Feindberührung - Kriminalroman
original italienischen Kaffeemaschine herumhantierte.
Nach ein paar Minuten saßen sie dann alle drei mit den kleinen Tässchen in der Hand auf ihren Plätzen und schlürften den heißen Kaffee. Er war sehr gut.
» Tja, was kann ich jetzt für Sie tun? Ich habe natürlich selber eine Menge Fragen, aber …« Der Major stellte seine Tasse auf den Schreibtisch.
» Ja?« Grewe beugte sich etwas vor.
» Na ja, ich denke, Sie werden mir nur bestimmte … Aspekte erzählen können oder wollen.« Radványis Blick war offen und gerade. Grewe sagte nichts. Fast unmerklich begann Therese auf ihrem Stuhl hin und her zu rutschen.
» Es ist einfach alles noch offen. Wir wissen noch gar nichts im Moment.« Grewe nickte nach dem Satz noch einige Male, wie um sich selbst zu bestätigen, dass er etwas Richtiges gesagt hatte.
» Es ist ja auch gerade erst passiert.« Der Major nickte jetzt auch.
» Hatten Sie direkt mit Herrn Rems zu tun?« Therese hegte die Befürchtung, dass sich hier gerade zwei Meister des Um-den-heißen-Brei-Herumredens in einen Wettkampf begaben, und stellte deswegen die an sich harmlose Frage mit etwas zu viel Engagement.
» Ich weiß nicht, was Sie über Strukturen beim Bund wissen, aber …« Therese unterbrach den Major amüsiert.
» Nichts, ehrlich gesagt. Mein Kollege schweigt sich da aus.«
Radványi wandte sich mit aufgehellter Miene Grewe zu.
» Ach, Sie waren Soldat? Ist doch eher selten bei Polizisten, oder?«
» Ja, schon. Ich habe mich erst später entschieden, zur Polizei zu gehen.« Mit einem schnellen Seitenblick versuchte Grewe seine Kollegin von weiteren Plaudereien abzuhalten, aber Therese fand jetzt Gefallen an dem Spielchen.
» Herr Grewe war sogar hier, in dieser Einheit.«
Radványi lächelte.
» Das ist ja nicht ungewöhnlich, wenn Sie von hier stammen. Wir haben immer noch einen Anteil von deutlich mehr als fünfzig Prozent Soldaten aus diesem Bundesland. In allen Laufbahnen. Sogar der Brigadekommandeur ist mit der Kommandoübernahme ein Heimkehrer geworden. Wann haben Sie hier gedient?«
» Achtundachtzig bis neunzig.«
» Kampfkompanie? Schwere? Stabs?«
» Kampfkompanie. Vierte.« Grewe krampfte die Hände ineinander.
» Wie die Teufel!« Radványi zeigte eine Faust, aber es sah eher wie Daumendrücken aus. » Das Motto der vierten Kompanie«, fügte er erklärend für Therese hinzu.
» Was macht Sie so nervös an dem Thema Rems?« Grewe saß vornübergebeugt im Stuhl, rang immer noch mit den Händen und sagte den Satz in Richtung Fußboden.
Der Major zog Luft, Therese hörte ihn schon » Wie kommen Sie denn darauf?« sagen oder etwas Ähnliches, aber sie täuschte sich.
Radványi atmete langsam aus, und sein Blick wartete darauf, dass Grewe endlich hochschaute. Als ihre Augen sich dann fanden, sagte er: » Sie wissen doch, wie es um das Ansehen der Bundeswehr bestellt ist. Zu Ihrer Zeit gab es noch eine hochaktive Friedensbewegung, es war eine ideologische Gretchenfrage, ob man dafür oder dagegen ist. Mein Vater war ebenso Berufssoldat, wie ich es bin, und ich hatte in den ersten Jahren meiner Gymnasialzeit viel Stress mit Mitschülern deswegen. Als ich in der Oberstufe dann sagte, dass ich zur Bundeswehr möchte, hat sich niemand mehr darüber aufgeregt. Sie fanden es einfach nur ein völlig bescheuertes Karrieremodell. Da stehen wir heute. Wir sind den Leuten egal. Dabei steckt die Bundeswehr in einer der schwierigsten Phasen ihrer Geschichte. Eine Viertelmillion Soldatinnen und Soldaten war seit Beginn der Auslandseinsätze aktiv an diesen beteiligt. Das entspricht der aktuellen Gesamtstärke der Bundeswehr! Und unsere Brigade stellt regelmäßig den Hauptanteil der Sicherungskompanien in Afghanistan. Die Fallschirmjäger stehen dort im Kampf. Sie töten und verwunden, sie erleiden Verwundung und Tod. In einem Konflikt, den die Bevölkerung ablehnt.«
» Herr Major, der Tod von Lars Rems steht doch kaum in Zusammenhang mit dem Einsatz in Afghanistan?« Grewe bemühte sich um einen ganz defensiven Ton. » Wir haben derzeit prioritär eine ganz andere Ermittlungsrichtung.«
» Die Kameraden haben versucht, Kontakt zu Rems zu halten nach seinem Weggang. Ich auch. Ich bin schließlich der Personaloffizier der Brigade, ich fühle mich verantwortlich.«
Der Major sah die beiden Beamten an, als wollte er sich versichern, dass sie ihn verstanden.
» Das ist gelebte Kameradschaft. Wir waren hier über seinen Zustand im Bilde und auch über die Leute, mit denen er
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