Feindberührung - Kriminalroman
Luftblasen und Wein.
Grewe ging vor Stina auf die Knie, seine Hände legte er fest auf ihre Taille. Er hielt seine Frau wie einen kostbaren Pokal und löschte seinen Durst.
» Guck mich an. Sehe ich wie’n Autofahrer aus, hä?« Die Stimme passte zur Gesamterscheinung des Rockers. Eher piepsig, aber aufgeraut von Rauch und Fusel, beinahe heiser.
Therese verfluchte sich für ihre Voreiligkeit, aber jetzt musste sie die Situation eben in den Griff kriegen, da half kein Jammern. Stärke zeigen.
» Ganz ruhig bleiben. Wir klären das jetzt, und wenn du tatsächlich nichts beschädigt hast, dann entschuldige ich mich, und gut ist.«
Der Typ grinste fies.
» Und gut ist? Und gut ist?« Er nickte dazu wiederholt wie ein Wackeldackel auf der Hutablage, seine Stimme wurde schrill, das gefiel Therese gar nicht. Er beugte sich vor und stach mit dem Zeigefinger unbestimmt in Thereses Richtung. Sie unterdrückte den Impuls, einen Schritt zurückzugehen.
» Siehst du meinen Hobel?« Starr wies sein Finger über Thereses Schulter nach hinten. Sie drehte den Kopf gerade so weit, dass sie den Kerl noch im Blick halten konnte. Er zeigte auf eine schwere Harley.
» Und jetzt guck hier.« Er wies auf den Totenkopf, dann drehte er sich um. Auf dem Rücken der Lederweste waren drei Aufnäher übereinander. Auf dem obersten stand » Skulls MC«, auf dem untersten » Germany«, die beiden rahmten eine große Version des Schädels mit Knochen und Eisernem Kreuz ein. Wie hatte sie das nur übersehen können, als sie den Typ fest unter sich liegen hatte?
» Hast du ’ne grobe Vorstellung, was das heißt?« Der Typ hatte sich wieder umgedreht.
» Hör zu, der ganze Eindruck, den das hier gemacht hat, ließ gar keinen anderen Schluss zu, als …« Er unterbrach sie einfach.
» Das sind meine Colors. Niemand stößt ungestraft meine Colors in den Dreck. Kein Typ der Welt und erst recht keine Fotze.«
» Ganz langsam, ich bin ja bereit, über alles zu reden.« Fehler, Therese, dachte sie, bloß nicht rechtfertigen.
Der Kerl zeigte, wie schlecht sein Zahnarzt war. Er grinste nahezu zahnlos und stank bestialisch aus dem Mund.
» Reden? Du bist echt ’ne Bulette, was?«
Therese nickte langsam und bemühte sich, einerseits eine friedfertige Körperhaltung einzunehmen und andererseits abwehrbereit zu bleiben. Sie fühlte Panik in sich aufsteigen und versuchte, sie buchstäblich runterzuschlucken. Weit und breit war kein Mensch zu sehen oder zu hören. Hinter den Fenstern der Nummer vierzehn flimmerten Fernseher.
» Ja, ich bin Polizistin. Das ist mein Auto, und ich dachte, du brichst es gerade auf. Gut, Irrtum. Wir trennen uns und vergessen das Ganze. Es. Tut. Mir. Leid.«
» Das sollte es auch, Bullenfotze.«
Die Bewegung war wesentlich schneller, als seine Wampe vermuten ließ, gleitend, lautlos, unaufwendig, und als sie zu Ende gebracht war, hatte er von irgendwoher ein Messer mit gut zwanzig Zentimeter langer Klinge in der Hand. Er stand jetzt leicht geduckt, die Knie locker gebeugt und wirkte überhaupt nicht mehr unbeweglich. Die Messerspitze stand ganz ruhig vor Thereses Augen in der Luft.
Thereses Gehirn arbeitete fieberhaft. Sie war eine gut trainierte Nahkämpferin, ziemlich furchtlos und würde bei diesem Typ absolut keine Skrupel haben.
Positiv.
Er war nicht gut trainiert, aber ebenso furcht- und skrupellos wie sie.
Leichter Vorteil für sie wegen Fitness.
Er hatte ein ekelhaft großes Messer und schien damit umgehen zu können. Sie hatte zwei Hände in Fleecehandschuhen.
Absolut negativ.
Aber sie war leichter, schneller und hatte eine wesentlich bessere Kondition.
Therese tänzelte kurz und täuschte einen Kick zur Messerhand an, der Fettsack zuckte erwartungsgemäß zurück, Therese wendete auf dem Punkt und rannte los. Sie hatte einen Spitzenantritt erwischt, ihr Herz pumpte kräftig und ruhig, der Puls gerade so weit erhöht, dass die Beine fliegen konnten. Die Schnapsflasche würde sie nie erwischen. Adrenalin und die zurückgehende Panik beflügelten Thereses Schritte, und die Fußballen stießen sich links, rechts, links, rechts, links, rechts in schnellem und regelmäßigem Tritt kraftvoll vom feuchten Asphalt ab. Jetzt war der Parkplatz zu Ende, und Therese bereitete sich auf den Linksschwenk vor, danach müsste sie noch knapp dreihundert Meter durchziehen, dann war sie in belebterem Gebiet und in Sichtweite eines Wachgebäudes der JVA.
Sie legte sich schon in die Kurve, da rutschte ihr rechter Fuß
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