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Feinde kann man sich nicht aussuchen

Feinde kann man sich nicht aussuchen

Titel: Feinde kann man sich nicht aussuchen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Marcia Muller
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wenn mein
Dienst anfängt.«
    Ich sah ungeduldig auf meine
Armbanduhr.
    »Das sind nur noch gut zwei Stunden«,
sagte er. »Sie werden schon irgendwas finden, um sich so lange zu amüsieren.«
     
    Ich beschloß, die Zeit zu nutzen, um
den Film in meiner Nikkormat vollends zu verknipsen. Ich hatte die große
Kameratasche und das Sortiment an Vorsatzobjektiven — erworben in Tagen, als
ich mich noch für eine Berufsfotografin in spe gehalten hatte — daheim gelassen
und nur die Kamera selbst, versehen mit einem 28-mm-Weitwinkelobjektiv,
eingepackt. Daher bot es sich an, ein paar Panoramaaufnahmen von der Stadt zu
machen. Also fuhr ich die Bergstraße hinauf, die zu Leon Decks Haus führte.
    Unterwegs dachte ich an die Zeit, als
ich das Fotografieren noch ernsthaft betrieben hatte. Ich hatte alle Foto-Kurse
belegt, die sich mit meinem College-Stundenplan vereinbaren ließen, und später
dann noch weitere in der Zweig-Niederlassung der Universität in San Francisco
selbst besucht; insgesamt hatte ich sicher Jahre in der Dunkelkammer
zugebracht. Und als ich dann schließlich endgültig aus den chemischen Dämpfen
und dem Schummerlicht herausgetreten war, hatte ich mir eingestehen müssen, daß
meine Versuche ganz ordentlich waren, aber mehr auch nicht. Ganz ordentlich und
ein bißchen banal.
    Nach dieser Enttäuschung hatte ich die
Nikkormat erst mal eine Zeitlang weggepackt und sie dann schließlich beim
Observieren eingesetzt. Doch eines Tages, als ich einen kajakfahrenden
Versicherungsbetrüger von einem nahen Segelboot aus festgehalten hatte, war mir
aufgegangen, daß mir der Umgang mit der Kamera immer noch großen Spaß machte.
Von meinem selbstauferlegten Perfektionsanspruch befreit, produzierte ich jetzt
kommerziell entwickelte Farbfotos zu meinem Vergnügen, und der Teufel sollte
mich holen, wenn sie nicht immer besser wurden. Bald würden die rissigen Wände
meiner Eingangsdiele mit Vergrößerungen tapeziert sein, und irgendwann würden
die Bilder ins Wohnzimmer hineinschwappen.
    Ich erreichte einen guten
Aussichtspunkt, stieg aus dem Landrover, nahm die Kamera aus der Hülle und
legte sie darauf. Entfernte die Schutzkappe, justierte Blende und Belichtung.
Der Belichtungsmesser benahm sich seltsam — wahrscheinlich die Batterie. Ich
stellte die Entfernung ein, prüfte den Sucherausschnitt und drückte dann auf
den Auslöser.
    Das würde ein tolles Bild werden; manchmal
konnte man es einfach vorhersagen. Aber wenn der Belichtungsanzeiger so komisch
zuckte — sollte ich da nicht lieber noch eins machen? Ich verstellte die
Belichtungszeit, spannte — Irgendwas stimmte nicht.
    Ich drückte auf den Auslöser, versuchte
noch mal zu spannen. Kein Widerstand — der Transporthebel schlackerte. Als sei
gar kein Film im Apparat...
    Ich wiederholte die Prozedur ein
weiteres Mal. Versuchte zurückzuspulen. Nichts. Nahm die Kamera hoch und
drückte auf den Verschluß der Filmeinlegeklappe. Leer. Jemand hatte den Film
mit den Flaschenhaus-Fotos von heute morgen herausgenommen. Wann? Ich
überlegte, wo sich die Kamera seit diesen Aufnahmen befunden hatte. Um meinen
Hals, als ich mit Leon Deck geredet hatte. Desgleichen, als ich zum Landrover
zurückgegangen war. Unter dem Fahrersitz, während ich im Hotel, auf dem
Rathaus, in der Bibliothek und im Waschsalon gewesen war. Hatte ich den Rover
abgeschlossen? Schwer zu sagen. Den Wagen abzuschließen, war ein Reflex, durch
das langjährige Großstadtleben eingeschliffen. Andererseits kam es vor, daß man
so etwas vergaß.
    Aber wer sollte meinen Film gestohlen
haben? Und warum?
    Keine Ahnung. Aber sei’s drum.
     
    Im Branchenverzeichnis der Stadt war
nur ein Foto-Schnelldienst eingetragen, an der Hauptstraße, nicht weit von
meinem Hotel. Die junge Frau hinter dem Ladentisch bestätigte, daß heute
tatsächlich ein teilbelichteter 35-mm-Farbfilm mit Aufnahmen von Leon Decks
Flaschenhaus abgegeben worden sei, aber sie weigerte sich, mir den Namen des
Kunden zu nennen. Ein Fünfer untergrub ihr Berufsethos beträchtlich; die Kundin
sei Mrs. Walker gewesen, die Eigentümerin des Ladens für indianisches
Kunsthandwerk. Sie habe den Film so gegen elf gebracht und die Bilder vor einer
guten Stunde abgeholt.
    Gegen elf war ich im Hotel gewesen, und
der Landrover hatte auf dem bewachten Parkplatz gestanden.
     
    »Klar habe ich sie an Ihren Rover
gelassen«, sagte der Parkwächter mürrisch. »Mr. McNear hat gesagt, ich soll’s
tun.«
    Ich machte auf dem Absatz kehrt, ließ
ihn

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