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Feindesland

Feindesland

Titel: Feindesland Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Oliver Uschmann
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Rock'n'Roll.«
    Hartmuts Koteletten biegen sich nach oben, und er stimmt ein: »Taxi mit Heavytalk. Philosophisches Taxi. Taxi mit Snackbar. Taxi mit Heavy Metal. Taxi für Studenten.«
    Cevats Brüderchen dreht sich um: »Taxi mit Spielkonsole!«
    Susanne, Hartmut und ich strahlen.
    »Ein Taxiunternehmen?«, fragt Caterina, aber nicht skeptisch, sondern so, wie man fragt, ob man wirklich seine erste Bergtour in Nepal machen sollte.
    »Ja, warum nicht?«, sagt Susanne. »Die Regierung pusht öffentliche Verkehrsmittel. Sie will den Privatverkehr abschaffen.«
    Jetzt, wo Hartmut die Idee begriffen hat, ist auch in seinem Kopf der Motor angesprungen. Er läuft auf dem Teppich umher. Joggt. Macht Kniebeugen. Ausfallschritte. Wechselschritte. Handstand. Dann sagt er: »Ich hab's! Wir nennen es«, er zeichnet mit der Hand eine imaginäre Leuchtreklame in die Luft, »wir nennen es MyTaxi. Wie MySpace. Individualisierung. Wir erschaffen das Taxi für jedes Bedürfnis. Der Kunde steigt ein und sagt nicht nur die Straße, sondern auch: Nichtraucher, kein Smalltalk, ein Käsebrötchen und ein bisschen Mozart, bitte!«
    »Oder er sagt: Raucher, ein gepflegtes Gespräch über Barack Obama, ein kühles Radler und ein bisschen Eric Clapton, bitte!«
    »Genau! Das kostet nur ein bisschen Eingewöhnungszeit. Sobald die Kunden das kennen, werden sie statt der normalen Taxen immer ein MyTaxi nehmen. Wir kennzeichnen sie etwas anders, andere Farbe, frisches Firmenlogo.«
    »Wir machen eine Webseite, wo Kunden ihr Lieblingstaxi bereits mit allen Optionen vorbestellen können!«
    »Das wird Kult«, sage ich.
    »Das ist schon Kult!«, sagt Caterina. »Meine Güte, was hat das für Potential!«
    »Wir restaurieren alte Autos und machen sie taxitauglich«, sagt Susanne. »Wir fangen mit einem kleinen Fuhrpark an und werben ein paar junge Fahrer ab. Überleg mal, die hören nur den Namen und laufen doch schon zu uns über.«
    »Vielleicht malen wir ein Taxi schwarz an, und das ist dann das reine Gothic-Taxi, so beliebt wie das hier ist.«
    »Und eines lackieren wir in Gehacktes-Farbe und machen es zur festen Bulettenschleuder.«
    »Ich bin doch Automechaniker«, sagt Cevat, »im Februar werde ich fertig. Ich kenne jetzt schon viele ausgebildete Kollegen, die bei Boxenstop arbeiten, dieser Werkstattkette. Die sind unglücklich, weil sie nur auf Provision arbeiten. Die müssen unschuldigen Hausmütterchen jeden Tag neue Traggelenke und Stoßdämpfer andrehen, obwohl die alten noch in Ordnung sind, um auf ihr Soll zu kommen. Die würden vielleicht mitmachen, so etwas aufzubauen.«
    Caterina sagt: »Kennt ihr Bornemann? Diesen Lampenhändler aus dem Prenzlauer Berg? Der hat eine Manufaktur gegründet, in einem Zimmer, das ist kleiner als die Wohnung hier. Verkauft über 1000 Lampen im Jahr. Hat sich vorher als Bauleiter kaputtgemacht.«
    »Oder >Strike-Bike<«, sagt Hartmut. »Fahrräder, die ursprünglich von der Belegschaft von Bike Systems entwickelt wurden, als die ihren Betrieb bestreikt haben, weil so ein US-Investor ihn schließen wollte. Vor zwei Jahren war das, in Thüringen. Die haben einfach autark Räder gebaut, Anarchoräder in Schwarzrot, aber von guter Qualität. Milo fährt so eins. Mittlerweile ist das eine reguläre GmbH. Die verkaufen gut. Und warum? Die haben sich inzwischen spezialisiert. Auf Räder mit Elektromotor und Anhänger. Allein die City-Maut dürfte ihnen viele neue Kunden verschaffen.«
    »Ein Taxiunternehmen ist schon eine Nummer größer«, sage ich.
    »Ja, aber in diesen Tagen? Wenn wir ein, zwei Wagen mit Erdgas statt Sprit betreiben, bezahlt das Moralministerium uns zur Belohnung das ganze Firmengelände.«
    Caterina knetet glücklich ihre Hände. »Also prügeln wir uns nicht mit den Russen, sondern retten die Zivilisation, ja? Wir suchen uns einen netten Polizisten, zeigen sie an, gründen MyTaxi und kommen hier raus.«
    »Und das alles so schnell, wie der Staat sein GNS macht«, sagt Hartmut.
    Wir umarmen uns alle wie ein Footballteam kurz vor dem Spiel. Die kleinen Jungs nehmen wir in die Mitte. Yannick springt auf meinen Rücken, um den Jubelkreis perfekt zu machen. Er hakt sich mit den Krallen in mein Rückenfleisch ein, aber das kann meine gerettete Laune auch nicht mehr schwächen.
     

Gestaffelte Schlag-Erlaubnis
    Die kommenden Tage verbringen wir mit intensiven Recherchen. Hartmut nutzt die Möglichkeiten in der Agentur endlich sinnvoll, indem er ständig irgendwo auf dem Dach, im Pool oder in der

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