ghoule.
    Dann war es geschehen. Geistlos starrten die neu geschaffenen
Untoten die Menge an. Das war immer ein spannender Moment, jede Gemeinde
reagierte anders auf die Verwandlung ihrer Priester in willenlose Diener der
Schattenherren. Hier waren es stumme Tränen, mit denen die Menschen ihr neues
Leben begrüßten. Andernorts gab es Schreie der Verzweiflung. Sehr selten kam es
auch zu einer kleinen Rebellion, die niedergeschlagen werden musste.
    Das stille Fügen gefiel Lióla am besten. Lächelnd betrachtete sie
Pnemaja, deren Vorstellung sicher dazu beigetragen hatte, dass der heutige
Abend so befriedigend verlaufen war. Ihr Haar war

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