Feinde der Zeit: Roman (German Edition)
dabei, heute Abend eine heiße Braut abzuschleppen?«
»Vorausgesetzt, du schlägst sie nicht in die Flucht«, neckte sie mich und nickte in Hollys Richtung, die gerade im Gespräch mit Brian und dem Arzt war, der seine Schulter heilen sollte.
»Ob du’s glaubst oder nicht. Ich hab ein Händchen dafür, im entscheidenden Moment alles falsch zu machen«, gestand ich.
Ich schaute auf meine Uhr und stöhnte, als ich sah, dass erst anderthalb Stunden vergangen waren. Blieben also noch vier. Was mir wie eine Ewigkeit vorkam. Ich konnte es gar nicht erwarten, den Flieger zurück nach Frankreich zu besteigen oder wo auch immer ich als Nächstes hingeschickt würde. New York hatte als meine Lieblingsstadt ausgedient. Wenn ich mich hier derart bescheuert aufführte …
Von meinem Barhocker aus hatte ich alles gut im Blick – eine perfekte Ausrede, einfach dort sitzen zu bleiben und weiterzutrinken. Kendrick schlenderte durch den Saal und knüpfte hier und da charmant ein Gespräch an, während ich einfach sitzen blieb und mich ein wenig betrank. Okay, mehr als nur ein wenig. Währenddessen vergaß ich jedoch nicht, jedes noch so kleine Detail in diesem Saal wahrzunehmen und zu bewerten und mir einzuprägen. Gleichzeitig versuchte ich, mir einen Reim auf Kendricks kleine psychiatrische Sitzung von vorhin zu machen. Sie erinnerte mich daran, wie der Adam von 2007 mir einmal vorgehalten hatte, ich würde mich nicht wirklich so benehmen, als wäre es mir ernst mit Holly.
Jetzt war es genau umgekehrt. Ich war ohne sie, weil ich mich schuldig fühlte.
Ein paar Drinks später hörte ich auf, über das nachzugrübeln, was Kendrick gesagt hatte, und ließ auch ein wenig nach in der Beobachtung sogenannter potentieller internationaler Terroristen, da Holly mit Brian tanzte und ich ihren Rücken gut im Blick hatte. Die Ellbogen auf den Tresen gestützt, beobachtete ich, wie Holly sexy ihre Hüften wiegte. Es war angenehm, wieder ein ganz normaler Typ sein zu können, der einem Mädchen auf den Hintern starrte und eigentlich an nichts weiter dachte. Jedenfalls mal nicht an Dinge, bei denen es um Leben und Tod ging.
»Na, welche hat es dir angetan?«, fragte mich der Barkeeper.
Ich zeigte mit meiner Bierflasche auf Holly. »Die Blonde in der Mitte, die Kleine mit den hohen Absätzen.«
Der Barkeeper grinste und legte mir eine Hand auf die Schulter. »Kein Wunder, dass du hier drüben sitzt. Ihr Freund sieht aus, als könnte er dich mit einer Hand zerquetschen.«
Ich schnaubte in mein Bier. »Mit dem kann ich’s aufnehmen.«
»Träum weiter, Kleiner, träum weiter«, sagte er kopfschüttelnd.
Leider war ich inzwischen betrunken genug, um darüber nachzudenken, ob ich aufstehen und ihm beweisen sollte, dass er unrecht hatte. Aber nachdem ich Kendrick ein paar Minuten lang dabei zugesehen hatte, wie sie mit dem Russen plauderte, in der Hoffnung, dass sie bald zurückkam und ich sie nach ihrer Meinung fragen konnte, setzte sich plötzlich jemand direkt neben mich und fragte den Barkeeper: »Was gibt’s denn hier vom Fass?« Ich drehte mich auf meinem Hocker und sah Holly dort stehen. Sie schaute den Barkeeper hoffnungsvoll an, der jedoch die Arme vor der Brust verschränkte und nur erwiderte: »Für dich nur Cola oder Wasser.«
Selbst in meinem betrunkenen Zustand erwartete ich, dass sie nervös die Hände ringen oder wegen unseres peinlichen Beinahe-Kusses einen deutlichen Abstand von mir halten würde. Doch als sie kurz zu mir hinschaute, lächelte sie (ohne rot zu werden). »Ich dachte, du wärst schon gegangen.«
Ich erwiderte das Lächeln und sah dann den Barkeeper an. »Sie ist ein Ehrengast von Senator Healy. Ich bin sicher, er hätte nichts dagegen.«
»Ein Bud light?«, fragte Holly nun schon etwas selbstbewusster.
»Natürlich«, sagte er und holte ihr Bier.
Ich wartete immer noch darauf, dass Holly irgendwelche Anzeichen von Nervosität zeigte, doch sie setzte sich neben mich und wandte sich mir sogar zu. »Ganz schön geschickt. Machst du so was öfter? Andere einschüchtern, indem du ein paar große Namen fallen lässt?«
Der Alkohol in Kombination mit Hollys vertrautem Duft und den Bildern von ihrem aufreizenden Tanzstil vorhin ließen mir keinen Raum mehr für Sorgen und Angst. Oder logisches Denkvermögen. Hoffentlich wählte einer der Eyewall-Agenten nicht ausgerechnet diesen Moment, um aus dem Nichts aufzutauchen und mich umzubringen.
»Was glaubst du denn?«, fragte ich, als der Barmann ihr das Glas
Weitere Kostenlose Bücher