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Feindfahrt

Feindfahrt

Titel: Feindfahrt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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gen. Er schrie Berger, nach achtern deutend, eine Warnung zu, aber die See brach schon voll über das Hüttendeck herein und riß die beiden Matrosen neben Kapitän Berger um. Richter griff nach den Luvkreuzwanten und hielt sich fest. Rings um ihn her kochte das Wasser, als die Woge über das Schiff hin wegrollte und alles mitriß. Einen Moment lang glaubte er, die Deutschland werde unter dem Riesengewicht kentern. Allmählich kam der Bug jedoch wieder hoch, das Wasser lief ab, und Richter sah, daß in der Luvtakelung beim Stagfock nur noch Leutnant Sturm hing.
    Matrose Knorr zappelte im Speigatt und versuchte, auf die Beine zu kommen. Richter wollte ihm zu Hilfe eilen, während die Deutschland sich weiter aufrichtete, dann jedoch brach eine zweite gigantische See über das Schiff herein und riß ihn wie der von den Füßen. Blindlings packte er den Rand der Luken abdeckung und klammerte sich mit aller Kraft daran fest, Knorr aber wurde von dieser Woge endgültig über die Reling gespült. Als Richter sich aufrappelte, sah er flüchtig etwas Gelbes im Wasser aufleuchten, das aber sofort in der Tiefe verschwand. Sturm arbeitete sich an den Sorgleinen entlang über das Deck. Berger mit seinen beiden Helfern gewann allmählich die Kon trolle über das Ruder zurück.
    Richter sah, daß die Türen des Niedergangs aufgesprungen waren. Er ging hinein, schloß die Türen hinter sich und stieg hinab. Im Salon stand das Wasser dreißig Zentimeter hoch; die Nonnen waren völlig verängstigt aus ihren Kabinen gekom men, um sich zu Schwester Angela und Schwester Maria zu setzen.
    »Alles in Ordnung, meine Damen«, versuchte Richter sie zu beruhigen. »Das Schlimmste ist jetzt vorbei, aber ich würde vorschlagen, daß Sie sich in Ihre Kabinen zurückziehen und sich anschnallen, bis sich der Sturm endgültig ausgetobt hat.« Die Frauen zögerten, doch Schwester Angela sagte energisch: »Herr Richter hat recht. Wir werden seinen Vorschlag sofort befolgen.« Die Frauen kehrten, mit geschürzten Röcken knö cheltief durch das Wasser watend, folgsam in ihre Kabinen zurück. Nur Maria blieb noch und hob die Hand, um über Richters blutige Wange zu streichen.
    »Sind Sie verletzt, Herr Richter?« fragte sie ihn.
    »Ach wo«, antwortete er. »Höchstens ein Kratzer. Bitte, tun Sie, was ich gesagt habe.« Er wandte sich an Schwester Ange la.
    »Wir haben eben einen Mann verloren. Er ist über Bord geris sen worden. Matrose Knorr. Sie können es den anderen mittei len , wann Sie es für richtig halten. Ich wollte sie nicht unnötig beunruhigen.«
    Schwester Angela bekreuzigte sich. »Konnte man denn gar nichts tun?«
    »Bei diesem Wetter? Er ist sofort untergegangen.«
    Das Schiff begann wieder zu rollen; fluchend drehte Richter sich um, eilte an Schwester Maria vorbei und den Niedergang hinauf. Sie streckte die Hand aus, als wolle sie ihn zurückhal ten. »Helmut« , flüsterte sie.
    Sie stand da , der Rocksaum schwer vom Seewasser , das um ihre Füße spülte , und aus ihrer Miene sprach fast so etwas wie Verzweiflung. »Er wird umkommen , ich weiß es!«
    Schwester Angela sagte leise: »Sie mögen ihn , Schwester Ma ria , nicht wahr? Ich meine . Sie mögen ihn sehr.« »Ja , Schwester Angela« , erwiderte Maria.
    Schwester Angela setzte sich; ihre Hände umkrampften den Tischrand. »Mein Kind , Sie müssen immer daran denken , daß wir einem Orden angehören , dessen Gelübde uns verpflichtet , alle Lebewesen gleichermaßen zu lieben. Die Gefahr , die für uns in einer persönlichen Beziehung liegt, besteht darin , daß diese uns von dem ablenkt , was wir anderen Menschen geben können. Wir haben gelobt , der Menschheit zu dienen , Maria.« »Ich habe dieses Gelübde noch nicht abgelegt , Schwester.« Schwester Angela hielt sich am Tisch fest , weil sich der Fuß boden abermals neigte. Ihr Atem ging jetzt ziemlich heftig , doch nicht aufgrund der körperlichen Anstrengung. »Wissen Sie überhaupt , was Sie da sagen?«
    »Ja« , erwiderte Maria mit einer ganz neuen Festigkeit im Ton. »Daß ich meiner Berufung nicht mehr ganz sicher bin.« Schwester Angela griff nach der Hand des jungen Mädchens und drückte sie. »Überlegen Sie es sich gut , Maria«, mahnte sie. »Gottes Liebe aufzugeben für...«
    »... für einen Mann?« fragte Maria. »Ist es denn so unmöglich, beides zu besitzen?«
    Schwester Angela versuchte, ruhig zu bleiben, aber die alte Bitterkeit stieg wie giftige Galle in ihr auf. »Die Dinge sind nicht immer so, wie sie

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