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Feinde kann man sich nicht aussuchen

Feinde kann man sich nicht aussuchen

Titel: Feinde kann man sich nicht aussuchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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zwar zu Mendocino County, ist aber vom Rest
der Gegend so weit weg wie der Mond. Meine Eltern... sie waren ein paar Jahre
weg, haben etwas von der Welt gesehen, aber sie waren dafür nicht gerüstet, und
es hat sie fertiggemacht. Sie gingen wieder zurück, schotteten sich von der
Welt ab und setzten alles daran, die Familie dort zu halten. Natürlich habe ich
rebelliert. Ich war ganz schön wild.«
    Zu meiner Überraschung nahm Suits den
Faden auf. »Als ich Anna kennenlernte, lebte sie auf der Dope-Farm bei
Garberville — der Hauptgrund dafür, daß ich meine Einkäufe immer dort getätigt
habe. Der Typ, mit dem sie zusammen war, ist —« Er sah Anna an und schüttelte
dann den Kopf. »Ach, spielt ja keine Rolle mehr. Als ich anfing, den Laden zu
sanieren, habe ich ihn rausgeworfen und Anna erzählt, er wolle nicht, daß sie
mit ihm ginge. Das war gelogen, aber sie blieb da; sie hatte sonst nichts, wo
sie hinkonnte, und sie war so hinüber, daß ihr alles egal war. Als mir langsam
klar wurde, wie mies sie dran war, war sie plötzlich verschwunden. Ich habe ein
Jahr nach ihr gesucht und sie schließlich gefunden, in einer Reha-Einrichtung
in Santa Rosa. Es ging ihr gut.«
    »Und ich wollte nichts mehr mit ihm zu
tun haben«, sagte sie. »Ich hatte das alles hinter mir gelassen und wollte mich
nicht mit einem Mann einlassen, der versuchte, eine Dope-Farm in ein
profitables Unternehmen zu verwandeln. Aber er ließ nicht locker, und als er
die erste Rate seiner Million von Gerry bekam, machte er mir ein Angebot, das
ich nicht ausschlagen konnte.«
    Ich sah Suits fragend an.
    »Ich habe sie bestochen, mich zu
heiraten. Ich habe ihr gesagt, sie könne die Hälfte meiner Million haben und
damit machen, was immer sie wolle.«
    Anna sagte: »Ich wußte, was ein guter
Deal ist. Wir haben geheiratet, und er hat die Hälfte seines Gelds für mich auf
ein separates Konto gelegt. Heute ist mir klar, daß das ganz schön
kaltschnäuzig von mir war, aber ich hatte eine Menge durchgemacht und mochte
ihn außerdem inzwischen auch ganz gern. Aber dann hatte ich meinen
High-School-Abschluß, und ich wurde am College angenommen. Suits fuhr wieder
zurück, um die Farm-Sache zu Ende zu bringen, und ich ging ans San José State.
Als er mit der Sanierung dieser Filmtechnik-Firma in L.A. fertig war, war ich
auf dem Weg zu meinem Psychologie-Diplom. Und als er die Sache in Colorado
abgeschlossen hatte, wußte ich, daß ich ihn liebte. Aber ich ging trotzdem
zurück ins Reservat.«
    »Warum?« fragte ich.
    »Um Frieden mit meinen Eltern und
meinen Ahnen zu schließen. Um zu sehen, wie es meinem Volk ging. Ich machte mir
vor allem Sorgen um die jungen Leute; ich wußte, das Reservat konnte sie nicht
halten, aber sie waren für die Außenwelt nicht besser gerüstet, als ich es
gewesen war. Dort oben konnte ich natürlich nichts für sie tun; ihre Familien
wollten nicht, daß ich sie zum Weggehen ermunterte. Also klapperte ich die
Küste ab, bis ich schließlich dieses Haus hier fand. Es hat eine Menge Zimmer,
und dann ist da noch das Gästehäuschen, wo Sie übernachten werden. Die Kids aus
dem Reservat wissen, sie können jederzeit hierherkommen und bleiben, so lange
sie wollen. Während sie hier sind, helfe ich ihnen, Überlebenstechniken zu
trainieren — und ihre Talente zu entfalten. Daß hier heute abend nicht zwei
Teenager herumlungern, kommt nur daher, daß sie drunten in Sausalito sind, weil
die Native American Gallery dort ihre Produkte ausstellt.«
    »Meine Frau«, sagte Suits, »ist eine
von diesen Idealistinnen, die gute Werke tun. Von meinem Geld.«
    Anna bedachte ihn wieder mit einem
ihrer strengen Blicke. »Diese Ehe«, erklärte sie mir, »ist nicht ohne
Schattenseiten.« Dann wurde ihr Blick weich, und sie lächelte ihn an. »Die
schlimmste ist, daß ich einfach nicht genug von diesem Mann habe, auch wenn wir
jeden Abend stundenlang telefonieren.«
    Sie also war es, mit der er bis in den
frühen Morgen geredet hatte.
    Suits und Anna lächelten sich über mich
hinweg an. Ich merkte, daß sie wohl gern ein bißchen Zeit für sich gehabt
hätten. »Was steht denn für morgen auf der Tagesordnung?« fragte ich.
    Suits sagte: »Wir werden die
Hintergrundinformationen durchgehen, die dir Dottie Collier geschickt hat. Und
du kannst deine restlichen Fragen stellen.«
    »Dann werde ich mich jetzt besser mal
aufs Ohr legen.« Ich stand auf und streckte mich. »Wie war das mit dem
Gästehäuschen?«
    »Es heißt Moonshine Cottage.«

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