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Feinde kann man sich nicht aussuchen

Feinde kann man sich nicht aussuchen

Titel: Feinde kann man sich nicht aussuchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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hier
in Oakland. Zum Teil ist die Hafenverwaltung selbst dran schuld; sie hat es
nicht geschafft, das Gelände zusammenzukriegen, das für die Erweiterung nötig
gewesen wäre. Aber es lag auch an den Army-Pionieren und der
Umweltschutzbehörde; die Fahrrinnen sollten ausgebaggert werden, aber es hat
sich verzögert, und die großen neuen Schiffe können uns nicht anlaufen.«
    »Ich dachte, das
Fahrrinnen-Vertiefungsprojekt wäre realisiert worden.«
    »Nur die erste Phase. Jetzt ist der
Umweltschutzbehörde aufgefallen, daß erst mal geeignete Deponien für den
restlichen Schlamm gefunden werden müssen. Typisch Bürokraten — haben es vorher
nicht richtig durchdacht —, und die Verzögerung kostet uns hier Millionen an
Steuergeldern und Tausende von Arbeitsplätzen. Aber das hat nichts mit der GGL
zu tun. Tatsache ist: Sie ist nicht gerade ein bedeutender Wirtschaftsfaktor,
schon länger nicht mehr. Ich würde sagen, ihr Verlust fällt nicht besonders ins
Gewicht, weder für den Hafen noch für den Stadtsäckel.«
    »Und was bedeutet er für das Terminal
hier?«
    »Na ja, natürlich wär’s uns lieber, sie
würden bleiben. Es ist immer hart, einen Großkunden zu verlieren. Aber sie sind
nur eine von vielen Linien, die unsere Anlagen benutzen, und wie ich schon
sagte, Mr. Gordon war immer offen und hat uns genügend Zeit gelassen, andere
anzuwerben.«
    »Mr. Farley, gibt es noch irgend etwas,
was Sie mir erzählen könnten? Zu dem Unfall? Oder über das Verhältnis zwischen
Mr. Gordon und den Beschäftigten hier?«
    Er trat von einem Fuß auf den anderen,
Unruhe im Blick. »Zu dem Unfall nicht. Zu Ihrem Mr. Gordon...«
    »Sie können offen zu mir sein.«
    »Ich verbreite nicht gern
Tratschgeschichten, aber... er ist ziemlich empfindlich. Bildet sich ein, daß
ihm Leute an den Karren fahren wollen. Explodiert bei jeder Kleinigkeit. Es
heißt immer, er sei ein gewiefter Geschäftsmann, aber er geht seine Geschäfte
nicht gerade besonders klug an.«
    Ich wollte gerade nach konkreten
Beispielen fragen, als ich Suits rufen hörte: »Muß schleunigst los. Werde im
Büro gebraucht.« Ich nahm eine meiner Geschäftskarten heraus und steckte sie
Farley zu. »Darf ich Sie anrufen, um noch ein bißchen mit Ihnen über dieses
Thema zu reden?«
    »Wie gesagt, ich verbreite nicht gern
Tratschgeschichten über Leute.«
    »Alles, was Sie mir sagen, bleibt unter
uns.«
    Er nickte, steckte die Karte ein und
nahm mir den Helm ab.
    »Sherry-O, komm !«
    Ich ließ mir Zeit mit der Rückkehr zum
JetRanger, zur Strafe, weil er immer noch diesen blöden Spitznamen benutzte.
     
    Unser nächster Landeplatz war das Dach
eines Bürohauses mitten in der Stadt, nur ein paar Straßen vom Oakland
Convention Center. Der Fahrstuhl, mit dem wir abwärts fuhren — eine uralte
Kabine mit einem Ziehharmonika-Gitter, das von Hand aufgerissen werden mußte —,
ächzte und stöhnte und ruckte unheilverkündend, als er im fünften Stock
anlangte. Suits zerrte an dem Hebel des Faltgitters, stieß die Tür auf und trat
als erster hinaus, in einen schmuddliggrünen Flur mit zernarbter Holztäfelung,
von dem Türen mit unterteilten Wellglasscheiben abgingen. Ich fühlte mich in
die vierziger Jahre zurückversetzt.
    »Die GGL muß wirklich in
Schwierigkeiten gewesen sein, bevor sie dich gerufen haben«, bemerkte ich.
    Suits gab der Fahrstuhltür einen Stoß;
sie blieb an einer aufgewölbten Linoleumplatte hängen. Er hob resigniert die
Hände und strebte den Flur hinunter. »Und ob sie in Schwierigkeiten waren.
Hatten drei Büroetagen, Kaiser Plaza Eins. Rosenholz und Orientteppiche, wo du
hingeguckt hast.«
    »Du hast sie von der Kaiser Plaza hierher verlegt?«
    Er blieb vor einer nicht weiter
gekennzeichneten Tür am Ende des Flurs stehen. »Sanierungs-Grundregel Nummer
eins: Kosten senken. Grundregel Nummer zwo: den Leuten Angst einjagen. Ich habe
die Kosten gesenkt, indem ich die Miete auf ein Drittel reduziert habe. Und ich
habe ihnen Angst eingejagt, indem ich sie in ein vergammeltes Gebäude versetzt
habe, ohne Teppichboden und mit freiliegenden Rohren an den Decken.« Er lachte,
ein schrilles Wiehern, das von den nackten Wänden widerhallte. »Die
Idiotenfraktion hat natürlich gezetert. ›Aber unser Image!‹. Ich habe gesagt: ›Welches
Image?Hier in dieser Stadt weiß doch jeder, daß ihr bis zum Arsch in
unbezahlten Rechnungen steckt.‹ An dem Punkt hat dann ein Teil der Idiotenbande
das Handtuch geworfen und sich wieder nach Ohio verzogen.

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