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Feinde der Krone

Feinde der Krone

Titel: Feinde der Krone Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anne Perry
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weil sie annahmen, wir wüssten etwas, während wir in Wirklichkeit mit leeren Händen dastanden.«
    »Das stimmt«, sagte Tellman und schlängelte sich um einen Gemüsekarren herum. »Wäre es nicht möglich, dass sie jemanden zu sehr unter Druck gesetzt hat, der sich das nicht gefallen lassen wollte und ein Ende gemacht hat?«
    »So könnte es gewesen sein.« Pitt warf ihm einen Seitenblick zu.
    »Was hätte das aber mit dem Sicherheitsdienst zu tun?«, wollte Tellman mit unüberhörbarem Ärger in der Stimme wissen. »Liegt es wirklich nur an Serracolds Unterhauskandidatur? Seit wann beschäftigt sich der Sicherheitsdienst mit Parteipolitik?«
    »Das hat damit nichts zu tun«, gab Pitt scharf zurück. Es kränkte ihn, dass Tellman das überhaupt für möglich hielt. »Ich gebe so viel darauf«, – er schnippte mit den Fingern – »wer ins Unterhaus kommt. Mir geht es nur darum, dass der Wahlkampf sauber geführt wird. Was ich bisher über Aubrey Serracolds Vorstellungen gehört habe, scheint mir großenteils völlig unausgegoren. Er hat nicht den geringsten Bezug zur Wirklichkeit. Aber wenn er verliert, soll jemand gewinnen, der eine andere Meinung vertritt als er, nicht aber jemand, der annimmt, seine Frau habe ein Verbrechen begangen, wenn das nicht der Fall ist.«
    Tellman ging schweigend neben ihm. Er öffnete den Mund und holte mehrfach Luft, als wolle er etwas sagen, entschuldigte sich aber nicht. Als sie die Hauptstraße erreichten, verabschiedete er sich und ging mit durchgedrücktem Kreuz und
hoch erhobenem Kopf in die Gegenrichtung davon, während Pitt eine Droschke nahm, um Narraway Bericht zu erstatten.
     
    »Nun?«, fragte Narraway, lehnte sich in seinem Sessel zurück und sah Pitt mit ausdruckslosem Gesicht an.
    Pitt setzte sich, ohne die Aufforderung dazu abzuwarten. »Bisher sieht es so aus, als wäre der Täter einer ihrer drei Besucher an jenem Abend«, sagte er. »Generalmajor Roland Kingsley, Mistress Serracold oder ein Mann, den niemand kannte, außer möglicherweise Maude Lamont selbst.«
    »Was meinen sie mit ›niemand‹? Wollen Sie sagen, dass keiner der beiden anderen ihn kannte?«
    »Nein. Offenkundig kennt ihn auch das Dienstmädchen nicht. Sie sagt, dass sie ihn nie gesehen hat. Er hat das Haus jeweils durch eine Seitentür in der Gartenmauer und die Terrassentür betreten und verlassen.«
    »Aus welchem Grund? Und hat man die Tür in der Mauer offen gelassen? In dem Fall hätte doch jeder Beliebige kommen und gehen können.«
    »Diese Tür, die zum Cosmo Place führt, wurde verschlossen, aber nicht verriegelt«, erklärte Pitt. »Manche Besucher hatten Schlüssel, wir wissen aber nicht, wer. Es gibt keine Unterlagen darüber. Die Terrassentüren fallen von selbst ins Schloss, wenn man sie zuzieht, so dass sich nicht feststellen lässt, ob nach Miss Lamonts Tod jemand das Haus verlassen hat. Der Grund für die Geheimnistuerei liegt auf der Hand – der Mann wollte nicht, dass jemand von seiner Anwesenheit dort wusste.«
    »Und was wollte er bei ihr?«
    »Das entzieht sich meiner Kenntnis. Mistress Serracold hält ihn für einen Zweifler, jemanden, der versuchen wollte, das Medium als Betrügerin zu entlarven.«
    »Warum? Aus wissenschaftlichem Interesse oder aus persönlichen Gründen? Stellen Sie das fest, Pitt.«
    »Das ist meine Absicht«, gab er zurück. »Aber zuerst möchte ich wissen, um wen es sich handelt.«
    Narraway runzelte die Stirn. »Sagten Sie vorhin ›Roland Kingsley‹? Ist das etwa der Mann, der den Leserbrief geschrieben hat, der Serracold verunglimpft?«
    »Ja …«
    »Und was weiter?« Narraways klare, dunkle Augen sahen Pitt forschend an. »Da ist doch noch mehr.«
    »Er hat Angst«, sagte Pitt zögernd. »Irgendetwas im Zusammenhang mit dem Tod seines Sohnes quält ihn.«
    »Bringen Sie mehr über ihn in Erfahrung.«
    Eigentlich hatte Pitt sagen wollen, dass sich die von Kingsley geäußerten Ansichten nicht mit seiner scharfen Verurteilung Serracolds in seinem Brief an die Zeitungen zu decken schienen, aber er war seiner Sache noch nicht hinreichend sicher. Er konnte sich lediglich auf seinen Eindruck stützen. Außerdem traute er Narraway nicht über den Weg und kannte ihn nicht gut genug, um ihm eine so unbegründete Vermutung vorzulegen. Es war ihm nicht recht, für jemanden arbeiten zu müssen, von dem er so wenig wusste. Er hatte keine Vorstellung von Narraways persönlichen Ansichten, Leidenschaften oder Bedürfnissen; er wusste nichts über

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