Feinde kann man sich nicht aussuchen
bestochen hat, ihn zu heiraten.«
Er zog eine Grimasse. »Aasgeier.«
Ich nickte. »Genauso hätte der Mann,
den ich gekannt habe, auch reagiert. Er hätte diesen Gazetten das Maul
gestopft, gigantische Prozesse angestrengt. Aber faktisch hat er nicht mal eine
Presseerklärung herausgegeben. Und was mich am allerwütendsten macht: Es
kümmert ihn überhaupt nicht, wieso Anna sterben mußte. Er tut nichts, um
herauszufinden, wer diese Bombe gelegt hat.«
Ich hielt inne, dachte an den August
zurück. »Weißt du, Suits hat mal so was zu mir gesagt — daß diese Schlächter
ihn niedermachen wollen. Damals dachte ich, das sei übertrieben, aber genau das
haben sie getan. Sie haben seine Frau brutal umgebracht, und die Presse hat ihn
niedergemacht.«
Ich sah Suits antriebslos auf den
schmutzigen blauen Laken liegen, in dem Zimmer im Moonshine Cottage, in dem ich
damals übernachtet hatte. Der Kamin war voller Müll; überall standen Limo-Dosen
und halbabgegessene Teller herum. Ich hatte versucht, ihn dazu zu überreden,
aufzustehen, aufzuräumen, mit mir nach draußen zu kommen, essen zu gehen oder
wenigstens einen Spaziergang zu machen, aber er hatte sich geweigert. Ich hatte
versucht, ihm Annas Cape zurückzugeben, damit er wenigstens etwas von ihr
hätte, aber er hatte sich geweigert, es anzunehmen.
»Behalt es, Sherry-O«, hatte er gesagt.
»Ich will es nicht. Ich will gar nichts.«
Es war die totale Zurückweisung, sowohl
seiner toten Frau als auch unserer erstorbenen Freundschaft. Kurz darauf
verließ ich das Häuschen. Als ich zum Landeplatz zurückkam, sah ich Josh neben
dem JetRanger stehen, einen rußgeschwärzten Steinbrocken betasten und heulen,
wie am Tag der Explosion. Sein Blick blieb an dem Cape hängen, das ich überm
Arm trug; er wandte sich ab und feuerte den Stein ärgerlich ins Meer. Wir
hatten uns seit dem Tag der Explosion nicht mehr gesehen; ich hatte nicht mal
gewußt, ob er überhaupt noch in der Bay Area war.
Hy fragte:»Gibt es irgendwelche
Hinweise darauf, wer die Sprengladung gelegt haben könnte?«
»Nein. Es war Plastiksprengstoff, aber
die Zünder und Drähte verraten gar nichts. Die Polizei glaubt, daß der
Sprengsatz ein paar Tage vorher gelegt wurde, als Anna in Sausalito war, um
zweien ihrer Schützlinge bei der Vorbereitung einer Kunsthandwerks-Ausstellung
zu helfen. Gezündet wurde er dann wohl per Fernbedienung.« Meine Stimme
zitterte; ich atmete tief durch und brachte sie unter Kontrolle, ehe ich
weitersprach. »Sie haben nicht viel gefunden, woran sie ansetzen können; Anna
konnten sie nur dadurch identifizieren, daß der Zahnarzt, der für das Reservat
zuständig ist, ein paar Zahnfüllungen als sein Werk wiedererkannt hat.«
Hy schwieg. Ich sah ihn an; er starrte
auf den fernen Lake Tufa. Das Wasser färbte sich gerade rosagrau, und die
Tuffsteintürme, denen der See seinen Namen verdankt, begannen sich
abzuzeichnen.
Er sagte: »Okay, jetzt laß uns über das
reden, was dir wirklich auf der Seele liegt.«
Der alte nonverbale Draht, den ich
schon verloren geglaubt hatte, war immer noch da. Gott sei Dank war ich, was
uns beide betraf, mit dem Vorsatz hergekommen, erst mal abzuwarten und zu gucken;
vielleicht würde ja doch noch alles wieder gut werden.
»Okay«, sagte ich, »ich glaube nicht,
daß die Explosion den Zweck haben sollte, Anna umzubringen.«
»Nein?«
»Nein. Ich denke, sie sollte
ursprünglich nur die Fortsetzung des Gehabten sein — ein weiterer Versuch,
Suits einzuschüchtern ohne ihn oder sonst jemanden zu verletzen.«
»Du sagst, du hattest das Gefühl,
beobachtet zu werden, als du an dem Nachmittag mit Anna diesen
Strandspaziergang gemacht hast. Wer immer diesen Sprengsatz gezündet hat,
wußte, wer sich dort im Haus befand.«
»Stimmt.«
»Aber was ist dann schiefgelaufen?«
»Dafür muß ich ein bißchen ausholen.
Bei meinem Gespräch mit Romanchek, bevor ich letzte Woche nach Mendo
raufgefahren bin, hat er mir erzählt, Suits sei an dem Wochenende unter anderem
deshalb zu Anna gefahren, weil er sie bitten wollte, in die Stadt zu ziehen. Es
war keine plötzliche Entscheidung; etliche seiner Leute wußten davon. Er wollte
Anna überrumpeln, es ihr erst kurz vor seiner Abreise sagen und sie dazu
bringen, gleich mitzukommen.«
»Hätte sie das denn so kurzfristig
getan?«
»Romanchek behauptet, ja. Wenn Suits
sie vorher gefragt hätte, wäre Anna mit allen möglichen Gegenargumenten
gekommen. Aber sie war offenbar eine Frau, die spontane
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