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Feindfahrt

Feindfahrt

Titel: Feindfahrt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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den Beinen hat.« Urplötzlich flog er in die dämmrige Kombü se , wurde rücklings über den Tisch geworfen , und eine Eisen faust umklammerte seinen Hals. Mit scharfem Klicken sprang die Klinge des Finnendolchs heraus , den der Bootsmann in der Hand hielt.
    »Ein falsches Wort , du Dreckskerl« , drohte Richter , »ein Blick noch von der Sorte , wie du sie eben angesehen hast , und du gehst über Bord. Und ich garantiere dir keineswegs, daß das in einem Stück geschieht.«
    Walz wurde fast ohnmächtig vor Angst und fühlte, wie er sich in die Hose machte. Der Bootsmann tätschelte ihm die Wange. »So ist's schön, mein lieber Ernst. So hab' ich dich gern. Wenn du so richtig vor Todesangst zitterst.«
    Er ließ die Klinge des Finnendolchs einschnappen und ging hinaus. Schwester Maria stand noch an den Besanwanten, und gerade in diesem Moment stieß ein Albatros auf den Abfall herab , der ebenso reglos wie das Schiff auf dem ruhigen Was ser trieb.
    Instinktiv drehte sie sich um und sah, daß Richter sie beobach tete. Sie lächelte ihm zu, und er kam herüber.
    »Herr Richter!« Sie machte keinerlei Versuch, die Freude in ihrem Blick zu verbergen. »Dieser Vogel da - was ist das?« »Ein Albatros, Schwester Maria. Der König der Aasvögel. So bald sie unseren Abfall wittern, werden sicher noch mehr kommen.«
    »Er ist so schön!« Sie legte zum Schutz vor der Sonne die Hand über die Augen und sah ihm nach.
    Du bist auch schön , dachte Richter. »Es heißt, daß in einem Albatros die Seele eines toten Seemanns wohnt.« »Und daran glauben Sie, Herr Richter?«
    Ihre Augen waren sehr blau, ihr Gesicht , von der weißen Non nenhaube gerahmt , ein wunderschönes Oval. Richters Kehle wurde trocken. »Natürlich nicht , Schwester« , entgegnete er. »Das ist dummer Aberglaube.« Er atmete tief durch. »Wenn Sie mich jetzt bitte entschuldigen wollen - ich muß zum Käpt'n.«
    Er hatte eine Brandwunde am Handgelenk , die von einem Seil stammte. Stirnrunzelnd ergriff sie seine Hand. »Das sieht schlimm aus. Und kann noch schlimmer werden. Sie müssen mir erlauben , daß ich Sie verarzte.« Ihre Finger waren kühl. Dem Bootsmann trat der Schweiß auf die Stirn , und dann sah er über ihre Schulter hinweg zu allem Überfluß, daß Schwester Angela unter dem Sonnensegel saß. Die Arzttasche offen ne ben sich, behandelte sie einen Matrosen und beobachtete ihn dabei mit ernster Miene.
    Richter entzog Schwester Maria die Hand. »Danke, nicht nötig. Glauben Sie mir, es ist nicht so schlimm.«

    Kapitän Berger saß am Schreibtisch seiner Kajüte und schrieb ins Tagebuch .

    ...18. September 1944. Eine schlimme Nacht. Regen und schwere See. Bei einer unerwarteten Sturmbö um sechs Glasen der Mittelwache Unterbramsegel gerissen. Am Vormittag schlug das Wetter wieder um: Windstille. Sturm meldet vierzig Zentimeter Wasser in den Bilgen.

    Er legte den Füllhalter hin und lehnte sich, in den Ohren das dumpfe, monotone Rumpeln der Pumpen, bequem zurück . Nicht gut. Gar nicht gut, daß sie soviel Wasser übernahm. Ob wohl er weder mit Richter noch mit Sturm darüber gesprochen hatte, wußte er, daß ihnen der Ernst der Lage ebenso klar war wie ihm selbst. Es klopfte, und Helmut Richter kam herein. »Meldung von Leutnant Sturm, Käpt'n. Nach dem Geräusch zu urteilen, haben wir sie so ziemlich trockengelegt.«
    Berger nickte. »Was halten Sie davon, Helmut?« Richter zuck
    te die Achseln. »Sie ist alt, Käpt'n. Zu alt, und das Kupfer ist vermutlich jahrelang nicht runtergekommen. Der Teufel weiß, in welchem Zustand ihre Planken sind.« Er zögerte. »Und als neulich nachts diese Sturmbö kam, als sie beinahe kenterte...« »Sie meinen also , daß damals Schäden entstanden sein könn ten , von denen wir keine Ahnung haben?«
    Ehe Richter antworten konnte, ertönten auf Deck wirre, mit Jubelgeschrei untermischte Rufe. Und zugleich ein seltsames Trommeln . Augenblicklich sprang Berger hoch, riß die Tür auf und eilte, von Richter gefolgt, hinaus.
    Es regnete, ein kurzer, tropischer Wolkenbruch . Die meisten Besatzungsmitglieder rannten wie verrückt an Deck herum; diejenigen, die einen Eimer ergattert hatten, hielten ihn hoch, um das Regenwasser aufzufangen. Die Nonnen, unter das Son nensegel geflüchtet, lachten wie übermütige Kinder, während das Wasser als kleiner Sturzbach von dem Leinendach herab schoß. Unter dieser »Dusche« stand Leutnant Sturm und ließ sich das Wasser über den Kopf rinnen. Als er sich umdrehte und Berger

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