Feindberührung - Kriminalroman
Kertsch an.«
» Gut.«
Zehn Minuten später saßen sie im Wagen, Kertsch hatte ihnen das MEK zugesagt.
Estanza war im Stress. Er sprang zwischen den einzelnen Teams hin und her, überflog immer wieder die Protokolle, wies auf einzelne Punkte hin, die beim nächsten Kandidaten nachgeprüft werden sollten, und versuchte, sich im Kopf ein Gesamtbild zu bauen. Keiner dieser Leute hier konnte etwas mit Rems’ Tod zu tun haben. Sie hatten alle großen Respekt vor ihm gehabt. Alles zeigte in Richtung Drogen oder Rocker. Nur hatte niemand etwas Konkretes zu erzählen. Mit der Afghanistankompanie waren sie bald durch, dann mussten sie mit dem Unteroffizierskorps weitermachen. Ein Wahnsinn war das hier.
Afghanistan muss ein Albtraum gewesen sein, vier Tote, zwei Schwerverletzte, einer davon Rems, der andere ein afghanischer Übersetzer. Und der Junge.
Was für eine Riesenscheiße.
Estanza sah Fuchs aus einer Ecke winken, er stand neben dem Feldjägerboss, vor ihnen lagen die beschlagnahmten Unterlagen. Estanza musste einen Umweg machen, der direkte war von Tischen versperrt.
Als er gerade am Halleneingang vorbeikam, hielt ihn ein grauhaariger Offizier auf.
» Ja?«
» Sagen Sie mal, ich suche Ihren Chef? Wo ist der denn hin?«
» Sorry, das weiß ich im Augenblick auch nicht.«
Estanza ging weiter zu Fuchs, der Offizier blieb unentschieden stehen.
» Was gibt’s?«
Fuchs grinste mal wieder breit.
» Der Herr Major hat ein paar ganz interessante Sachen in den Unterlagen gefunden. Herr Major, würden Sie meinen Kollegen aufklären?«
Der Feldjäger nickte und griff nach dem Wachbuch.
» Okay, Folgendes …«
Derksen hatte mit seinem MEK am Eingang zum Truppenübungsplatz schon auf Grewe und Therese gewartet. Sie hatten die Autos abseits geparkt und Grewes Ausführungen angehört, dann waren sie zu Fuß losgegangen.
Sie hatten sich vorsichtig dem Gehöft genähert. Es war viel Freifläche um das Gebäude, voller Schneematsch, und sie mussten ein ganzes Stück entfernt im Wald bleiben, weil sie sonst zu sehen waren. Zwei Mann arbeiteten sich langsam im einzigen toten Winkel an das Gehöft heran, spähten vorsichtig hinein und schlichen dann wieder zurück.
Grewe spürte den Vibrationsalarm seines Handys und fummelte es nervös aus der Manteltasche.
Estanza.
Grewe flüsterte: » Warte, bleib dran.«
Dann lief er in gebückter Haltung außer Hörweite des Gehöfts.
» So, alles klar. Wir sind auf dem Übungsplatz, ich erklär’s dir gleich, aber sag erst, warum du anrufst.«
Er hörte sich Tonys Bericht an.
» Das sind perfekte Nachrichten, Tony.«
Aus dem Augenwinkel sah Grewe, dass die beiden MEK-Jungs, die bei der Hütte waren, offensichtlich auch wichtige News hatten. Derksen schickte sie gerade zu Grewe rüber.
» Warte, Tony. Bleib dran.«
Die zwei Beamten waren jetzt da.
» Also, Grewe. Da drin sitzen zwei Männer gefesselt auf dem Boden, ich würde sagen, Allgemeinzustand gut, die halten das noch ein paar Minütchen aus.«
» Was haben die an?«, wollte Grewe wissen.
» Jeans und Parkas beide, einer hat Bergstiefel an, der andere hat die Füße in ’ne Decke gewickelt.«
» Bingo. Der ist denen geklaut worden. Bin gleich bei euch.«
Die MEK-Jungs nickten und machten sich leise auf den Rückweg.
Grewe konnte ihr Glück nicht fassen.
» Tony? Ah gut, pass auf, folgendes Programm …«
Estanza hörte zu, was Grewe zu sagen hatte, machte große Augen, nickte.
» Alles klar, Chef, mach ich. Ciao.«
Er beendete die Verbindung und ließ den Blick durch die Halle schweifen. Der Offizier war noch da. Gut. Dann würde er mit dem anfangen. Tony ging lächelnd auf ihn zu.
» Ach, Entschuldigung, Sie hatten doch nach meinem Chef gefragt. Also, wir hatten einen Anruf, dieser Perschel ist aufgetaucht. Herr Grewe ist auf dem Weg zu ihm.«
Der Offizier sah überrascht aus, lächelte dann aber gleich.
» Na, das ist doch wunderbar, dann klärt sich das alles hier«, er ließ seine Hand über die gesamte Halle streifen, » ja jetzt auf.«
» Genau, das denke ich auch.« Estanza guckte so naiv wie möglich. Der Soldat nickte.
» Dann werde ich die frohe Botschaft mal gleich Oberst Pagels überbringen.«
Er machte kehrt und ging mit strammem Schritt aus der Halle.
Estanza sah ihm nach. Der lief mit ganz schön eingeklemmtem Schwanz, als müsste er flott aufs Klo. War gleich der Erste schon ein Treffer?
Tony ging ihm im Abstand nach.
Tatsächlich, der Typ dachte überhaupt nicht dran, ins
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