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Feinde der Zeit: Roman (German Edition)

Feinde der Zeit: Roman (German Edition)

Titel: Feinde der Zeit: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Julie Cross
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schob ich meine Hände langsam auf ihren Hintern, wo sie nicht hingehörten, doch sie ließ mich gewähren. Zumindest eine Sekunde lang.
    Plötzlich endete das Lied. Holly stellte ihren Blick wieder scharf, atmete tief ein und trat einen Schritt zurück. »Ich glaube, ich brauche noch einen Drink.«
    »Aber gern«, sagte ich. Ihr schnelles Umschalten verwirrte mich. Die Hitze, die von uns ausging, lenkte mich nachhaltig ab.
    »Das war … ein guter Song«, sagte Holly, während sie sich setzte.
    Ich lachte. »Ja, ein sehr guter Song.«
    Der Barkeeper brachte mir noch ein Bier und bot auch Holly eines an, doch sie bestellte ein Wasser, was mich erneut zum Lachen brachte.
    »Ich wette, du gehst richtig aus dir raus, wenn du betrunken bist«, neckte ich sie.
    »Und ich wette, dass du das nicht wirst überprüfen können«, neckte sie grinsend zurück. »Es sei denn …«
    Beinahe hätte ich meine Flasche fallen lassen. »Es sei denn, was?«
    »Was sagtest du noch, wo du wohnst?«
    In dem Moment rutschte mir die Flasche tatsächlich aus den Fingern, doch ich fing sie gleich wieder auf. »Weit, sehr weit weg von hier. Außerdem ist meine Wohnung ein furchtbares Loch. Ich meine, ich würde nie ein Mädchen dorthin mitnehmen. Außerdem kennst du mich ja nicht mal.«
    Das freche Grinsen war verschwunden; sie sah mich jetzt neugierig an. »Ja, da hast du nicht ganz unrecht.«
    Es machte mir nicht das Geringste aus, dass sie mit zu mir kommen wollte. Was mir allerdings etwas ausmachte, war der Umstand, dass ich vielleicht nicht der Einzige war. Beim letzten Mal hatte ich vier Dates gebraucht, um die 09er Holly dazu zu bewegen, sich mein Apartment anzusehen, und damals war dann mein Dad zu Hause gewesen, und wir hatten nichts anderes getan, als uns zwanzig Minuten in der Wohnung umzusehen.
    Warum verhielt sie sich so? Ich war vorhin praktisch übergriffig geworden, und jetzt wollte sie mit mir allein sein?
    »Vielleicht gibst du mir ja einfach deine Nummer?«, sagte sie.
    Nein, auf gar keinen Fall.
    Es trat eine peinliche Stille ein, und ich hätte gern etwas Bedeutungsvolles gesagt, auch wenn es für sie vielleicht keinen Sinn ergab. Allerdings wollte ich nicht, dass meine Kollegen mithörten. Ich nahm einen Stift vom Tresen und kritzelte etwas auf eine Serviette.
    Alles Vergangene ist Vorspiel.
    Sie schaute auf die Serviette und las, was da stand. Dann sah sie mich verwirrt an. »Das ist keine Telefonnummer. Ist das Shakespeare?«
    »Ja, das stand heute Mittag in meinem Glückskeks. Ich dachte mir, diese Weisheit sollte ich weitergeben.«
    Sie blickte mir fest in die Augen und sagte dann: »Und? Kennst du noch mehr?«
    Ich zog meinen Hocker näher an ihren heran und schrieb auf die immer noch vor ihr liegende Serviette:
    Die Not bringt einen zu seltsamen Schlafgesellen.
    Sie lachte still in sich hinein. »Ist das der Grund, warum du mir deine Nummer nicht gibst?«
    »Ja, so was in der Art.« Ich legte mein Kinn für eine Sekunde auf ihre Schulter, während ich die nächste Zeile schrieb. »Das hier ist mein Lieblingsspruch.«
    Wer da stirbt, zahlt alle Schulden.
    »Da kann ich mich ja auf was freuen, wenn ich meine Kreditkarten ausgeschöpft habe.« Sie zog eine zweite Serviette heran und schrieb einen Satz darauf: »Mal sehen, ob du das hier kennst.«
    Dann gebiete dem Wind und Feuer Einhalt, nicht aber mir.
    »Dickens?« In Augenblicken wie diesen wäre ich froh, wenn die Zeit nur halb so lang vergehen würde. »Lass mich raten … Das hat dich zu deinem Tattoo inspiriert.«
    Ihr Mund ging auf, doch es dauerte eine Sekunde, bis Worte herausgepurzelt kamen. »Nicht direkt, aber in gewisser Weise schon. Woher wusstest du denn das?«
    Ich sah das Tattoo auf ihrem Schulterblatt genau vor mir. Ich strich ganz leicht mit einem Finger darüber. »Das war einfach nur geraten. Vielleicht bist du aber auch extrem durchschaubar.«
    Ich beobachtete ihre Miene, während ich die nächsten Worte schrieb:
    Würdest du einen Fremden küssen?
    »Ich bin überhaupt nicht durch…«, wollte sie protestieren, unterbrach sich jedoch, als sie sah, was da stand. »Würdest du?«, fragte sie.
    »Nein«, sagte ich, bevor meine Lippen ihren Mundwinkel berührten. Diesmal spannte ihr Körper sich nicht an, aber ich spürte, wie sie den Atem anhielt. Ich bewegte mich auf sie, auf ihre Lippen zu, doch zwei sehr laut und aufgeregt miteinander redende Männer wählten genau diesen Moment, um sich auf die andere Seite neben Holly zu setzen, und wir zuckten

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