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Feinde der Zeit: Roman (German Edition)

Feinde der Zeit: Roman (German Edition)

Titel: Feinde der Zeit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Cross
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wichtigste Grund gewesen. Dann gab es noch Dad, der nur noch mich hatte. Und zudem waren da jetzt noch Stewart und Kendrick … und Emily.
    Wer immer diesen Plan ausgeheckt hatte, für den war es, damit der Plan aufging, wichtig, dass ich einen Menschen oder mehrere Menschen hatte, die mir wichtig waren. Dabei hatte ich die ganze Zeit gedacht, genau das Gegenteil sei der Fall. Dass mir alles genommen würde, bis ich nichts mehr hatte. Und dass dieser Job nur noch viel schwieriger wurde, wenn man andere um sich brauchte.
    Ich war die ganze Zeit am Boden zerstört gewesen, dass Holly mich nicht kannte und nicht wusste, wie sehr ich sie liebte, aber das war jetzt nicht mehr wichtig. Nicht im Geringsten. Nur dass ich es wusste, war wichtig. Dass ich es weiß . Wenn Holly an meiner Stelle gewesen wäre und jemanden geliebt hätte und diesen Menschen hätte aufgeben müssen, dann hätte sie etwas gehabt, worüber sie schreiben konnte. Sie wäre jemand gewesen, der gute Gründe hatte, morgens aufzustehen und weiterzumachen.
    Nachdem ich eine weitere Frage auf Hollys Laptop beantwortet hatte, legte ich meinen Kopf direkt neben ihren, sog die Luft ein und erkannte sofort ihren Duft wieder. Ihr Mund war leicht geöffnet, und jedes Mal, wenn sie einatmete, sog sie ein loses Haar mit ein. Ich strich es ihr aus dem Gesicht und berührte ihre Wange vorsichtig mit den Fingerspitzen.
    Ich hasste es, die verzweifelten, deprimierenden Worte zu lesen, die sie geschrieben hatte, aber gleichzeitig zeigten sie mir, dass Holly immer Holly sein würde. Stewart irrte sich. Es war nicht der Umstand, dass sie genauso aussah wie meine Holly, der alles so verwirrend für mich machte. Mit ihrem Äußeren hatte das nichts zu tun. Man konnte ihr alles nehmen und ihr Leben komplett umkrempeln, und dennoch würde sie tief in ihrem Inneren dieselbe bleiben. Sie hätte immer noch die gleiche Seele, die meiner Holly gehörte. Es war wie bei Emily, die stets von Leuten umgeben gewesen war, die ihr erzählt hatten, ich sei schlecht und sie wolle bestimmt nicht so werden wie ich, und die sich innerlich immer dagegen aufgelehnt hatte. Egal wo und in welcher Zeit sie sich gerade aufhielt, sie war immer Emily.
    Und die 09er Holly, die ich verlassen hatte … Wenn sie gestorben wäre, als Thomas sie von diesem Dach gestoßen hatte, wäre sie in dem Wissen gestorben, dass ich sie geliebt habe und – noch wichtiger – dass sie ebenso sehr lieben konnte.
    Es gibt Schlimmeres als den Tod.
    Sie brauchte nicht mal zu wissen, was ich fühlte. Niemals. Wenn ich ihr sagte, dass ich sie liebte, dann betraf das nur mich, dann redete ich nur von mir selbst. Sie würde allein auf diese Reise gehen müssen. Vielleicht hatte sie sich an diesem Abend ein wenig in die richtige Richtung bewegt, mit ihrer Mutter.
    Das hieß jedoch nicht, dass ich meine Mission, ihr zu helfen, vergessen würde oder dass ich vergessen würde, was Agent Carter zu ihr gesagt und was sie über ihn geschrieben hatte. Nein, ich wollte ihn noch immer in eine Million Stücke reißen.
    Ich nahm ihr Mathebuch und das danebenliegende, nicht fertig ausgefüllte Arbeitsblatt und machte mich daran, ihre Hausaufgaben zu machen und eine Aufgabe nach der anderen zu lösen.
    Gegen zehn rief Stewart mich an. »Ich hab gerade etwas sehr Dummes gemacht. Etwas sehr, sehr Dummes.«
    O Gott. »Was denn?«
    »Ich hab Healy ein Wahrheitsserum gegeben«, krächzte sie, und ich hörte die Panik in ihrer Stimme.
    »Warum?«, fragte ich und senkte meine Stimme zu einem Flüstern. »Was wolltest du damit erreichen?«
    »Ich weiß nicht, wie viel Zeit ich habe, um es zu erklären, du musst dich also extrem beeilen.«
    Im Hintergrund hörte ich Autos vorbeifahren. Sie musste irgendwo draußen herumlaufen.
    »Du musst einen Halbsprung machen, zum 20. Oktober 1952.«
    »Was?«
    »Tu’s einfach, Junior! Denk dran: Ich hab was gut bei dir«, bat sie. »Es geht um deinen Vater. Erinnerst du dich noch an Bill’s Tavern?«
    Ich hörte aufmerksam zu, während sie die Straße und exakt die Ecke beschrieb, zu der ich gehen musste, dann legte sie auf. Ich hatte keine Ahnung, ob ich überhaupt so weit zurückspringen konnte, aber ich musste es versuchen.
    1952, das dürfte interessant werden. Unmittelbar bevor ich lossprang, spürte ich noch, dass mein Handy erneut vibrierte. Zu spät. Ich bin schon halb weg.

26
    20. Oktober 1952, 12:28 Uhr
    Der Sprung verwirrte mich mehr denn je. Die Stadt war phantastisch in diesem Jahr. Das zu sehen

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