Feindberührung - Kriminalroman
zu tun hatte. Ich kann mir schon vorstellen, dass möglicherweise in dieser Richtung die Ursache für seinen gewaltsamen Tod zu finden ist.« Radványi atmete durch und ließ seinen Blick über den Schreibtisch schweifen, dann hob er den Kopf wieder. » Aber wie auch immer, das Bild, das sich hier zeigt, eignet sich einfach hervorragend als Zerrbild des durchgeknallten Bundeswehrsoldaten.«
Therese ließ einen kleinen Frosch aus dem Hals hüpfen, und beide Männer schauten sie an.
» Herr Major, wir stehen ganz am Anfang der Ermittlung, und es ist noch alles offen. Es kann gut sein, dass die Presse sich überhaupt nicht mit diesem Fall beschäftigt. Die Sinzler Höhe ist kein beliebtes Thema in den hiesigen Medien. Wir sind hier, um möglichst viel über Lars Rems zu erfahren, über den Lars Rems, der hier zwölf Jahre gedient hat und nach Aussage seiner Frau bestens auskam mit seinen Kameraden.«
Radványi nickte leicht, dann drehte er sich in seinem Bürostuhl langsam in Richtung des hinter ihm liegenden Fensters. Draußen zogen wieder Wolken auf.
» Ja, er kam bestens mit den Kameraden aus. Er war ein guter Soldat und Ausbilder. Hart, aber herzlich.« Der Major drehte sich wieder zum Schreibtisch um. Er sah erst Therese, dann Grewe an.
» Okay, ich sage Ihnen jetzt etwas: Wenn ich jemals in meiner Laufbahn einen › true warrior ‹ , wie die Amis das nennen, erlebt habe, dann war das Oberfeldwebel Rems. Während eines dienstlichen Aufenthalts in den USA hat er bei einer Kneipenschlägerei einen langgedienten Unteroffizier der Navy Seals in Krümel zerlegt. Rems trug das › Combat Infantry Badge‹, eine US-Auszeichnung, die ausschließlich im scharfen Gefecht erworben werden kann. Die Amis verleihen sie nur in seltenen Fällen an ausländische Soldaten, die gemeinsam mit US-Truppen im Feuer waren. Rems war unzählige Male an Feuergefechten und Mann-zu-Mann-Kämpfen beteiligt. Wenn Lars Rems nicht im absoluten Tiefschlaf umgebracht worden ist, dann muss der Mann, den Sie suchen, ein echtes Monster sein. Das macht mich nervös, Herr Grewe.«
6
I n the dark, see past our eyes, pursuit of truth, no matter where it lies, gazing up to the breeze of the heavens. On a quest, meaning, reason …«
Harte Gitarrenriffs von schöner Klarheit, dazu die eigentlich warme Stimme von James Hetfield, die aber durch blanke Aggression keinen Zweifel ließ, dass hier ein beinharter Motherfucker den Spießern den Krieg erklärte. Metallica, das schwarze Album. Für Mike Perschel die beste Metalplatte aller Zeiten. Auf jeden Fall der beste Soundtrack zum Pumpen.
Er war jetzt beim letzten Satz Bankdrücken. Hundert Kilo, zehn Wiederholungen. Er drückte die Hüfte mit Gewalt gegen die Bank, mit angehobener Hüfte zählte nicht. Sechs. Sieben.
» All that is, ever. Ever was, will be, ever.«
Acht. Scheiße, die Arme brannten, die Brust brannte. Der ganze Oberkörper schien sich auszudehnen, Risse zu bekommen. » Twisting, turning, through the never.«
Perschel sammelte sich für einen Sekundenbruchteil und dachte an all die Wichser da draußen und was für eine Scheißangst sie vor ihm hatten.
» On through the never, out to the edge of forever we must go.«
Mit einem Schrei stieß er die Hantel hoch, hielt sie einen Augenblick, ließ sie, Gipfel von Schmerz und Triumph, noch mal kurz kommen, streckte die Arme wieder durch und legte das Eisen dann in der Halterung ab. Seine Brust hob und senkte sich wie bei einem Grizzly, der gerade einen Elch zur Strecke gebracht hatte.
» Twisting, turning, through the never. Never!« Mit dem letzen » Never!« stemmt er sich aus der Bank hoch. Nächster Song. Die ersten Takte von » Nothing else matters« drangen wie Eisblumen aus der Anlage. Perfekt.
» So close, no matter how far.«
In keinem andern Song war Hetfields Stimme so bei sich. From the heart. Das war der Song, zu dem man einen Bruder in den Arm nehmen konnte, das war der Song, zu dem ein Bruder sterben konnte. Das war der Song für die Alte, die man heiratet, die mehr ist als bloß eine geile Muschi.
Perschel sah sich im Spiegel, und was er sah, gefiel ihm gut. Er sah hundertachtzehn Kilo harte Muskeln auf einen Meter fünfundneunzig verteilt. Sein Oberkörper war über und über mit Tattoos bedeckt. Dunkle und mystische Symbole, Teufel, Drachen und Krieger. Dazwischen blutgierige Göttinnen, die einem Mann die Eier abreißen und sie zum Frühstück verschlingen würden, wenn er ihrer nicht würdig war. Perschels Eier
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