Feinde der Zeit: Roman (German Edition)
Vorspiel in der Vertikalen gleichgekommen.
Ich griff nach ihrer Hand, zögerte dann jedoch. Irgendwas an ihrem Verhalten stieß mir seltsam auf. Ihr ganzes Benehmen war merkwürdig. Trotz meines ganzen Bierkonsums fragte ich mich, ob das nicht vielleicht eine ganz besonders raffinierte Art war, mich reinzulegen. Wenn Stewart Holly aber vorgeschickt hatte, weil sie wusste, dass sie mir auf die Tour übel mitspielen konnte, hatten wir noch ein ganz anderes Problem. Denn dann wusste sie auch über mich und meine Fähigkeiten Bescheid.
»Kommst du jetzt, oder nicht?«, fragte Holly in einem allzu unschuldigen Ton. »Ich liebe diesen Song.«
Daraufhin verdoppelte sich mein Misstrauen, aber ihm fehlte eine logische Grundlage, außer der eigentlich unmöglichen Tatsache, dass diese Holly mir einfach geben würde, was ich wollte, und das auch noch ungefragt. Statt zu antworten, schaute ich sie nur an, und sie zog mich zur Tanzfläche. Als wir dort ankamen, kam mir die allerverrückteste, irrationalste und betrunkenste Idee aller Zeiten. Eigentlich war es nur ein Wort, das in meinem Kopf herumkreiste wie eine lästige Fliege in einem Glas Wasser.
Klone.
Ich wischte den Gedanken beiseite, doch er ließ sich nicht vollständig vertreiben. Ich würde es doch merken, wenn das nicht wirklich Holly war, oder?
Die Musik stieg mir zu Kopf, Hollys Hände glitten unter meine Jacke, und das Einzige, was ich noch denken konnte, war: Sie sieht aus wie Holly. Sie riecht wie Holly. Sie fühlt sich an wie Holly . Ich legte meine Arme um ihre Taille und zog sie an mich, bis wir ganz eng tanzten. Als ich spürte, dass ihr der Atem stockte, als hätte ich sie schließlich doch noch überrumpelt, grinste ich befriedigt.
Ich spürte Senator Healys Augen in meinem Rücken. Also beugte ich mich über sie und flüsterte: »Ich bin ganz schön betrunken. Du musst mir sagen, wenn ich … zu sehr rangehe.«
Ihre Schultern spannten sich ein wenig an, doch sie lächelte. »Wenigstens gibt es hier weit und breit kein giftiges Efeu.«
Ich lachte laut und lockerte meinen Griff etwas, damit sie genug Luft bekam. Verzweifelt versuchte ich, mich auf das Hier und Jetzt zu konzentrieren und darauf, diese etwas draufgängerische Ausgabe von Holly genau im Blick zu behalten. Doch der Song, der den Raum erfüllte, erinnerte mich an ein Erlebnis mit meiner Holly. Weil ich mal wieder zu spät zu einer Verabredung erschienen war, hatte sie aus Langeweile und Frust beschlossen, sich mit meinen idiotischen Mitbewohnern zu betrinken. Und als ich dann später kam, hatte ich zur Strafe auf der Kante meines Bettes sitzen und zusehen müssen, wie sie zu ebendiesem Journey-Song tanzte und sich dabei nach und nach auszog und ihre Kleidungsstücke in verschiedene Ecken des Raums schleuderte. Das war nicht die schlechteste Art gewesen, einen Streit zu beenden.
Ich verfolgte alle Gesten und Bewegungen der Holly in diesem Ballsaal ganz genau, während ich mich selbst im Spiel hielt. Als sie näher kam, spannte ihr Körper sich an, doch dann entspannte sie sich wieder und machte irgendwas mit ihren Händen, legte sie mal um meinen Hinterkopf, mal auf meine Brust. All das wirkte total kalkuliert. Geplant. Und es trieb mich in den Wahnsinn. Auf eine ungute Art. Ich hatte sonst nie Gelegenheit, impulsiv zu sein. Jetzt wollte ich etwas tun, das sie total umhauen und dafür sorgen würde, dass sie nur noch eins wollte: mit mir nach Hause gehen und ihre Kleider überall in meinem geliehenen CIA-Apartment verteilen.
Nicht, dass ich das wirklich zugelassen hätte.
Ich drehte sie so, dass sie mit dem Rücken zu mir stand, und legte ihre Arme um meinen Hals. Meine Finger lagen auf ihrem Bauch, während ich mit der Nase sanft erst über ihr Gesicht und dann über ihren Hals strich. Es dauerte nur wenige Sekunden, dann begann ich unwillkürlich, ihren Hals zu küssen. Mein Denken setzte aus, und ich spürte, wie ihr Herz raste und ihr Atem schneller wurde, als mein Mund sich fester in ihre Haut drückte.
»Du riechst nach Vanille«, murmelte ich an ihrem Ohr.
Sie legte ihren Hinterkopf an meine Schulter und schloss die Augen. »Das sagtest du schon.«
»Wann denn?«, fragte ich und ließ von ihrem Hals ab.
Sie drehte sich zu mir um und sah mich ganz benommen an. »Keine Ahnung, irgendwann vorhin.« Dann legte sie ihre Arme um meine Taille und zog mich an sich, bis uns nur noch unsere Kleider voneinander trennten. Das Blut schoss mir buchstäblich vom Kopf in die Füße, dann
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