Feinde der Zeit: Roman (German Edition)
auch nicht so furchtbar überraschend ist, weil er gerade auf einer Mission ist. Trotzdem macht es mich nervös. Womöglich begehe ich heute Abend sogar irgendeine Dummheit. Zum Beispiel könnte ich bei dir vorbeifahren, nur um zu sehen, ob du da bist. Ich weiß, dass Holly mich nicht erkannt hat, aber irgendetwas sagt mir, dass du es vielleicht tun würdest. Das ist durch keine Logik zu begründen, einfach nur so ein Gefühl. Vielleicht will ich es auch nur glauben. Ich brauche heute Abend irgendwas, das mich ablenkt, damit ich keine Dummheiten mache.
Jackson
»Ich fasse es nicht, dass Senator Healy zu Tempest gehört! Und auch noch Marshalls Stellvertreter ist. Das ist doch vollkommen verrückt!«
»Hörst du noch mal irgendwann auf, das zu sagen?«, fuhr Stewart Kendrick an.
Stewart, Mason, Kendrick und ich saßen nicht weit vom Plaza entfernt in einem Thai-Restaurant.
»Es gibt eine ganze Menge Dinge, die wir nicht über unsere Organisation wissen«, sagte ich. »Wir sitzen am untersten Ende der Informationskette.«
»Freeman sah genauso schockiert aus wie wir alle«, sagte Kendrick. »Glaubst du, er hat es gewusst?«
Wir wurden alle für ein paar Minuten still. Niemand von uns hatte darauf eine Antwort, zumindest keine, die er den anderen mitteilen wollte. Aber es war eine sehr gute Frage.
»Echter Arbeitsalltag ist voll ätzend«, jammerte Mason, um das Thema zu wechseln. »Ich kann nicht glauben, dass wir den weiten Weg nach New York zurückgelegt haben, nur um hier ein paar blöde Kontrollen durchzuführen, die auch jeder halbwegs kompetente FBI-Agent hätte machen können.«
»FBI-Agenten sind alles andere als kompetent«, wandte Stewart ein.
»Wir sind wie Assistenzärzte«, sagte Kendrick. »Diejenigen, die schon ein paar Jahre dabei sind, werden immer zuerst gerufen. Aber sie werden uns schon nicht versauern lassen, bis wir alle fette Loser-Agenten geworden sind, oder was meint ihr?«
»Hoffentlich nicht«, sagte Mason. »Agent Meyer steckt bestimmt knietief in irgendeiner tollen Mission und lacht sich tot, was für Jammerlappen wir doch alle sind.«
Allein der Gedanke daran, dass Dad auf einer gefährlichen Mission sein könnte, ließ mein Herz rasen.
»Vielleicht sollten wir eine neue Matratze für dein ekliges Bett kaufen gehen«, schlug Kendrick vor und verhinderte so, dass ich länger über Dads Aufenthaltsort nachgrübeln konnte. »Dann machen wir dem nächsten CIA-Agenten, der dieses Apartment zugeteilt bekommt, das Leben ein bisschen angenehmer. Allerdings habe ich vorher noch nie jemanden aus dieser Tür kommen sehen. Michael hat gesagt, es könnte sein, dass er –«
»Michael?«, fragte Stewart und schaute extrem neugierig und amüsiert, als Kendricks Augen sich vor Schreck weiteten. Sie hatte sich soeben verplappert.
Kendrick sah mich an und seufzte dann. »Michael ist mein Verlobter.«
Mir rutschte die Gabel aus der Hand und fiel scheppernd auf den Glasteller. Sie hat es ihnen einfach so gesagt? Nach all dem Stress heute Morgen?
»Wie bitte?«, entfuhr es Mason und Stewart gleichzeitig.
»Ich werde heiraten. Ihr wisst schon, Hochzeit feiern. Ich weiß nur noch nicht genau, wann. Wahrscheinlich wenn wir irgendwann mal mit dieser Ausbildung fertig sind und unsere festen Stellen zugewiesen bekommen haben«, sagte Kendrick.
Feste Stellen waren bei der CIA nicht unbedingt üblich. Dads Situation war eher eine Ausnahme, und er hatte trotzdem andauernd auf Reisen gehen müssen. In welcher Phantasiewelt lebte Kendrick? Ich hatte sie eigentlich immer eher für eine Realistin gehalten.
»Das ist ja originell«, sagte Stewart, als hätte sie diese Information total verblüfft. »Bei so langweiligen Aufträgen wie diesen hier haben wir bestimmt alle Zeit zu heiraten und ein paar Kinder in die Welt zu setzen. Ich persönlich würde ich mich ja eher erschießen, aber jeder, wie er Lust hat.«
»Du bist so eine verdammte Zicke«, sagte Kendrick. »Hat dir das eigentlich schon mal jemand gesagt?«
Ich musste mir ein Lachen verkneifen, weil Kendrick todernst guckte, so als wollte sie Stewart im Grunde helfen.
Masons Augen schossen zwischen den beiden hin und her, aber Stewart grinste nur und winkte ab. »So gut wie jeder hat mir schon gesagt, dass ich eine Zicke bin, aber das ist mir scheißegal. Mein Leben wird zumindest nicht voller Enttäuschungen sein.«
Kendrick sah ein bisschen verwirrt aus, aber ich wusste genau, was Stewart meinte. Auch wenn ich eigentlich gar keinen Wert
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