Feinde der Zeit: Roman (German Edition)
mich heute Morgen noch bestechen wolltest?«
»Weil ich wusste, dass sie mir nicht glauben würden. Ihnen die Wahrheit ins Gesicht zu sagen war die beste Garantie dafür«, sagte sie, ohne zu zögern.
Darauf wusste ich nichts zu erwidern. Der Gedanke entbehrte sicher nicht einer gewissen Logik, aber jetzt wusste ich nicht mehr so recht, ob ich ihr die Geschichte abnehmen sollte. Womöglich war das aber auch ihr Plan. Vielleicht spielte Michael nur die Rolle des angehenden Kochs und arbeitete in Wahrheit für Eyewall. Wer zum Teufel soll das wissen?
8
11. Juni 2009, 22:00 Uhr
Alles in Stewarts Apartment sah brandneu aus; eine persönliche Note suchte man hier vergebens. Ich wanderte durchs Wohnzimmer und betrachtete die austauschbaren Bilder an der Wand.
Stewart lehnte am Kaminsims und beobachtete mich dabei. Als ich mich schließlich zu ihr umdrehte, stand schlagartig die Frage im Raum, die ich bis zu dieser Sekunde aus unerfindlichen Gründen nicht an mich herangelassen hatte: nämlich die, warum sie mich hierher eingeladen hatte und ich mitgegangen war.
Ich nahm den Inhalator in die Hand, der auf dem Couchtisch lag. Er war der einzige persönliche Gegenstand in diesem Zimmer. »Ich wusste gar nicht, dass du Asthma hast. In deinem Profil steht davon nichts.«
Sie kam zu mir, nahm den Inhalator und steckte ihn in die Handtasche, die sie immer noch über der Schulter trug. »Ich hab kein Asthma. Ich leide lediglich unter einer vorübergehenden Lungenschädigung, weil ich Rauch eingeatmet habe.«
»Dann habe ich dich wohl in Deutschland nicht früh genug gerettet?«
»Ehrlich gesagt ist das der Grund, warum ich dich eingeladen habe.« Sie seufzte und trat noch einen Schritt näher. »Freeman hatte mir befohlen, Thomas nicht zu verfolgen, aber ich hab es trotzdem getan. Deshalb bin ich überhaupt dort gelandet. Ich hab Parker mit zwei EOTs alleingelassen.«
Mir klappte die Kinnlade runter. »Das hat Freeman in seinem Bericht mit keinem Wort erwähnt. Er hat gesagt, du wärst allein dort gewesen, weil er über sein Funkgerät nur Rauschen gehört hätte und deshalb nicht –«
Sie hielt die Hand hoch. »Ich weiß, was in dem Bericht steht. Ich hab ihn schon ungefähr eine Million Mal gelesen.«
»Hast du eine Ahnung, wie oft ich mich schon über Anordnungen hinweggesetzt habe?«, fragte ich.
»Ja, ich weiß. Deshalb erzähle ich dir das ja. Du kannst mich nicht in die Pfanne hauen, ohne dass du selbst mächtig Ärger kriegst. Erpressung ist meine Spezialität.«
Sie stand jetzt so dicht vor mir, dass ich ihr direkt in den Ausschnitt sehen konnte. Ich hob den Blick, um mich nicht ablenken zu lassen. »Ich würde dich nicht verpetzen, auch ohne Erpressungsversuch nicht.«
Ihre permanenten Stimmungsumschwünge ermüdeten mich. Senator Healys Aufforderung war nicht der einzige Grund, warum ich Stewarts harte Schale zu knacken versuchte. Irgendwie wollte ich herausfinden, ob sich hinter ihrer Fassade überhaupt ein richtiger Mensch verbarg. Ich seufzte laut und trat ein paar Schritte zurück. »Ich verstehe dich nicht. Ich weiß, dass genau das dein Ziel ist, aber es ist ganz schön ätzend, mit dir zusammen zu sein. Jedenfalls so.«
Sie sah ein bisschen schockiert aus, aber nur ganz kurz, dann hatte sie sich wieder gefangen. »Ich bin gar nicht so viel anders als du. Denk mal drüber nach. Du kannst auch ganz schön distanziert sein.«
»Was ist der wahre Grund, warum du mich zu dir eingeladen hast, Stewart?«
Ihre Finger glitten über den Kaminsims, als wollte sie überprüfen, ob Staub darauf lag. »Parker glaubt, ich würde meine Gefühle für dich verleugnen, und Mason stößt neuerdings ins gleiche Horn, aber das ist nicht wahr. Ich mag dich nicht, und manchmal … hasse ich dich sogar.«
»Ich hatte auch noch nie das Gefühl, dass du mich magst«, gab ich zu. »Parker will dich nur aufziehen.«
»Dann sind wir uns also einig, was das angeht?«, fragte sie.
Ich zuckte mit den Schultern. »Ja, absolut.«
Dann trat sie plötzlich auf mich zu und küsste mich. Ich meine, so richtig. Ohne nachzudenken, stieß ich sie weg. »Was soll das?«
»Du magst mich nicht, ich mag dich nicht«, sagte Stewart beiläufig. »Also wird es zwischen uns perfekt funktionieren.«
»Nimm das jetzt bitte nicht persönlich, auch wenn ich ja weiß, wie empfindlich du bist, aber ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, wie aus dir und mir auch nur annähernd so was wie ein Paar werden könnte.«
»Okay«, sagte
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