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Feinde der Krone

Feinde der Krone

Titel: Feinde der Krone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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drei Tagen im Unterhaus«, sagte Pitt, dem dabei unwillkürlich ein Schauer über den Rücken lief. »Mir ist klar, dass er die Sache nicht vergessen hat. Aber wenn ich Angst vor ihm habe, hat er bereits gewonnen. Meine Familie befindet sich außerhalb Londons, doch kann ich ihn nicht aufhalten. Ich gebe zu, dass ich mich versucht sehen könnte, einen Ausweg zu nutzen, wenn es einen gäbe … aber es gibt keinen.«
    »Sie sind realistischer, als ich gedacht hätte«, sagte Narraway mit widerwilligem Respekt in der Stimme. »Es war mir überhaupt nicht recht, dass Cornwallis Sie mir überlassen wollte. Ich habe Sie lediglich übernommen, um ihm einen Gefallen zu tun, aber vielleicht waren meine Bedenken ungerechtfertigt.«
    »Wieso schulden Sie Cornwallis einen Gefallen?«, entfuhr es Pitt, bevor er über seine Worte nachgedacht hatte.
    »Das geht Sie nichts an!«, sagte Narraway schroff. »Stellen Sie fest, was zum Teufel die Frau getrieben hat … und beweisen Sie es!«
    »Ja, Sir.«
    Erst als Pitt wieder inmitten des Verkehrslärms im Sonnenschein des späten Nachmittags auf der Straße stand, fragte er sich, ob Narraway mit seinem letzten Satz Rose Serracold gemeint hatte – oder Maude Lamont.

Kapitel 6
    A ls Emily am Tag nach der Entdeckung des Mordes in der Southampton Row die Zeitung aufschlug, wandte sie sich als Erstes den politischen Berichten zu. Eine äußerst gelungene Darstellung Mr. Gladstones fiel ihr auf, doch galt ihre Aufmerksamkeit vor allem dem, was über Londons Wahlkreise berichtet wurde. In weniger als einer Woche würde die Wahl stattfinden. Sie empfand eine größere Erregung als beim vorigen Mal, denn inzwischen hatte sie die Möglichkeiten kennen gelernt, die das Amt bot, und so war ihr Ehrgeiz für Jack entsprechend größer als damals. Er hatte seine Fähigkeiten, und, was vielleicht noch wichtiger war, seine Zuverlässigkeit bewiesen. Diesmal würde man ihm möglicherweise eine wichtigere Position anvertrauen, so dass er mehr Macht bekäme, Gutes zu bewirken.
    Am Vortag hatte er eine meisterhafte Rede gehalten, die glänzend angekommen war. Während sie auf der Suche nach einem Bericht darüber die Seiten überflog, fiel ihr Blick auf den Namen Aubrey Serracold. Der Artikel über ihn begann recht viel versprechend. Erst als sie ihn zur Hälfte gelesen hatte, fiel ihr auf, dass sich zwischen den Zeilen sarkastische Anspielungen fanden, die seine Vorstellungen als einfältig hinstellten. Zwar seien sie gut gemeint, hieß es, gründeten aber auf Unwissenheit. Man hielt ihn für einen reichen Mann, den es lockte, in der Politik mitzuspielen, und unterstellte ihm eine unbeschreibliche Herablassung bei seinem Versuch, andere zu seinen Vorstellungen von dem zu bekehren, was gut für sie war.
    Empört ließ Emily die Zeitung fallen und sah über den Frühstückstisch zu Jack hin. »Hast du das hier gesehen?«, fragte sie und stieß mit dem Finger auf die fragliche Stelle.
    »Nein.« Er streckte die Hand aus, sie nahm die Zeitung vom Tisch und gab sie ihm. Während er las, wurden die Falten zwischen seinen Brauen immer tiefer.
    »Wird ihm das schaden?«, fragte sie, als er den Blick wieder hob. »Natürlich wird es ihn schmerzen, das zu lesen, aber wichtiger ist mir, ob es seine Aussichten vermindert, gewählt zu werden«, fügte sie rasch hinzu.
    Ein belustigter Ausdruck war in seinen Augen zu sehen. Freundlich fragte er: »Du möchtest, dass er gewinnt, nicht wahr? Weil dir Rose am Herzen liegt …«
    Ihr war nicht bewusst gewesen, dass sie so leicht zu durchschauen war. Das war auch normalerweise nicht der Fall, denn gewöhnlich konnte sie sehr gut verbergen, worauf sie hinauswollte, ganz im Gegensatz zu ihrer Schwester Charlotte, der nahezu jeder alles am Gesicht ablesen konnte. »Du hast Recht«, sagte sie. »Ich hatte es für mehr oder weniger sicher gehalten. Immerhin war der Sitz seit Jahrzehnten in der Hand der Liberalen. Warum sollte sich das jetzt ändern?«
    »Es ist nur ein Zeitungsartikel, Emily. Wenn man etwas sagt, findet sich immer jemand, der etwas dagegen sagt.«
    »Du vertrittst auch eine andere Meinung als er«, erwiderte sie ernsthaft. »Kannst du ihn nicht irgendwie in Schutz nehmen, Jack? So, wie die ihn hinstellen, klingen seine Ansichten weit extremer, als sie sind. Auf dich würde man hören.« Sie sah sein Zögern, erkannte den Schatten auf seinen Zügen. »Was ist?«, fragte sie. »Hast du das Vertrauen in ihn verloren? Oder hat es mit Rose zu tun? Natürlich

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