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Feindfahrt

Feindfahrt

Titel: Feindfahrt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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aussehen. Menschen sind schwach. Früher, ich war sogar noch jünger als Sie, liebte ich einen Mann, schenkte ihm mein Herz und - auch meinen Körper... Und als Dank...« Sie erstickte an ihren Worten. »Und als
    Dank...«
    Leise, freundlich sagte Maria: »Und weil ein Mann so etwas getan hat, müssen alle Männer schlecht sein? Wollen Sie wirk lich, daß ich das glaube, Schwester?«
    »Nein«, entgegnete Schwester Angela beinahe flüsternd. »Na türlich nicht.« Sie drückte herzlich Marias Hand. »Für den Au genblick haben wir genug geredet. Gehen Sie und legen Sie sich hin, wie Herr Richter es angeordnet hat. Er weiß, was rich tig für uns ist.« Maria zögerte zwar noch, tat aber, wie ihr be fohlen. Hinter ihr fiel die Kabinentür ins Schloß. Schwester Angela blieb am Tisch sitzen und starrte mit blinden Augen ins Leere. »Warum, Karl?« flüsterte sie. »Warum?«
    Doch dann, als heiße Tränen in ihren Augen brannten , kam ihr , wie stets, die eiserne Disziplin vieler Jahre zu Hilfe. Sie atmete tief durch , um ihr Gleichgewicht zurückzugewinnen , f altete die Hände und begann für die Seele des Vollmatrosen Peter Knorr zu beten , für alle Sünder dieser Welt , die durch ihre Taten die unendliche Gnade Gottes verloren hatten.

    Gegen Abend ließ der Sturm nach , aber es blies immer noch ziemlich heftig . Hoch über dem Deck balancierten Helmut Richter , Leutnant Sturm und Vollmatrose Kluth auf der Rah nock , um das frisch geflickte Vor-Obermarssegel zu befesti gen. Der von Südost kommende Regen peitschte schneidend und kalt um die Männer , die die nasse Leinwand mit dem Locheisen bearbeiteten und laut vor sich hin fluchten , wenn das Blut aus einem zerstochenen Finger spritzte .
    Auf dem Deck stand unten Otto Prager im schwarzen Ölzeug mit Südwester neben Kapitän Berger und starrte zu den hart arbeitenden Männern hinauf .
    »Ich kriege schon vom Zuschauen Angst« , sagte der Konsul. »Ich könnte mich nie daran gewöhnen , und wenn wir ein gan zes Jahr unterwegs wären.«
    »Darin unterscheiden sich Männer von Kindern«, erwiderte Berger, als gerade Sturm und die anderen den Abstieg antraten. Der junge Leutnant kam auf das Achterdeck. »Alles klar da oben, Käpt'n.« Sein Gesicht war blaß und schmerzverzerrt; er litt noch unter dem Schock , den Knorrs Tod ausgelöst hatte. »Machen Sie sich keine Vorwürfe , Junge« , sagte Berger . »Sie hätten ihm doch nicht helfen können.«
    »Aber ich hätte ihn fast erwischt« , entgegnete Sturm . »Dann wurde er mir aus den Fingern gerissen.«
    Berger legte ihm die Hand auf die Schulter. »Gehen Sie sich einen Kaffee holen.«
    Sturm stieg die Leiter hinab. Berger, der sich über die Reling beugte , sah , daß Richter mit einem Taschentuch das Blut an seinem Finger zu stillen versuchte. »Schlimm?« fragte er. »Nein. Nur die Fingerkuppe.«
    »Gehen Sie zu Schwester Angela. Die wird Sie verarzten.« Als der Bootsmann den Niedergang hinunterkam , war der Salon leer bis auf Schwester Maria, die mit einem aufgeschlagenen Buch am Tisch saß. Beim Geräusch seiner Schritte hob sie den Kopf und sah ihm lächelnd entgegen. »Ah, Herr Richter!«
    »Fräulein Maria.« Irgendwie war es ihm in letzter Zeit unmög lich gewesen, Schwester zu ihr zu sagen. »Sie sollten doch in der Koje liegen.« Maria ergriff seine verletzte Hand und wik kelte das Taschentuch ab. »Was haben Sie da gemacht?« »Ach, nichts«, wehrte er ab. »Nur den Finger aufgerissen. Beim Segellochen. Das kommt immer wieder mal vor.« Die Mittelfingerkuppe war bis auf den Knochen gespalten. »Das muß sofort behandelt werden.«
    »Ich werde das übernehmen«, sagte Schwester Angela hinter ihnen. »Bitte, fahren Sie mit den Andachtsübungen und den Aufgaben, die ich Ihnen gegeben habe, fort, Schwester Maria. In Ihrer Kabine«, setzte sie streng hinzu.
    Maria errötete, nahm ihr Buch und ging rasch hinaus. Es war sehr still im Salon; das Heulen des Windes draußen klang ge dämpft und weit entfernt. Richter und Schwester Angela sahen sich an. »Ich werde meine Arzttasche holen.«
    Er setzte sich an den Tisch und steckte sich eine Zigarette an. »Stört es Sie?« fragte er, als sie sich umdrehte.
    »Das Rauchen? Nein, Herr Richter. Mein Vater pflegte zu sa
gen, jeder Mann sollte ein paar Laster haben. Von der richtigen
Sorte natürlich.«
»Aha, kurze Leine, meinen Sie.«
    »Meine ich das?« Sie untersuchte seinen Finger. »Wir werden zweimal nähen müssen. Sie drehen sich am besten um.« Er rauchte und

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