Feindfahrt
Kapitän.« »Feuer!« kom mandierte Gericke. »Rohr eins - Feuer! Rohr zwei - Feuer!« Das U-Boot rollte , als die Torpedos aus den Rohren zischten und mit fünfunddreißig Knoten auf ihr Ziel zujagten. Die eine Fregatte hatte jetzt Fahrt aufgenommen und wurde schneller. »Sie schafft es , Paul! Sie schafft's bestimmt!« rief Friemel auf geregt , ohne das Glas abzusetzen.
»Das wird sie nicht« , widersprach Gericke ruhig. »Heute ist
mein Glückstag , Otto. Hart Steuerbord!« rief er. »Machen Sie weiter , Karl. Feuer frei.«
Maschinengewehrkugeln prasselten gegen das Schanzkleid des Kommandoturms , ein paar Granaten landeten so dicht back bords , daß das Boot heftig bockte. Aber dies war auch Karl Engels Glückstag: ruhig , sicher , kühler denn je gab er seine Befehle , während der Kapitän der Fregatte den Fehler machte , nach Steuerbord zu wenden , um alle Geschütze einsetzen zu können , und so vorübergehend seine ganze Backbordseite prä sentierte: ein perfektes Ziel.
Als die Torpedos die Rohre verließen , schlingerte das U-Boot in den schweren Seen. »Hart Backbord!« rief Gericke. »Und sagen Sie Dietz , er soll reinhauen , was sie hat!«
Es gab eine gedämpfte Explosion, unmittelbar gefolgt von ei ner zweiten: Die ersten beiden Torpedos hatten getroffen. Ju belgeschrei in der Zentrale. Auf der anderen Hafenseite schössen gelbrote Flammen aus der ersten Fregatte hoch, dik ker, schwarzer Rauch quoll in die Nacht. Die zweite begann jetzt so hastig zu wenden, als spüre der Kapitän, daß das Da moklesschwert bald fallen würde; doch die Bordgeschütze feu erten weiter.
Einen Augenblick später traf der dritte Torpedo sein Ziel, und gleich darauf der vierte. Die Fregatte schlingerte wild, ihr Bug hob sich hoch in die Luft, um dann wieder hart aufzuschlagen. Eine weitere schwere Detonation folgte, dann loderten Flam men in die Nacht. »Das hat gesessen«, sagte Gericke.
»Einwandfrei der Munitionsbunker.« Er rief Oberleutnant En gel zu: »Tempo habe ich gesagt, verdammt noch mal! Volle Kraft voraus! Wir müssen hier raus!« Überall brach jetzt die Hölle los, die Küstenbatterien im Hafen donnerten. Friemel duckte sich hinter das stählerne Schanzkleid, als eine Kugel an seinem Kopf vorbeipfiff.
»Geschützbedienung, Paul?« fragte er.
»Nein«, antwortete Gericke. »Damit würden wir nur ein noch besseres Ziel abgeben. Glauben Sie mir, wir sind bald draußen. Daß wir die South Passage benutzen, darauf werden sie sicher nicht kommen. Offiziell existiert die doch überhaupt nicht, oder?«
Der Wind trieb dichten, öligen Qualm über das Hafenbecken, der sich schwer auf die gesamte Szene legte, so daß U-235 un behelligt mit voller Kraft auf Pendennis Point zujagen konnte. Unterhalb des Point trieb die Flut das Wasser hoch, als sie in die Passage einbogen. In der Zentrale stand Engel am Ruder, während Friemel ihm über die Schulter sah. Fast alle waren in dem engen Raum versammelt: Dietz, der Leitende Ingenieur , der junge Heini Roth , der Zweite Wachoffizier.
Die Diesel waren gestoppt, die Schrauben wurden jetzt von den E-Motoren getrieben. Es war still. Deshalb fuhr Roth er schrocken zusammen, als Gerickes Stimme über Funksprech zu ihnen herunterdrang. »Wir haben nicht mehr viel Zeit, Leute. Die Tide beginnt bald abzulaufen, also sehen wir zu, daß wir's beim ersten Anlauf schaffen.« Seine Stimme, für jeden an Bord deutlich zu hören, klang vollkommen ruhig. Und Engel, der in das Mikro über seinem Kopf sprach, mußte sich Mühe geben, daß seine eigene Stimme ebenso gefaßt klang. »Aye, aye, Käpt'n. Alles klar.«
Gericke, auf der Brücke, hatte noch nie im Leben so gefroren. Nur die Reaktion der Nerven auf die Spannung, redete er sich ein. Er stand, mit Schwimmweste, Kopfhörer und Kehlkopfmi krofon ausgerüstet, bis an die Brust im eiskalten Wasser. Es war nicht völlig dunkel, denn auf dem kabbeligen Wasser lag eine geisterhafte Phosphoreszenz. Das half ihm, die Lage besser zu überblicken. Der Lärm am anderen Ende des Hafens drang nur noch gedämpft herüber; er war jetzt sehr weit ent fernt und fast unwirklich.
»Kurs eins-acht-zwo«, sagte er.
Heiser drang Engels Stimme an seine Ohren. »Sieben Meter unter dem Kiel... Sechs Meter unter dem Kiel...«
Sie liefen weiter, jetzt schon von der Strömung getragen, durch weißschäumendes Wasser. Irgendwo hoch über ihnen ragte der Leuchtturm von Pendennis Point in die Nacht.
Engels Stimme verriet plötzlich Panik. »Zwei Meter,
Weitere Kostenlose Bücher