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Feindfahrt

Feindfahrt

Titel: Feindfahrt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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sah, trat er ein wenig verlegen zur Seite. »Tut mir leid, Käpt'n. Ist wohl so 'ne Art Massenraserei.« Wie ein bei einem Lausbubenstreich ertappter Schuljunge trocknete er sich mit seinem Halstuch das Gesicht. Der Regen stoppte so unver mittelt, wie er begonnen hatte, und die Decksplanken begannen zu dampfen.
    »Wie steht's mit dem Lenzen?« erkundigte sich Berger. »Alles
trocken, Käpt'n.«
Leutnant Sturm zögerte. »Vorläufig.«
    Berger nickte; er sah, daß ein Teil der Mannschaft in der Nähe stand, um möglichst einige Informationen aufzuschnappen. Sofort traf er seine Entscheidung und handelte auch danach. Schließlich hatte es keinen Sinn, so zu tun, als gäbe es keine Gefahr .
    »Das ist gar nicht gut, Sturm . Heute vierzig Zentimeter . Ge
    stern dasselbe . Vorgestern fünfunddreißig . Dafür muß es einen Grund geben.« Ringsum herrschte lastendes Schweigen, un termalt von dem Knarren der Takelage und dem Klatschen der schlaffen Segel. Richter ergriff als erster das Wort. »Vielleicht sollte ich mal unten nachsehen, Käpt'n.«
    Der Bootsmann war ein ausgezeichneter Schwimmer und of fensichtlich stark wie ein Bulle. Da das Schiff in einer solchen Kalme lag, bestand tatsächlich kaum Gefahr. Berger nickte. »Na schön.« Er zog einen Schlüssel aus der Tasche und gab ihn Sturm. »Holen Sie mir ein Gewehr aus dem Waffenschrank. Für alle Fälle.«
    Als Richter seine Segeltuchschuhe mit den Hanfsohlen auszog , trat Schwester Angela zu Berger. »Warum das Gewehr , Kapi tän?« Berger zuckte die Achseln. »Haie. Jetzt ist noch nichts von ihnen zu sehen, aber es ist erstaunlich, wie schnell sie auf tauchen, sobald sich ein Mensch - im Wasser befindet . Und der Abfall von unserem Schiff tut ein übriges.« Schwester Maria wurde blaß. Sie ging zu Richter, der an der Reling stand und seinen Gürtel enger schnallte. »Ist es... ist es sehr tief, da unten, Herr Richter?«
    Richter lachte laut auf. »Tausend Faden mindestens. Aber nur keine Angst, ich gehe ja nicht ganz hinunter.«
    Berger, der das Gespräch gehört hatte, runzelte die Stirn, doch dies war kaum der geeignete Zeitpunkt für eine entsprechende Bemerkung. Statt dessen fragte er: »Wollen Sie eine Leine, Helmut?« Der Bootsmann schüttelte den Kopf. »Wozu? Das Schiff bewegt sich ja keinen Zentimeter.« Er setzte einen Fuß auf die Reling , stieß sich ab und tauchte mit einem glatten Kopfsprung ins Wasser. Ein Schwarm kleiner Fische stob vor ihm auseinander , wurde zu einer silbrigen Wolke. Er kam schnell tiefer , durch Wasser , das wie hellgrünes , von Sonnen licht durchfiltertes Glas wirkte. Die Planken des Schiffsrump fes waren mit Muscheln überzogen , überall wucherte Seegras
    und bildete einen dichten Teppich.
    Muß Jahre her sein , daß ihr Rumpf mal abgekratzt worden ist , dachte er und schwamm zum Kiel hinunter , wo er sich einen Augenblick festhielt. Dann arbeitete er sich zum Vorschiff durch.
    An Deck warteten alle schweigend. Einmal tauchte Richter auf , um Luft zu holen , winkte kurz und verschwand wieder nach unten. Schwester Maria hielt die Reling so fest umklammert , daß ihre Knöchel weiß hervortraten, und starrte wie gebannt ins Meer. Berger, der sie genau beobachtete, blickte auf und merk te, daß Schwester Angela ihn ansah. Ihre Miene war gelassen, in ihren Augen aber stand ein Ausdruck, der von Schmerz nicht weit entfernt war. Er nahm seine Pfeife heraus und stopfte sie aus dem abgegriffenen Öltuchbeutel. Wieder Probleme. Als ob er davon nicht schon genug hätte. Und warum mußte es ausge rechnet Richter sein, der beste Seemann seiner Crew? In diesem Augenblick tauchte der Bootsmann an Backbord auf und ließ sich, heftig hustend, das blonde Haar an den Schädel geklebt, im Wasser treiben . Jemand warf ihm eine Leine zu, und er wurde über die Reling gezogen.
    Sekundenlang hockte er zitternd auf Deck. »Wie war's denn ?« fragte Berger. »Sie können offen sprechen. Alle sollen hören, was Sie zu sagen haben.« »Nichts Bestimmtes, Käpt'n«, ant wortete Richter. »Keinerlei Anzeichen für echte Schäden. Es ist wohl so, wie wir es uns von vornherein gedacht hatten. Sie ist eben eine ziemlich alte Dame. Stellenweise kann man zwei Finger zwischen die Planken stecken. Ich würde sagen, daß sie schon vor zehn Jahren hätte kalfatert werden müssen.« Berger wandte sich an die Männer. »Ihr habt es gehört. Also nichts, womit wir nicht fertig werden könnten. Und mit der doppelten Mannschaftsstärke haben wir ja auch keine Schwie

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