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Feindfahrt

Feindfahrt

Titel: Feindfahrt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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sogar für einen
General.«

    Weit draußen im Atlantik zuckte
Wetterleuchten am Horizont. Es regnete stark. Der Wind blies mit
Stärke acht, die See ging haushoch, und die Deutschland fuhr nur unter Stagsegeln. Richter und Sturm standen am Ruder.
    Bei vier Glasen der ersten Wache schlug
plötzlich aus Südost eine besonders tückische
Sturmbö mit unerhörter Kraft zu; sie trieb Hagelkörner
wie Bleigeschosse vor sich her. Die Deutsch land bekam
Schlagseite und geriet ungefähr fünf Strich vom Kurs ab.
Sturm verlor das Gleichgewicht und wurde vom ein brechenden Wasser ins
Speigatt geschleudert, so daß Helmut Richter allein mit dem wild
wirbelnden Ruder kämpfen mußte. Die Deutschland schlingerte unter einem zweiten , schweren Anprall des Orkans und legte sich noch weiter über.
    Berger, der nicht einschlafen konnte, lag seit
nahezu einer Stunde in seiner Koje, rauchte eine Zigarre und lauschte
dem Getöse des Unwetters. Das Schiff knarrte und stöhnte vom
Bug bis zum Heck, der Wind heulte mit hundert Stimmen in der Takelage.
Berger trug Seestiefel und Ölzeug; er war auf jeden Notfall
vorbereitet .
    Die Krise kam jedoch so unerwartet, daß er,
ehe er wußte, wie ihm geschah, aus seiner Koje geschleudert
wurde, quer durch die Kajüte rutschte und an der Wand seines
Schreibtischs lan dete .
    Während er sich aufzurichten versuchte, neigte sich der Boden immer mehr . »O Gott, sie kentert!« rief er laut . Dann
hörte das Krängen plötzlich auf. Mühsam
kämpfte er sich zur Tür, öffne te sie und taumelte an
Deck.
    Die Blitze, die unablässig über den Himmel zuckten, beleuch teten eine gespenstische Szene. Die Deutschland lag fast ganz auf der Seite, die Leereling war vom Wasser überspült , die untere Rahnock hing im Meer. Richter und Sturm stemmten sich gegen das Ruder , mehrere
Männer rutschten und stolper ten in panischer Angst über das
schrägliegende Deck. »Wir sinken! Wir sinken!« schrie
ein Mann kopflos. Berger versetzte ihm einen Kinnhaken , daß er auf dem Rücken lande te. »Bringt sie herum , um Gottes willen! Bringt sie herum!« Ganz allmählich drehte sich die Deutschland ächzend und stampfend in den Wind , aber das Deck lag immer noch so schräg, daß niemand stehen konnte, ohne sich irgendwo festzu halten .
    Berger schrie den beiden nächststehenden
Männern zu: »Ihr übernehmt das Ruder. Sagt Richter und
Sturm, daß sie sofort zu mir kommen sollen.«
    Auf Händen und Knien arbeitete er sich zur
achteren Ladeluke vor. Als Richter und Sturm kamen, kämpfte er mit
der Vertäu ung der Lukenabdeckung. »Wie steht's?« rief
ihm Sturm durch das Brüllen der See zu. »Der Ballast
verrutscht«, antwortete ihm Berger. »Aber wie sehr, das ist
die Frage. Wir müssen die Lukenabdeckung runternehmen, dann werden
wir sehen, wie unsere Chancen stehen.«

    Unten bei den Passagieren herrschte das totale
Chaos. Als die Sturmbö zuschlug, hatten Schwester Angela und
Schwester Elisabeth nebeneinander auf der unteren Koje ihrer Kabine
gesessen und über eine Bibelstelle gesprochen, wie es vor dem
Schlafengehen Pflicht war. Sie wurden beide zu Boden ge schleudert,
während sich die Öllampe von ihrem Haken an der Decke
löste und direkt neben ihnen zu Bruch ging. Die Ölpfüt
ze flammte zwar ein wenig auf, wurde aber sofort wieder ge löscht,
als sich der Kajütboden neigte, die Tür aufsprang und ein
Wasserschwall hereinbrach.
    Schwester Angela kroch zur Tür und rief
Schwester Elisabeth zu, ihr zu folgen. Der Salon lag in tiefer
Finsternis; durch das zerschmetterte Oberlicht schoß Wasser
herein. Es war ein Alp traum. Hysterische Stimmen schrien. Irgend
jemand stieß ge gen sie, sie streckte die Hand aus und
berührte ein Gesicht , während ein Arm sie in panischer Angst umklammerte. Dann ging eine Kabinentür auf , und es wurde hell: Otto Prager stand mit einer Laterne in der Öffnung.
    Der Fußboden des Salons neigte sich in
einem Winkel von fünfundvierzig Grad, Tisch und Stühle, alle
fest angeschraubt, standen noch auf ihren Plätzen, an Backbord
jedoch, am Fuß der Neigung, hatte sich etwa ein Meter hoch Wasser
gesam melt. Und jedesmal, wenn die Deutschland rollte, kam mehr Wasser durch das zerbrochene Oberlicht herein, das erst nach dem Zwischenfall mit der Guardian am Vortag repariert wor den war.
    Jetzt sah Schwester Angela , daß es Schwester Maria , die jüng ste der Nonnen war , die sich so krampfhaft an sie klammerte. Das junge Mädchen war außer sich vor Angst , und Schwester Angela mußte sich

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