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Feinde der Zeit: Roman (German Edition)

Feinde der Zeit: Roman (German Edition)

Titel: Feinde der Zeit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Cross
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war. »Und wie war dein Name, bevor sie dir einen neuen verpasst haben?«
    »Kathleen Goldman. Meine Mutter ist zu hundert Prozent Irin und mein Vater halb jüdischer Herkunft, halb afrikanischer.« Sie lachte leise. »Ich hab also keine Ahnung, als was ich mich eigentlich betrachten soll.«
    »Das geht ja im Grunde jedem zweiten Amerikaner so«, erwiderte ich achselzuckend. »Und da du unterschiedlichen Ethnien entstammst, ist es auch umso leichter für dich, verschiedene Identitäten anzunehmen. Auch das ist nützlich für die CIA.«
    Sie schenkte sich noch ein Glas ein und füllte auch meins auf; ich hatte es geleert, ohne es überhaupt zu merken. »So, das waren jetzt schon weit mehr als fünf Minuten. Jetzt ist erst mal Schluss.«
    »In Ordnung«, sagte ich, erhob mich und konnte zusehen, wie der Raum sich zu drehen anfing. Ich hatte erwartet, dass es mich mehr berühren würde, wenn ich solche persönlichen Dinge hörte, aber keines dieser Details bewies, dass sie eine ehrliche Haut war, außer vielleicht einer Sache. »Hast du meinen Dad dafür gehasst, dass er dich zu diesem Leben verurteilt hat?«
    Sie stand auf und rückte das Kissen auf der Rückenlehne des Sofas zurecht. »Nein, gar nicht. Da ich weiß, dass du nie im Gefängnis gesessen hast, musst du mir einfach glauben, dass mir im Knast zwei Monate wie zehn Jahre vorkamen. Ich hätte das nie überlebt ohne –«
    Sie drehte sich abrupt um, ohne den Satz zu beenden.
    »Ohne was?«
    »Ohne jemanden erschießen oder sonstwas Illegales zu tun zu dürfen.« Obwohl sie ihr Glas gerade gefüllt hatte, nahm sie einen weiteren großen Schluck direkt aus der Flasche.
    Ich wusste nicht, was ich sagen sollte. Sie hatte etwas anderes geantwortet, als sie ursprünglich sagen wollte. Das war offensichtlich. Und wenn ich so darüber nachdachte, hatte Jenni Stewart noch nie schlecht über meinen Vater geredet. Nicht ein einziges Mal. Außerdem sah ich die Angst in ihren Augen. Sie wollte nicht, dass ich es herausfand. Dass es mindestens einen Menschen gab, den sie nicht hasste. Und ich kapierte es. Natürlich. Die Art und Weise, wie Dad nach dem Memogas-Einsatz mit Kendrick gesprochen hatte, sein Tonfall. Er kümmerte sich genauso um Stewart, wie er sich um mich und Courtney gekümmert hatte. Er konnte nicht anders. Menschliches Mitgefühl. Das war der Begriff, den er Thomas gegenüber in diesem Gespräch im Jahr 2005 benutzt hatte.
    Mit der peinlichen Stille, die eingetreten war, konnten wir beide nicht umgehen. Sie trat näher und stolperte dabei leicht, woran ich erkennen konnte, wie betrunken sie schon war. Dann küsste sie mich erneut. Diesmal langsam, um mir die Chance zu geben, mich zurückzuziehen, doch ich tat es nicht. Über ihre Vergangenheit zu reden war für mich fast genauso schwierig wie für sie. Ihre Hände lagen an meinem Gesicht, ganz leicht. Diesmal war nichts von dem, was sie tat, zu forsch. Mein Herz schlug sofort schneller, aber ich war mir nicht sicher, ob das gut war – oder ob es mir eine Warnung sein sollte.
    Ich brauchte einen Moment, um zu kapieren, dass sie mich zu ihrem Schlafzimmer zog. Zumindest nahm ich an, dass es ihr Schlafzimmer war. Der Abstand zwischen uns half mir, mich zu konzentrieren, obwohl sich in meinem Kopf alles drehte. Gleich nachdem wir ihr Zimmer erreicht hatten, blieb ich stehen. »Das ist keine gute Idee.«
    »Warum?«
    »Vertrau mir einfach. Das ist keine gute Idee.«
    »Ich vertrau dir aber nicht«, erwiderte sie grinsend. »Sag mir, warum es keine gute Idee ist.«
    Weil ich dich nicht liebe … Ich mag dich nicht mal. »Wir arbeiten zusammen, schon vergessen? Das wird uns alle nur in Verlegenheit bringen und –«
    Sie schob ihre Hände hinten unter mein Hemd und zog es mir über den Kopf. Ich sah zu, wie es zu Boden fiel, eine symbolische Botschaft. Ablenkung. Ich brauchte Ablenkung, und wenn ich Ablenkung brauchte, dann brauchte sie sie ja vielleicht auch?
    Sie drückte ihre Lippen auf meinen Hals, und das fühlte sich gar nicht schlecht an. Im Gegenteil. »Warte. Warte einfach mal eine Sekunde.«
    Sie ließ die Arme sinken und trat einen Schritt zurück, hielt meine Hand dabei aber fest. »Was ist dein Problem, Jackson?«
    »Erstens bist du betrunken, und ich bin es vielleicht auch.« Ich setzte mich auf die Bettkante und holte tief Luft. »Das hier ist doch einfach nur eine andere Art der Manipulation, oder?«
    Sie zuckte mit den Schultern. »Was macht das für einen Unterschied? Was könnte ich denn

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