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Feinde der Krone

Feinde der Krone

Titel: Feinde der Krone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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Immerhin hatte er den scharfen politisch motivierten Angriff gegen Aubrey Serracold verfasst, auch wenn er wohl nicht gewusst hatte, dass es sich dabei um den Gatten der Frau handelte, die mit ihm an Maude Lamonts Tisch gesessen hatte. Oder war ihm das doch bekannt gewesen?
    Kingsley schwieg eine Weile.
    »General Kingsley«, drängte Pitt. »Was wollten Sie durch Miss Lamont erfahren?«
    Es kostete Kingsley große Mühe zu antworten. Den Blick
nach wie vor zu Boden gerichtet, sagte er: »Mein Sohn Robert hat in den Zulu-Kriegen in Afrika gedient und ist dort gefallen. Ich…« Seine Stimme versagte. »Ich wollte mich vergewissern, dass sein Tod … dass seine Seele in Frieden ruht. Es hat … abweichende Berichte über das Gefecht gegeben. Ich musste mir Gewissheit verschaffen.« Er hob den Blick nicht, als wolle er entweder nicht sehen, wie Pitt auf seine Äußerung reagierte, oder nicht preisgeben, wie sehr es ihm zu schaffen machte.
    Pitt hatte den Eindruck, irgendetwas sagen zu müssen. »Ich verstehe«, murmelte er. »Und haben Sie etwas darüber erfahren?« Schon als er die Frage stellte, war ihm klar, dass das nicht der Fall war. Kingsleys Furcht ließ sich geradezu mit Händen greifen. Jetzt war auch der Grund für seine Bekümmernis klar. Maude Lamonts Tod hatte ihm den Kontakt mit der einzigen Welt genommen, aus der er seiner Überzeugung nach eine Antwort bekommen konnte. Er dürfte ihn kaum mutwillig zerstört haben.
    »Noch … nicht«, sagte Kingsley so tonlos, dass Pitt einen Augenblick lang nicht wusste, ob er die Worte wirklich gehört hatte. Tellmans Unbehagen war nicht zu übersehen. An gewöhnlichen Kummer war er gewöhnt, aber dieser hier beunruhigte und verstörte ihn. Er war seiner eigenen Reaktionen nicht sicher. Aufgrund seiner Lebenserfahrung hätte er eigentlich belustigt und unduldsam reagieren müssen, doch als Pitt flüchtig zu ihm hinübersah, erkannte er Mitgefühl auf dem Gesicht des Inspektors.
    »Und was wollte die Frau?«, fragte Pitt.
    Diese Frage riss Kingsley aus seiner Versunkenheit. Verwirrt hob er den Blick. »Ich weiß nicht recht. Sie wollte unbedingt mit ihrer Mutter in Verbindung treten, doch ist mir der Grund dafür nicht klar. Vermutlich war es eine sehr private Angelegenheit, denn ich konnte keine ihrer versteckten Fragen verstehen.«
    »Aber die Antworten?«, fragte Pitt angespannt. Er hatte beinahe Angst vor dem, was Kingsleys sagen konnte. Warum setzte Rose Serracold zu einer außergewöhnlich heiklen Zeit so viel aufs Spiel, auf die Gefahr hin, sich womöglich lächerlich
zu machen? War ihr nicht klar, worum es ging? Oder war ihr die Sache so wichtig, dass sie ihr alles andere unterordnete? Was konnte das sein?
    »Es ging um ihre Mutter?«, vergewisserte sich Pitt.
    »Ja.«
    »Und hat Miss Lamont Verbindung mit ihr aufgenommen?«
    »Allem Anschein nach ja.«
    »Was hat sie sie gefragt?«
    »Nichts Bestimmtes«, sagte Kingsley mit verwirrtem Ausdruck. »Ganz allgemeine Familienangelegenheiten. Es ging dabei um andere Verwandte, die … dahingegangen waren. Ihre Großmutter, ihren Vater. Sie wollte wissen, ob es ihnen gut gehe.«
    »Wann war das?«, drängte Pitt. »Am Abend vor Miss Lamonts Tod? Davor? Wenn Sie sich genau an das erinnern könnten, was gesagt wurde, wäre das äußerst nützlich.«
    Kingsley runzelte die Stirn. »Ich kann mir nur schwer vorstellen, dass sie Miss Lamont etwas angetan haben könnte«, sagte er mit Nachdruck. »Sie kam mir ein wenig exaltiert und sonderbar vor, aber ich habe keinen Zorn an ihr entdeckt, keine Heftigkeit oder Unfreundlichkeit, sondern eher …« Er hielt inne.
    Tellman beugte sich vor.
    »Ja?«, forderte ihn Pitt zum Weiterreden auf.
    »Angst«, sagte Kingsley leise, als handele sich dabei um ein Gefühl, das er seit langem bestens kannte. »Aber es ist sinnlos, mich zu fragen, wovor sie Angst haben könnte, denn ich habe nicht die geringste Ahnung. Sie erkundigte sich besorgt, ob ihr Vater glücklich und wieder gesund sei. Mir schien die Vorstellung merkwürdig, eine Krankheit könne über das Grab hinaus andauern. Aber vielleicht sind solche Erwägungen verständlich, wenn man einen Menschen geliebt hat. Liebe folgt nicht immer den Regeln des Verstandes.« Nach wie vor hielt er den Blick abgewandt, als teile er seine innersten Gefühle mit.
    »Und mit wem wollte der andere Mann Verbindung aufnehmen?« , fragte Pitt.
    »Ich kann mich an keine bestimmte Person erinnern«, sagte
Kingsley mit zusammengezogenen

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