Feindberührung - Kriminalroman
Leichnam mit.«
Mirwais übersetzte, Omeed sah Heinrich dankbar an, er schluchzte nur noch stoßweise.
Hauptfeldwebel Peeters war mit dem Bolzenschneider da.
Er kniete neben Omeed, setzte den Schneider an das Kettenglied, dass die Manschette um Omeeds Fuß verschloss, und knackte sie auf. Dann bog er von Hand die Manschette etwas auseinander und streifte sie vorsichtig vom Fuß des Jungen. Er hatte schwere Abschürfungen, aber das konnte Frau Doc ratzfatz verarzten. Das war gar nichts.
Der Hägglund blieb nicht weit von dem Fuchs der EODs stehen, Frau Doc, der SanFeldwebel und ein Stabsgefreiter stiegen aus. Heinrich ging zu ihnen rüber.
» Also, den Jungen schaut ihr euch ja selber an, eine Frage: Könnt ihr im Anhänger den toten Vater transportieren?«
» Klar«, sagte die Oberstabsärztin und drehte sich zu ihrem Stabsgefreiten um. » Mettler, nehmen Sie einen Bodybag raus, schnappen Sie sich den Kameraden Werbel vom EOD-Team, und bergen Sie den Leichnam.«
» Jawohl, wird gemacht.«
» Wollt ihr rüberkommen, oder sollen wir euch den Jungen bringen?«
» Ach, wenn das ginge, dann bräuchten wir nicht so viel auszuräumen.«
» Kein Ding.«
Heinrich drehte sich um und ging zurück.
» Mirwais, sag Omeed, dass wir ihn zur Ärztin rüberbringen und die zwei Leute da mit dem Sack seinen Vater mitnehmen.«
Werbel und Mettler waren auch schon da.
» Ja, ist gut, Oberer Leutnant.« Mirwais lachte breit.
Rems hob die Hand.
» Ich würde den Jungen gern rübertragen.«
» Na klar, gute Idee.«
Mirwais erklärte Omeed das Vorhaben, der nickte. Rems setzte sich einen Moment zu dem Jungen auf die Kiste.
Werbel und Mettler knieten neben dem Leichnam und falteten den Bodybag auseinander. Mettler öffnete den Reißverschluss, dann ging er zu den Füßen des Mannes, Werbel fasste unter die Schultern.
Heinrich winkte Mirwais, der kam rüber, und sie machten sich auf den Weg zum Dingo.
Rems stand auf und hob den Jungen hoch.
Mettler zählte hinter ihnen » Eins, zwei, drei …«
Der Knall war ohrenbetäubend.
Heinrich lag im Staub. Geräusche drangen wie durch Wasser.
Das Bild wurde schwarz.
20
T herese konnte nicht schlafen, zu viel ging ihr durch den Kopf, drehte sich dort im Kreis, verschwand in einer unbeleuchteten Ecke und trat plötzlich aus einer anderen wieder hervor.
Es war ein schöner Tag gewesen.
Wie schon letzten Samstag, hatte sie sich nach dem Joggen und einem langen, sehr langen Frühstück mit Martina in den » Agrippa-Thermen« getroffen. Schwitzen, dampfen, dösen. Eiskalte Duschen, blubbernd massierender Whirlpool.
Danach waren sie zu einem Thai gegangen, den Therese noch nicht kannte. Sehr stylisch eingerichtet, aus der Küche zogen bei jeder Bewegung der Schwingtür köstliche Dunstschwaden durch das Lokal. Scharf gebratene aromatische Gemüse mit Ingwer und Zitronengras, frischer Fisch, duftiger Reis, dazu hatten sie eine Flasche kühlen Gewürztraminer getrunken.
Vor dem Tanzen besuchten sie noch eine neue Bar, die erstens sehr gute Cocktails anbot und zweitens zu ihrer Überraschung über eine kleine Tanzfläche verfügte. Dort waren sie hängen geblieben bis halb drei, als es zu anstrengend wurde, sich die Männer vom Leib zu halten. Da Martina in der Nähe wohnte, schwankten sie Arm in Arm dorthin.
Im Flur hatten sie sich lange geküsst, und Therese war es gewesen, als ob sie schwebte. In ihrem Bauch hatte ein Sturm aus kitzelnden, warmen Wirbeln getobt.
Dass die praktisch-sportliche und an trockenen Fakten interessierte Spurenspezialistin ganz weich und sinnlich werden konnte, hatte Therese in den ersten Augenblicken mehr überrascht als ihre eigene Bereitschaft, sich auf dieses Abenteuer einzulassen. Dabei hatten Frauen in Thereses Fantasie bisher allenfalls eine sehr diffuse Rolle gespielt, wie eine Hintergrundmusik zum eigentlichen Geschehen. Es war ihr niemals ernsthaft in den Sinn gekommen, mit einer Frau ins Bett zu gehen.
War es dem Trauma geschuldet? Ihrem langen Alleinsein?
Dass Martina lesbisch war, wusste die ganze Direktion, sie ging offen damit um. Hatte Therese es darauf angelegt?
Oder war es einfach ihr Wunsch, sich mal anzukuscheln, fallen zu lassen und das irrationale Gefühl, bei einer Frau würde das nicht zu den Komplikationen führen, die es eigentlich immer und derzeit in ganz besonderer Weise mit einem Mann haben würde?
Jetzt, auf Martinas Sofa, dachte sie darüber nach, aber vor zwei Stunden war in ihrem Kopf kein Platz für solche Gedanken
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